Digital Natives mit zu wenig Medienkompetenz?

Shownotes

Die analoge und digitale Welt verschränkt sich zunehmend und ist für Kinder und Jugendliche nicht mehr voneinander zu trennen. Das verändert sowohl die Art und Weise der Kommunikation als auch die Verarbeitung von Informationen und betrifft z.B. auch den Bereich Selbstdarstellung und Identitätsfindung. DIeser Podcast erläutert, worin Kinder und Jugendliche als Digital Natives Erwachsenen überlegen sind und in welchen Bereichen sie dagegen Unterstützung bei der Entwicklung von Medienkompetenz benötigen.

Praxistipps:

  • Die digitale Transformation der Lebenswelt trägt zur Verstärkung sozialer Ungleichheit bei. Vor allem für jüngere und weniger gebildete Schüler:innen bringt das mehr Risiken und weniger Chancen mit sich.
  • Kinderrechte müssen in der digitalen Welt (im Sinne der UN-Konvention) besondere Berücksichtigung finden und bei der Weiterentwicklung der digitalen Transformation ihnen mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten einräumen.
  • Der Bildungsauftrag der Schule schließt die Medienbildung und die Förderung digitaler Kompetenzen ein. Das Deutsche Bildungssystem hat hier im internationalen Vergleich noch einiges nachzuholen. Spätestens seit ChatGPT, muss sich hier an den weiterführenden Schulen einiges verändern.

Mehr dazu erfährst du in der Ausgabe „Hybride Lebenswelten“ der Zeitschrift Schüler:innen erschienen im Friedrich Verlag.


Im Podcast hörst du die Bildungsexpertin Kati Ahl im Gespräch mit Rudolf Kammerl (Professor für Pädagogik und Mitherausgeber von Schüler:innen). )

Transkript anzeigen

00:00:00: Einfach unterrichten - der Podcast von Friedrich Plus aus dem Friedrich-Verlag. Wir bringen

00:00:09: innovativen Unterricht für Lehrkräfte auf den Punkt. Herzlich willkommen bei Einfach

00:00:17: Unterrichten. Heute geht's um hybride Lernwelten. Mein Name ist Kathi Aal und los geht's mit dem

00:00:24: Interview. Bei mir ist Rudolf Kammerl, Professor für Pädagogik mit dem Schwerpunkt Medienpädagogik

00:00:31: an der Universität Erlangen-Nürnberg und das Interessante ist, er ist gleichzeitig Vater,

00:00:37: er kennt also Medienpädagogik tatsächlich aus verschiedenen Perspektiven. Herzlich willkommen,

00:00:43: Professor Kammerl. Hallo Frau Aal. Sie sind ja Mitherausgeber der Ausgabe Schüler mit dem Schwerpunkt

00:00:52: hybride Lebenswell und ich würde gerne heute die Perspektive gleichzeitig annehmen einer besorgten

00:00:58: Mutter und einer interessierten Pädagogin, denn ich habe eine jüngste Tochter von 15 Jahren und

00:01:04: sie können sich vorstellen, was wir für Diskussionen haben. Herr Kammerl hat mir schon gesagt, er kennt

00:01:10: das nicht nur als Vater, sondern er forscht tatsächlich zu dem Thema Erziehung und Medienerziehung

00:01:16: in Familie. Das heißt, es wird also interessant, bleiben Sie dran. Die erste Frage, die soziale

00:01:23: Umwelt von Schülerinnen und Schülern hat sich sehr verändert im Vergleich zu unserer Jugend und der

00:01:29: Medienbereich nimmt heute einen großen Bereich ein. Es ist ja sehr vernetzt, also es gibt für

00:01:35: Schülerinnen und Schüler keine digitale Welt und keine analoge Welt mehr. Können Sie das erklären?

00:01:41: Ich habe da gelesen den Begriff der Internet-State of Mind. Was ist das? Ja, also für Schülerinnen

00:01:48: und Schüler sind heute digitale Medien eine Selbstverständlichkeit. Sie kennen den Welt,

00:01:54: den Alltag, gar nicht Ruhe. Die Art und Weise, wie sie einen Alltag erfassen, wie sie kommunizieren,

00:02:01: wie sie sich austauschen, wie sie die Unterhalter suchen, passiert alles digital mit Hilfe des

00:02:07: Internet. Und der Begriff Internet-State of Mind, meint vielleicht tatsächlich eben, dass es eine

00:02:15: bestimmte Art des Denkens und des Kommunizierens gibt. Also dadurch, dass wir eben quasi bestimmte

00:02:22: digitale Medien auswählen, verarbeiten wir natürlich Informationen ganz anders als zu Zeiten,

00:02:29: als es noch eine Briefkultur gab oder als tatsächlich das Wissen vor allem aus Büchern

00:02:33: entnommen worden ist. Und das verändert eben nicht nur unsere Wissen, sondern auch die Art und Weise,

00:02:38: wie wir denken, wie wir kommunizieren, wie wir handeln. Was ist denn da jetzt der Unterschied

00:02:44: zwischen Ihnen und mir und den jungen Menschen? Also ich würde ja auch mir vielleicht den Wecker

00:02:49: am Handy stellen und das Wetter schnell checken. Und wenn ich was nicht weiß, bei Google gucken und

00:02:54: den Fahrplan, den brauche ich auch nicht mehr in schriftlicher Form. Was ist da anders? Sind

00:02:59: wir jetzt nicht alle digital natives? Ja, da hat sich tatsächlich schon einiges verändert. Also in

00:03:06: der Art und Weise, wie wir eben versuchen, mit Informationen umzugeben, gibt es Unterschiede. Also

00:03:12: die jetzige Elterngeneration hat vielleicht noch gelernt, dass sich mehr Dinge einfach zu merken,

00:03:19: oder dann irgendwie analog festzuhalten. Das liegt den heute jüngeren IRF-Jahren. Man kann

00:03:26: ja Dinge schnell googeln. Oder wenn Sie daran denken, dass Sie eine Verabredung treffen,

00:03:32: dann hat man das halt irgendwie mündlich und verbindlich vereinbart und dann ist man halt

00:03:36: hingegangen und fertig. Und heute gibt es doch bei einigen die Tendenz, dass man halt irgendwie

00:03:41: mal länger hin und her schreibt und dann kurz, bevor das Treffen stattfindet, das vielleicht doch

00:03:47: verändert und noch eine Absage macht. Also da hat tatsächlich die Verbindlichkeit von Kommunikation

00:03:53: von Terminansprachen vielleicht sich auch schon verändert. Oder ein anderer Bereich, den man

00:03:58: nennen kann, ist natürlich ja die Selbstdarstellung, Identitätsprozesse. In dem Moment, wo man also

00:04:04: hier ein Lock-in hat, in den palensozialen Netzwerken beispielsweise oder auch in anderen

00:04:09: Plattformen spielen oder sowas, gibt man was von sich preis, man stellt sich da, man signalisiert,

00:04:17: dass man online erreichbar ist. Und für viele ist das natürlich ganz, ganz wichtig. Also die

00:04:21: Art und Weise, wie sie sich bei Social Media präsentieren und diese Form von Selbstdarstellung,

00:04:28: von die Beschäftigung mit der Frage, wie man wahrgenommen wird und möchte von anderen,

00:04:34: wie man sich selber sieht, das findet heute sehr, sehr stark über Social Media statt.

00:04:38: Jetzt habe ich ja gesagt, ich möchte gerne mal so die Position der besorgten Mutter ausprobieren,

00:04:45: das liegt mir gerade sehr nah. Wenn Eltern dann zu solchen Maßnahmen greifen wie Handyzeitregulieren,

00:04:53: Einschränken oder vielleicht das Handy einkassieren oder nachts soll es aus sein, soll es draußen

00:04:59: liegen, fehlt Erwachsenen oder fehlt Lehrkräften oder Eltern vielleicht auch ein Stück Verständnis,

00:05:06: wie wichtig das Handy für Jugendliche ist? Ja, gut, also die Wichtigkeit des Handys wird ja von

00:05:15: Eltern eigentlich zum Teil eben mit besorgnis wahrgenommen. Also das ist wichtig, ist dass es

00:05:20: wichtig ist, dass sie erfahren, die Eltern dann sehr schnell, auch gerade wenn sie versuchen zu

00:05:24: intervenieren, gibt es ja dann zum Teil gegen mehr. Also wo Eltern natürlich dann ein bisschen

00:05:30: Verständnis haben oder wo es ein Verständnis mangelt, ist bei der Frage, warum es eigentlich

00:05:35: diese Wichtigkeit hat. Sonst würden sie vielleicht auch gar nicht versuchen, es einfach so wegzunehmen

00:05:40: oder was adäquate Formen sind, das richtig medienerziärisch zu begleiten. Also wir haben ja einige

00:05:48: Forschungsstudien auch im Lehrstuhl laufen in dem Bereich. Man kann zum Beispiel sagen, dass Eltern

00:05:54: eher versuchen mit medienerziärischen Maßnahmen heranzugehen, diese aus ihrer Kindheit und aus

00:06:01: ihrer Jugendzeit kennen, als eben das Fernsehen beispielsweise dann der Diskussionspunkt war

00:06:07: in ihrer eigenen Familie. Das heißt, also die meisten versuchen dann halt einfach jetzt zum

00:06:11: Beispiel Pauschal irgendwelche Zeiten zu begrenzen, wenige gucken noch auf die Inhalte, was ja

00:06:21: vielleicht sogar noch wichtiger wäre als die Zeiten und fast niemand guckt eben zum Beispiel

00:06:28: welche Daten freigegeben werden mit wem er da tatsächlich eigentlich kommuniziert und was

00:06:34: dann miteinander getauscht wird beispielsweise. Also die Eignung der medienerziärischen Maßnahmen

00:06:41: ist zum Teil nicht gegeben und es gibt natürlich in dem Bereich auch große soziale Unterschiede.

00:06:47: Also wir haben natürlich auch, das darf man jetzt vergessen, viele Familien, die gibt es einfach

00:06:54: andere Probleme mit beispielsweise, die leben dann kein Wert auf die medienerziehungen oder es

00:06:59: gibt Familien auch, die meinen, dass es halt primär Aufgabe der Schule wäre, tatsächlich hier

00:07:04: erzieherisch erträchtig zu werden und umgekehrt profitieren vielleicht dann Schülerinnen und

00:07:10: Schüler mehr davon, wenn sie selber halt Vorbilder zu Hause haben, die da eben effektiven

00:07:16: Kompetent mit den digitalen Möglichkeiten umgehen. Die Eltern will ich gleich noch mal kommen,

00:07:21: jetzt haben sie ja angedeutet, es gibt medienerziärische Möglichkeiten, wegnehmen,

00:07:27: Handy wegnehmen, ist es nicht, sondern stärker auf die Inhalte gucken oder was empfehlen sie?

00:07:32: Es ist natürlich schwierig, ganz allgemeine Empfehlungen zu machen, aber wenn man ein bisschen

00:07:38: die Stand der Forschung anschaut und sich mit Kollegen austauscht, dann gibt es eigentlich ein

00:07:43: Konsens, dass alle ihr dafür sind, dass man den Kindern digitale Medien erst zum späteren

00:07:51: Zeitpunkt zur Verfügung stellen sollte, als es tatsächlich geschieht. Nicht in die Schulzüte,

00:07:58: genau das ist ein gutes Beispiel. Wir hatten selber gestaunt, als wir von der örtlichen Bank

00:08:06: zur der Erstkommunion von unserem Sohn eine Karte bekommen haben und dann drauf stand und zur

00:08:13: Erstkommunion gibt es das erste Handy und wir haben den, den, der Sparbuch dazu oder irgend sowas war

00:08:18: das Slogan und wir dachten, das sind wir jetzt schon altmodisch, weil das für uns ja gar nicht in

00:08:23: die Frage kam, also schon zur Erstkommunion ein eigenes Handy, aber ungekehrt eben von dieser,

00:08:29: abgesehen von dieser persönlichen Perspektive spricht eigentlich nichts dafür tatsächlich,

00:08:34: eben Kindern so früh ein eigenes Gerät zu fügenzustellen. Wir würden davon abraten, dass die

00:08:40: früh, das heißt also schon vor der 5. Klasse, vor der 6. Klasse ein eigenes Gerät bekommen. Ja und

00:08:49: das nächste hatten sie auch schon angesprochen, es reicht nicht aus, dass man sich tatsächlich nur

00:08:54: mit Zeiten beschäftigt, sondern man muss natürlich schon sich auch auseinandersetzen, also mit wem,

00:09:02: dann die Tochter oder der Sohn da eigentlich kommuniziert, welche Inhalte die Apps haben,

00:09:08: die da verwendet werden, welche Seiten da besucht werden. Es gibt Gott sei Dank mittlerweile schon

00:09:13: einige, ja Eltern Software Anwendungen, Eltern Apps, Family Linked etc., aber ja von älteren

00:09:24: Schülern muss man auch sagen, können sie natürlich auch schon wieder ausgehebelt werden,

00:09:28: also so ein bisschen Katzenmauspiel auch, denn wir haben die Zimtenz, dass in dem Moment,

00:09:33: wo die eben dann eigenes Gerät haben, dann durchaus ganz schnell eben Apps nutzen, die eigentlich

00:09:41: nicht für das alte geeignet sind und eben dann großen Internetkonzernen halt sehr viele persönliche

00:09:48: Daten eigentlich zur Verfügung stellen, ohne dass sie halt in der Lage sind, mögliche Folgen halt

00:09:54: auch überhaupt schon mal abzuschätzen, dass das tatsächlich auch notwendig ist. Haben Sie eine

00:09:58: Empfehlung, wie viel Bildschirmzeit ist da noch in Ordnung, in welchem Alter? Es macht natürlich

00:10:04: einen großen Unterschied, ob sie jetzt vielleicht eine Tochter haben, die auch schon zielgerichtet,

00:10:11: ja Lern-Apps nutzt, um ihr Englisch zu verbessern oder ob sie jetzt halt einen jungen haben, der

00:10:19: vielleicht ja sich verliert in Online-Spielen und dann vielleicht tatsächlich auch ja schon

00:10:27: exzessiv spielt und in Gefahr steht vielleicht auch eine Gaming-Dysorder zu entwickeln. Da gibt es

00:10:34: also schon große Unterschiede. Wenn Sie sich umhören oder lesen mit Empfehlungen, kann man schon mal

00:10:45: sagen, die sind alle unter denen dessen, was tatsächlich die durchschnittliche Zeit ist. Einfach

00:10:52: deswegen, weil und das ist vielleicht wichtiger als jetzt absolute Zahlen zu nennen, weil es ja

00:10:57: darum geht, Kinder diese Entwicklungsaufgaben zu bearbeiten. Also Kinder und Jugendliche sind

00:11:03: im Alter, wo sie sich also ganz stark schnell verändern und es ist wichtig, dass sie sich

00:11:08: eben in allen Bereichen des Lebens verändern, d.h. in ihrer sportlichen, motorischen Entwicklung

00:11:16: beispielsweise, in der sozialen Kompetenz, die kognitiven Entwicklung, dass sie auch in

00:11:22: verschiedenen Aspekte kultureller Tätigkeiten kennenlernen. Vielleicht ein Musikinstrument,

00:11:27: wer künstlerisch tätig sein, sich in einem Sportverein angeschienen. Also es gibt ganz

00:11:32: viele Bereiche und deshalb ist tatsächlich meine primäre Empfehlung, also wenn Sie darauf achten,

00:11:40: dass das Kind hier ausgeglichen in allen Bereichen aktiv ist und sich hier weiterentwickelt,

00:11:45: dann ist es vielleicht sogar wichtiger, als hier mit absoluten Mediennutzungszeiten von

00:11:51: da und wo zu sprechen, weil umgekehrt natürlich hinten raus auch dann weniger Zeit bleibt für

00:11:59: digitale Medien und es auch dann weniger attraktiv wird, tatsächlich am ganzen Nachmittag

00:12:05: am Handy zu verbringen, wenn man eben merkt, dass man eben in anderen Bereichen auch kompetent ist

00:12:10: und auch Spaß hat und soziale Anerkennung erfährt. Jetzt will ich noch mal von den Risiken weg

00:12:15: und auf vielleicht mögliche Potenziale schauen. Noch mal eine Anekdote aus dem Hause Aal sind ja

00:12:24: hier unter uns. Es gab hier im Haus einen neuen Fernseher, ein sehr schickes neues Gerät mit einer

00:12:32: futuristischen Fernbedienung. An dieser Fernbedienung habe ich eine Tipptaste gefunden für die

00:12:39: Lautstärke und habe immer nur die Lautstärke an oder ausbekommen, aber ich konnte sie nicht

00:12:45: regulieren, hoch oder runter und ich habe alles probiert. Ich hatte mich darüber geärgert und

00:12:50: immer wieder ausprobiert. Zwei Wochen später kam meine Tochter dazu, wir haben ein Film

00:12:55: zusammengeguckt, dann sagt sie ist ja viel zu leise, gibt mal her das Ding und wirklich innerhalb von einer

00:13:01: Minute hatte sie entdeckt, dass dieser Dach so sehr gut wie ein Dach ist.

00:13:03: Tippschalter gleichzeitig so eine Art Kippschalter war, also dass man den auch nach oben und unten

00:13:08: drücken konnte, so ein kleines Gummiteilchen. Das hat mich wirklich gefuchst, dass ich dachte,

00:13:15: wie kann das sein? Ich habe wirklich nicht locker gelassen, aber sie hat es ganz schnell

00:13:20: rausgefunden und das geht mir manchmal mit ihr so. Gibt es solche digitale Kompetenzen,

00:13:26: wo uns Kinder und Jugendliche voraus sind? Ja, ich würde schon sagen, also beim ihr Lernen von

00:13:33: instrumentellen Fertigkeiten, also rauszufinden, wie funktioniert das, wie muss sich das bedienen.

00:13:39: Das sind die schon relativ schnell. Das hat natürlich damit zu tun, dass sie auch schon

00:13:45: weit verbringen mit digitalen Medien, aber auch spielerischer an die Dinge rangehen als ältere

00:13:52: und dann eben sehr schnell einfach auch durch ausprobieren, herausfinden, wie es geht. Das ist

00:13:58: auch so eine Erfahrung, die ich auch teilen kann, auch in unserem Hausekammer. Aber es gibt

00:14:04: eben dann doch nochmal große Unterschiede, wo man auch feststellen kann, wenn es eben jetzt darum geht,

00:14:09: zum Beispiel die Geschäftsmodelle von Internetkonzernen zu verstehen. Das sind jetzt zum

00:14:14: Beispiel die älteren Generationen, die die Jüngeren nochmal deutlich überlegen oder zu

00:14:20: reflektieren, also welche Konsequenzen diese digitale Wandel für die Demokratie haben kann,

00:14:28: für den Wahlkampf oder auch eben jetzt selbst Reflexion zu betreiben, Blick auf die persönliche

00:14:33: Entwicklungsmöglichkeiten. Das sind ältere Menschen, einfach reflektierter, erfahrener,

00:14:39: vielleicht auch ein Stück weit kritischer, als Jüngere. Und deshalb spreche ich auch immer davon,

00:14:45: dass eigentlich darum geht, hier so eine intergenerationale Fragestellung zu entwickeln, dass

00:14:50: wir quasi gemeinsam, also eine Versuchung da uns da gegenseitig auszuspielen, ältere gegen

00:14:55: Jüngere oder umgekehrt, sondern dass man versucht eben gemeinsam auch sich bestimmten Fragen zu

00:15:01: stellen. Das kann bedeuten, dass man sich eben von Jüngeren mal zeigen lässt, wie was funktioniert.

00:15:06: Aber das bedeutet auch, dass man aus älteren Reichen dann auch Fragen stellt und Dinge anspricht und

00:15:12: ja Impuls ja auch gibt, mal über das eine oder andere nachzudenken. Das könnte ja auch ein schöner

00:15:18: Impuls für Lehrkräfte sein, sich mal von Jüngeren zeigen lassen, wie was funktioniert, ohne sich

00:15:25: vielleicht unterlegen zu fühlen, weil man weiß, und ich habe auch digitale Kompetenzen, von denen

00:15:30: ich was weitergeben kann. Richtig, das gibt es durchaus auch als Ansatz auch, also Medien Scouts,

00:15:36: zum Beispiel machen einige Schulen da übernehmen, dann ältere Schüler da bestimmte Aufgabenbereiche,

00:15:43: das kann gehen eben über eher so technische Aufgaben zu gucken, dass irgendwie wie man funktioniert,

00:15:49: dass die Geräte aufgeladen sind. Aber geht tatsächlich auch bis dahin, dass ältere Schüler,

00:15:54: dann jüngere Schüler schon über bestimmte Probleme und Risiken auflernen.

00:15:59: Jetzt haben Sie vorhin die Eltern angesprochen. Ich habe gelesen in der Ausgabe, dass der Digital

00:16:06: Divide auch mit der Mediennutzung von Eltern zu tun hat. Können Sie das noch mal erklären?

00:16:12: Richtig, also der Digital Divide meinen eigentlich die soziale Spaltung, die noch größer wird,

00:16:20: eben durch die Nutzung digitaler Medien. Das hängt eben auch ganz stark mit der Vorbildrolle und

00:16:28: mit dem medizinischen Engagement der Eltern zusammen und auch mit dem sozialen Umfeld muss

00:16:36: man natürlich auch sagen, da gehen die Chancen auseinander. Nämlich in dem Sinne, dass eben

00:16:44: Kinder mit gebildeteren Eltern, also Vorbilder haben, in dem Sinne, dass die selber eine höhere

00:16:52: Medienkompetenz haben, dass die eben auch den Kindern selber zeigen können, wie was funktioniert,

00:16:58: auch höher wertige Software zum Beispiel zur Verfügung stellen können, also noch Street to

00:17:05: Place und vielleicht auch zu bezahlende Bildungs-Apps. Und die unterstützen tendenziell eben dann die

00:17:12: Kinder auch stärker eben bei der Beschäftigung mit Medien, in dem Sinne, dass es eben auch begleiten,

00:17:20: dass sie eben gucken, dass es nicht ausufert, dass sie eben auch kritische Fragen stellen. Und dann

00:17:25: profitieren sie natürlich auch eher, als wenn alles nicht der Fall ist. Und bei sozial benachteiligten

00:17:31: Kindern zum Beispiel haben sie halt dann eher die Situation, dass sie eben keine Vorbilder haben

00:17:37: oder keine guten Vorbilder, dass sie wenig Unterstützung finden. Die haben durchaus auch

00:17:42: Geräte, aber jetzt weniger zum Beispiel bei den Qualitätsmedien, also wenn es um Bezahl-Apps geht.

00:17:48: Die haben vor allem aber auch das Problem, dass sie ein soziales Umfeld haben, wo sie zum Beispiel

00:17:53: auch eher dann über Messenger nicht geeignete Inhalte zugesandt bekommen oder Empfehlungen

00:17:59: bekommen, die vielleicht keine Empfehlungen für Kinder sind. Dann werden sie eben auch weniger

00:18:04: kritisch, gibt es auch weniger kritische Begleitung und unterm Strich profitieren die dann halt weniger.

00:18:12: Also sie sind vielleicht besser unterhalten oder auch gut unterhalten in ihren Sinne, in ihrem

00:18:19: Milieu, aber halt jetzt nicht in dem Sinne, dass es eine förderliche Entwicklung nimmt,

00:18:25: sondern da ist man stärker, den Risiken ja ausgesetzt. Weniger geeignete Inhalte finde ich

00:18:30: sehr schön formuliert, das möchte ich mir gerne übernehmen. Jetzt habe ich aber den Eindruck,

00:18:36: das mag ein ganz persönlicher Eindruck sein. Ich habe es aber glaube ich auch so in der

00:18:40: EZL-Studie gelesen, die Unterhaltung oder Social Media Nutzung, die ist weit verbreitet, aber die

00:18:47: anderen digitalen Kompetenzen, wie erstelle ich eine aussagekräftige Präsentation, wie nutze

00:18:52: ich vielleicht auch Excel oder Word oder wie kann ich Dokumente auch teilen, wie kann ich

00:18:57: kollaborativ arbeiten, das scheint mir weniger verbreitet. Stimmt das mit ihren Forschungsergebnissen

00:19:02: überein? Ja, die SLS-Studie, die internationale Vergleichsstudie ist schon sehr gut und wir haben

00:19:09: natürlich auch eigene Studien durchgeführt, die das auch nochmal bestätigen. Es ist nach wie

00:19:15: vor so, dass zwar auch, auch wenn jetzt in Schulen mehr stattfindet, immer noch die Herkunftsfamilie

00:19:21: tatsächlich schon mal die wichtigste Quelle ist eben der Kompetenzen zu entwickeln und wenn

00:19:28: sie eben dann die verschiedenen Kompetenzen differenziert betrachten, dann gibt es eben deutliche

00:19:33: Unterschiede, ob das jetzt eher Kompetenzen sind, was die Rezeption anbelangt, auch die

00:19:38: Recherche oder ob das jetzt eben Kompetenzbereiche sind, wo es darum geht zum Beispiel eigene,

00:19:44: qualitativ ansprechende Medien zu erstellen und diese Kompetenzen müssen tatsächlich eben

00:19:50: erlernt werden, das sind also die Natives keineswegs, so dass das in der DV gelegt ist,

00:19:56: sondern da geht es um Lärmprozesse, da geht es auch darum, dass ältere, jüngere Anleiten auch

00:20:02: Übungen machen und sowas muss eben auch in Schulen stärker gefördert werden. Und was bedeutet das

00:20:09: für Schulen? Also wenn die Eltern ja sehr unterschiedlich gut unterstützen können in der

00:20:15: Entwicklung digitaler Kompetenzen, ich habe mal von Frau Prof. Hauck Thun den Begriff PDF-Riedhof

00:20:21: gehört für so ein Lernmanagement-System, wenn sie das nochmal abgrenzen, was wäre für Schulen

00:20:27: jetzt zu tun? Also PDF-Riedhof ist ein schönes Bild, kann man sich auch gleich vorstellen. Ein

00:20:33: anderes Bild, das ich da auch gerne verwende, ist eben alten Wein mit neuen Schläuchen auszuschenken,

00:20:41: denn letztendlich kann man an manchen Schulen sehen, dass die halt versuchen quasi am Kurikolum

00:20:48: eigentlich so gut wie gar nichts zu ändern. Und dann wird halt gedacht, wenn ich jetzt eben dann die

00:20:55: Lateinhausausgabe über ein Lernmanagement-System zur Verfügung stelle oder irgendwelche Übungsbete,

00:21:01: dann habe ich damit den Bereich digitale Bildung eigentlich erledigt. Aber das ist natürlich

00:21:06: falsch. Es geht ja eigentlich schon darum, dass also die Art und Weise, wie digitale Medien in

00:21:13: Schulen eingesetzt werden soll, dass die net, da geht es nicht nur darum, dass ich eben jetzt quasi

00:21:18: den Unterricht unterrichte mit digitalen Medien, der vielleicht schon Anfang des 20. Jahrhunderts

00:21:24: so unterrichtet worden ist, dann geht es eben darum, jetzt eben neue Kompetenzbereiche gezielt zu

00:21:30: fördern, die hatten wir ja auch gerade genannt. Und ich muss mir eben auch Aufgabenstellungen überlegen

00:21:37: und muss tatsächlich aber auch solche Reflexionsanlässe schaffen. Ich muss das im Unterricht auch

00:21:42: thematisieren. Wie kommuniziert man beispielsweise eben jetzt effektiv mit einem Messenger? Und

00:21:49: wir haben, glaube ich schon, das sollte mittlerweile eben auch ein Beruf geworden sein, jetzt die

00:21:56: Situation, dass wir auch nicht zuletzt mit den neuen Anwendungen im Bereich der künstlichen

00:22:02: Intelligenz uns die Frage stellen müssen, also welche Inhaltsbereiche, welche Kompetenzbereiche

00:22:09: und können wir denn vielleicht tatsächlich auch mal wieder rausnehmen aus den aktuellen

00:22:15: Curriculum und wie schaffen wir es dann, dass eben neue Kompetenzbereiche stärker verankert werden?

00:22:21: Und da kommen wir vielleicht noch mal auf einen größeren Zusammenhang. Das Internet wurde ja mal

00:22:27: gedacht als Mitmachennetz für alle, als große gemeinschaftliche Veranstaltung, unterliegt

00:22:34: ja jetzt doch stark auch lukrativen Interessen von großen Konzernen. Wie können Kinder da stärker

00:22:44: berücksichtigt werden, dass sie nicht so sehr spielbar dieser Interessen werden? Ja, das Internet

00:22:50: hat sich sehr stark verändert. Also es hat ein vollkommen anderes Gesicht bekommen als in den

00:22:56: 90er Jahren. Man kann sagen, dass eigentlich also die großen Internetkonzerne Facebook, Google,

00:23:04: Instagram und dergleichen, dass eben diese ganzen Anwendungen und Konzerne tatsächlich

00:23:09: sehr stark bestimmen, welche Rahmenbedingungen eben für digitale Kommunikation und Information

00:23:15: hier gelten. Auf EU-Ebene gibt es tatsächlich ja, Gott sei Dank, jetzt schon auch schon ein bisschen

00:23:22: eine Reaktion und man macht sich tatsächlich Gedanken, also welche Informationen hier verarbeitet

00:23:27: werden können, unter welchen Bedingungen. Und das ist absolut notwendig hier insgesamt stärker

00:23:34: zu diskutieren, wie wir da eine gemeinwohl orientierte Entwicklung sicherstellen und in

00:23:40: den Zusammenhang geht es darum eben auch die heranwachsende Generation, ihr Teil nehmen zu

00:23:46: lassen, partizipativ, indem sie auch ihren Standpunkte artikulieren können. Das kann ich mir

00:23:53: noch gar nicht vorstellen, wie kann denn Partizipation Umsetzung von Kinderrechten digital

00:23:58: aussehen? Ja, also was ja zum Beispiel bei Gesetzgebung nicht untypisch ist, dass es eben Anhörungen

00:24:05: gibt von Expertinnen und Experten. Und wenn wir das ernst nehmen, dass es eben Kompetenzbereiche gibt,

00:24:11: wo Schüler*innen, die digital nativ sind, die Experten sind, dann wäre es zum Beispiel ja auch

00:24:16: naheliegend, dass man die eben auch anhört. Das kann man durchaus machen. Ja, lieber Herr Professor

00:24:22: Kammer, wir kommen zum Ende. Ich danke Ihnen sehr fürs Gespräch. Es war für mich sowohl als Mutter,

00:24:27: als auch als Pädagogin erhellend. Ich werde die Diskussion zu Hause verlagern, weg von der Bildschirmzeit

00:24:34: hin zu den Inhalten. Bin sehr gespannt auf die Reaktion meiner Tochter. Alles klar. Auch mal

00:24:41: zusammen, welche Thesen wir hatten, so ganz grob gefasst. Also kein anderer Bereich der sozialen

00:24:46: Umwelt von Kindern und Jugendlichen hat sich so schnell gewandelt wie der Medienbereich. Und daraus

00:24:53: folgt, dass für Schüler*innen eine vernetzte und hybride Lebenswelt ganz normal und alltäglich

00:24:59: ist und sie sich vielleicht darin ein Stück anders bewegen, als wir als Elterngeneration das

00:25:04: tun. Es gibt dadurch allerdings eine Verstärkung von sozialer Ungleichheit. Jüngere Kinder und

00:25:12: vulnerables Gruppen haben weniger Chancen, genauso digital teilzuhaben. Es sollte in der

00:25:19: Entwicklung der digitalen Welt eine stärkere Gemeinwohlorientierung bedacht werden, so dass

00:25:26: die Kinderrechte eine Rolle spielen und das Mitbestimmung möglich wird. Und schließlich der

00:25:31: Bildungsauftrag von Schulen schließt Medienbildung mit ein. Das muss die Aufgabenstellung, das

00:25:40: muss die Formate deutlich verändern und darf nicht in einem PDF-Friedhof enden. Vielen Dank,

00:25:47: Herr Prof. Kammer. Vielen Dank, Frau. Das war "Einfach unterrichten", der Podcast von Friedrich

00:25:57: Plus aus dem Friedrich Verlag. Wir bringen innovativen Unterricht für Lehrkräfte auf den Punkt.

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