Deutsch: Schreiben oder schreiben lassen?

Shownotes

Kaum ein Thema hat die Bildungswelt in der letzten Zeit so bewegt, wie der Einsatz Künstlicher Intelligenz im Unterricht. Besonders textgenerierende KI-Tools wie ChatGPT bieten neue Möglichkeiten, den Schreibunterricht im Fach Deutsch zu gestalten: Sie können Ideen liefern, Texte fortsetzen, überarbeiten oder Feedback geben. Doch wie lassen sich diese Potenziale sinnvoll nutzen? Ziel dieses Podcast ist es, die aktuelle Diskussion rund um textgenerierende KI im Deutschunterricht aufzugreifen und konkrete Wege aufzuzeigen, wie KI-Tools gewinnbringend in Schreibprozesse integriert werden können. Wir sprechen mit Kirsten Schindler darüber, ˗ Wann und wie KI eingesetzt werden sollte, um Schüler:innen zu unterstützen und sie zugleich auf die Anforderungen der realen Welt vorzubereiten. ˗ Welche Szenarien sich dafür eignen. ˗ Und wie KI so in den Unterricht integriert werden kann, dass eigenständiges Denken und sprachliches Gestalten gefördert werden.

Mehr dazu erfährst du in der Ausgabe 311 von Praxis Deutsch, erschienen im Friedrich Verlag.


Im Podcast hörst du Moderatorin Veronika Obermeier im Gespräch mit Prof. Kirsten Schindler (Deutsch-Didaktiker:innen und Herausgeber).

Transkript anzeigen

00:00:00: Einfach unterrichten. Der Podcast von Friedrich Plus aus dem Friedrichverlag. Wir bringen

00:00:10: innovativen Unterricht für Lehrkräfte auf den Punkt.

00:00:14: Herzlich willkommen beim Podcast Einfach Unterrichten vom Friedrich Verlag. Ich bin

00:00:19: Veronica Obermeier vom Institut für Digitales Lernen und habe heute Kirsten Schindler zu

00:00:24: Gast, die gemeinsam mit Sarah Rehzert die Praxis Deutsch Ausgabe zum Thema KI und Schreiben

00:00:30: herausgegeben hat. Das ist ein Thema, das aktueller nicht sein könnte. Seit der Einführung

00:00:35: von JetGPT im November 2022 hat sich die Nutzung dieser KI rasant verbreitet. Man kann Hausaufgaben

00:00:42: oder Referate damit ausarbeiten und sich sogar ganze Romane schreiben lassen. Es gibt

00:00:48: wohl kaum noch Schüler*innen in weiterführenden Schulen, die den Chatbot noch nicht ausprobiert

00:00:52: haben. Allerdings sollten Schülerinnen und Schüler KI nicht einfach nur nutzen, sondern

00:00:58: auch lernen, sie anzuwenden, sie kritisch zu hinterfragen und verantwortungsvoll mit

00:01:02: ihr umzugehen. Ziel dieses Podcasts ist es, die aktuelle Diskussion rund um textgenerierende

00:01:09: KI im Deutschunterricht aufzugreifen und konkrete Wege aufzuzeigen, wie KI-Tools Gewinnbringend

00:01:16: in Schreibrozesse integriert werden können. Ich spreche mit Kirsten Schindler also darüber,

00:01:21: wann und wie KI eingesetzt werden sollte, um Schüler*innen zu unterstützen und sie zugleich

00:01:27: auf die Anforderungen der realen Welt vorzubereiten, welches Szenarien sich dafür eignen und

00:01:33: wie KI so in den Unterricht integriert werden kann, das eigenständiges Denken und sprachliches

00:01:38: Gestalten gefördert werden. Liebe Kirsten, zunächst mal, wir nehmen ja heute die textgenerierende

00:01:45: KI in den Fokus. Brauchen wir da noch ein paar erklärende Worte für diejenigen, die

00:01:49: noch nicht so viel Erfahrung mit KI haben? Vielleicht schon. Das wird ihnen sicherlich

00:01:53: helfen, nochmal ein bisschen genauer zu verstehen, worum es eigentlich geht. Denn der Begriff

00:01:58: KI ist ja sehr allgemein, sehr weit und sehr breit und darunter verbergen sich ganz unterschiedliche

00:02:04: Anwendungskontexte. Womit wir uns genauer beschäftigt haben, ist die sogenannte textgenerierende

00:02:09: KI. Das sind Anwendungsmöglichkeiten, die so funktionieren, dass sie trainiert worden

00:02:16: sind auf ganz, ganz vielen Texten und durch dieses Training in die Lage versetzt werden,

00:02:22: selber Texte produzieren zu können. Und das ist natürlich für den schulischen Kontext

00:02:26: ganz relevant und interessant. Ihr habt ja in der Ausgabe soekia.ch, sofern man es so

00:02:33: ausspricht erwähnt. Kannst du das mal erklären, weil das hilft nicht nur, unser Wachsland

00:02:38: zu verstehen, wie diese Modelle funktionieren, sondern auch unseren Schülerinnen und Schülern.

00:02:42: Ja, das ist, finde ich, ein ganz tolles Modell, eine ganz anschauliche Darstellung. Da sieht

00:02:49: man sehr schön, wie KI, also hinter der Haube sozusagen, funktioniert. Das heißt, es wird

00:02:56: im Grunde gerechnet. KI ist wie eine Art Rechenmaschine, die die ganze Zeit rechnet und versucht,

00:03:02: das Mestmögliche Wort auszurechnen und zwar im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit. Wie

00:03:09: Wahrscheinlich ist ein bestimmter Anschluss. Zum Beispiel, wenn wir jetzt in einem Märchentext,

00:03:13: das ist für die meisten wahrscheinlich sehr anschaulich, wissen, der Anfang ist es war,

00:03:18: dann könnten wahrscheinlich ganz, ganz viele Schülerinnen und Schüler sagen einmal. Also,

00:03:22: das ist der Wahrscheinliche Anschluss. Vielleicht etwas weniger Wahrscheinlich ist, wäre es war

00:03:28: damals. Ja, das heißt, man sieht ganz schön, was erwartet wird als nächstes Wort. Das heißt,

00:03:35: die KI rechnet sozusagen zurück und nach vorne und gibt dann Auskunft darüber, was als nächstes

00:03:42: folgt. Und in diesem Modell sieht man das sehr schön, wie das funktioniert und wie schnell das

00:03:46: auch funktioniert. Das heißt, wir nehmen das gar nicht mehr als so eine Rechenleistung war,

00:03:49: sondern wir sehen sofort ein Resultat. Schön. Gut, dann sollten wir vielleicht den Kolleginnen und

00:03:55: Kollegen, die noch nicht so viel Erfahrung haben, erklären, was Prompts sind, bevor wir loslegen.

00:04:01: Prompts sind die Eingaben an das System, die die Nutzerinnen und Nutzer formulieren. Das heißt,

00:04:09: wir geben dem System quasi eine Aufgabe und erwarten einen bestimmten Output. Und in diesem

00:04:16: Prompt formulieren und beschreiben wir diesen Output, den wir erwarten. Das ist wie eine Aufforderung,

00:04:22: die wir geben. Es gibt ganz unterschiedliche Formen vom Prompts. Man kann es sehr genau machen. Man

00:04:27: kann sehr genau beschreiben, was man will. Man kann etwas allgemeiner und umfänglicher das beschreiben.

00:04:33: Das ist sehr unterschiedlich. Und diese Arten und Weisen, wie wir diese Inputs formulieren,

00:04:38: nennen wir auch Prompting oder Promptstrategien. Und das ist inzwischen relativ gut beschrieben,

00:04:43: was es da für unterschiedliche Formen gibt. Das heißt, da haben wir einen Punkt, wo ich als

00:04:47: Lehrkraft mich wirklich gut ausbilden muss, dass ich diese Prompts formulieren kann, wenn ich

00:04:52: mein Unterricht vorbereite und genau wissen muss, was ich von der KI haben möchte, oder?

00:04:57: Genau. Ich finde das ganz schön anspruchsvoll, um ehrlich zu sein. Das heißt, man kann natürlich

00:05:02: zum einen über "Trial and Ever" kommen und sehen, welcher Prompt war denn jetzt wie erfolgreich.

00:05:07: Man kann aber natürlich auch genauer versuchen zu verstehen, wie dieses System funktioniert und

00:05:13: wie ich möglichst genau dem System für Grunde sage, was ich von ihm will. Und es gibt inzwischen

00:05:19: ganze Promptbibliotheken, an denen man sich orientieren kann. Aber nicht immer ist es natürlich

00:05:24: genau das, was man selber möchte. Und hier ist es gut, eine klare Vorstellung zu entwickeln von dem

00:05:31: Output, was ich haben möchte und für die Vermittlung jetzt an Schülerinnen und Schülern ist es auch

00:05:36: wichtig, eine Vorstellung davon zu haben, was den Texte auszeichnet. Das heißt, was ist eigentlich

00:05:42: das, wie dieser Text funktionieren soll? Denn wenn ich das genauer weiß, dann kann ich auch dem

00:05:46: Prompt sozusagen am Anfang dieser Kette genauer formulieren. Gut. Ich glaube, damit haben wir

00:05:52: schon mal eine gute Basis gelegt, um in die verschiedenen Felder zu gehen, die ihr für

00:05:58: den Deutschen Unterricht beschrieben habt. Das fand ich sehr spannend, weil es gibt da wirklich

00:06:02: sehr, sehr viele Einsatzszenarien und Lernziele, die wir damit abdecken können. Ich zitiere sie mal

00:06:08: kurz. Das war einmal Texte lesen. Interessant, weil ich habe da eigentlich eine Ausgabe zum

00:06:14: Schreiben gemacht, dann die Texte von der KI planen, schreiben und bearbeiten lassen, dann Feedback

00:06:21: zu bestehenden Texten geben und als letztes viertes Feld über Texte reflektieren. Wollen wir uns

00:06:28: mal der Reihe nach durch diese Felder begeben und konkrete Einsatzszenarien besprechen? Sehr gerne.

00:06:34: Fangen wir mal an, mit dem als ich gerade so ein bisschen flapsig als "Hey, lesen, ihr habt

00:06:38: doch was über Schreiben gemacht" betitelt habe, wie kann mir eine textgenerierende KI denn helfen,

00:06:45: Texte zu lesen? Naja, eine textgenerierende KI geht ja mit Texten um. Das heißt, sie verarbeitet

00:06:52: textuelle Daten, wenn man so will, also digitale Daten, die sich auf Texte beziehen. Und beim

00:06:58: Schreiben spielt das Lesen schon immer eine gewisse Rolle. Das heißt, ich kann natürlich mein

00:07:03: eigenen Text lesen, den ich schreibe, um zu sehen, ob der Text dem entspricht. Ich arbeite aber vielleicht

00:07:08: auch mit anderen Texten, zu denen ich etwas schreibe. Bei materialgestützten Schreiben

00:07:13: ist es relativ ausführlich beschrieben worden, aber auch bei anderen Texten. Also wenn ich zum

00:07:17: Beispiel selber ein Märchentext schreiben soll, auf der Grundlage bestehender Märchen, dann wäre es

00:07:23: vielleicht hilfreich und notwendig, dass ich diese Märchen erstmal lese und verstehe. Und da kann die

00:07:28: KI mir helfen, diese Texte zu lesen und zu verstehen, indem der Text zum Beispiel neu formuliert wird,

00:07:34: er zusammengefasst wird, paraphrasiert wird. Also ganz viele Möglichkeiten, mit denen man umgehen

00:07:40: kann, um mit den Texten weiterzuarbeiten. Das klingt jetzt sehr gut. Das sind ja auch Sachen, die versuchen

00:07:46: wir sozusagen im analogen Deutschunterricht ja auch. Kannst du mir ein bisschen beschreiben, wie das

00:07:50: vorstellbar ist, dass man mit so Märchentexten im Unterricht, ich nehme jetzt an für die Unterstufe,

00:07:55: mit KI umgeht. Also natürlich ginge das auch, indem man zum Beispiel entweder die Lehrkraft direkt

00:08:02: neben die Person stellt und dann ausschließlich mit der Lehrkraft und der Person zusammenarbeitet

00:08:07: zum Schüler der Schülerin. Die KI kann sozusagen die ganze Zeit ganz konkret auf die Fragen des

00:08:14: Schülers der Schülerin eingehen und zwar begleiten zu allen anderen Schülerinnen und Schülern, die

00:08:19: auch damit zu tun haben. Denn es kann ja durchaus sein, dass in einem Text eine Sache für den

00:08:24: einverständlich ist und für den anderen unverständlich. Und die KI kann jetzt sozusagen ganz

00:08:30: genau darauf antworten und darauf Rückmeldung geben. Also jetzt zum Beispiel bei einem Märchentext

00:08:35: und das ist auch beschrieben in der Ausgabe, kann es durchaus sein, dass hier mit einem

00:08:41: Wortschatz umgegangen wird, der sehr altertümlich ist, der den Schülerinnen und Schülern gar nicht

00:08:45: bekannt oder verständlich ist, weil sie zum Beispiel das Handwerk gar nicht kennen, was eine Grundlage

00:08:51: gespielt für den Handwerksberuf, der hier beschrieben wird. Da kann man einfach nachfragen. Und

00:08:58: natürlich könnte man das vielleicht auch in einem Lexikon machen. Dazu müsste man aber erst mal

00:09:03: wissen, wie wird das eigentlich geschrieben und so weiter. Wir wissen ja, wie die Arbeit ist auch

00:09:07: mit. Die Wortschatzarbeit ist mit Lexika. Das ist hier deutlich leichter. Und man kann natürlich

00:09:12: sich auch direkt Beispiele generieren lassen. An welchen Stellen arbeitet man oder was gibt es

00:09:17: für andere Wörter dafür? Ja, also das Anwendungsspektrum ist sehr groß, wenn man das sozusagen umsetzt.

00:09:23: Das heißt, ich kann mir als Schülerinnen oder Schüler diesen Text auch verändern lassen,

00:09:26: vereinfachen lassen, sprachlich gesehen oder zusammenfassen lassen? Auf jeden Fall! Man kann

00:09:33: sich zusammenfassen lassen, man kann sich vereinfachen lassen, man kann ihn aber auch ausführlicher

00:09:37: schreiben lassen, man kann sich Beispiele generieren lassen, man kann andere Texte,

00:09:42: ähnliche Art nachfragen. Es gibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten, die damit verknüpft sind.

00:09:48: Das finde ich ja ganz toll, weil gerade in der fünften sechsten Klasse ist es ja auch wichtig,

00:09:52: dass wir Ihnen mal zeigen, was überhaupt möglich ist. Und wie ich zum Beispiel den ganzen Text

00:09:57: rein kopiere dann in so einen Prompt letztendlich, müssen die Schüler dann ja auch prompten, oder?

00:10:01: Auf jeden Fall! Also ohne Input wird es sehr schwer, weil die Kain natürlich auch gar nicht weiß,

00:10:06: was sie dann zu tun hat. Also wenn wir jetzt einfach nur einen Text eingeben, dann kommt garantiert eine

00:10:12: Nachfrage. Vielen Dank für diesen Text. Was soll ich mit diesem Text machen? Spätestens dann

00:10:16: müssten die Schülerinnen und Schüler reagieren und eine Idee davon haben, was sie eigentlich

00:10:20: wissen wollen oder was sie stört oder was sie Neues bekommen möchten. Das gefällt mir gut,

00:10:26: weil das bringt ja unsere Schülerinnen und Schüler auch aus der Haltung, dass sie halt einfach das

00:10:30: machen, was die Lehrkraft vorne sagt, was jetzt gerade auf dem Plan steht und da muss ich nicht

00:10:34: weiter drüber nachdenken, was das für mein Lernen- oder Verstehensprozess bedeutet. Das stimmt!

00:10:38: Also in effect eine neue Art der Übernahme von Lernprozessen oder Verantwortungsübernahme.

00:10:45: Genau, und auch die Notwendigkeit relativ genau?

00:10:49: zu sein, weil die KI ja nicht kontextualisiert ist, anders als die Lehrkraft. Die Lehrkraft

00:10:55: weiß ja, worum es ungefähr geht und das jetzt gerade Deutschunterricht ist oder dass

00:10:58: wir uns mit Märchen beschäftigen. In diesem Fall müssen die Schülerinnen und Schüler

00:11:02: das alles erst mal sagen, weil die KI ja nicht den Kontext kennt, die sitzt ja nicht direkt

00:11:06: nebenan und hat jetzt schon die dritte Stunde hinter sich. Und auch das ist eine Form von

00:11:12: Schreibkompetenz, die durch KI möglicherweise gefördert wird. Kontextualisierungskompetenz,

00:11:18: genauigkeit. Wunderbar, weil du gerade schon Schreiben erwähnt hast, wollen wir mal zum

00:11:22: zweiten Bereich übergehen, also Texte von der KI selbst sozusagen schreiben lassen. Was ist

00:11:28: da ein Einsatz-Szenario? Naja, der Extremfall wäre natürlich, wenn man ein Promp formuliert

00:11:34: und sagt jetzt macht den ganzen Text und den Text dann einfach übernimmt. Thorsten Steinhoff

00:11:40: spricht in dem Zusammenhang immer vom KI als Ghostwriter. Man könnte auch sagen, dann haben

00:11:44: wir sowas wie Copy und Paste. Und vermutlich ist der Lernzusammenhang, der Lerngewinn nicht

00:11:50: so wahnsinnig groß, weil man sehr viel auslagert. Aber wenn man sich jetzt einzelne Prozessphasen

00:11:56: vorstellt, zum Beispiel überlegt man soll einen kreativen Text schreiben und ich weiß

00:12:01: nicht, wie es dir geht, mir fällt es manchmal schwer direkt auf Ideen zu kommen. Ich habe

00:12:05: vielleicht eine Idee, aber das reicht vielleicht noch nicht oder ich habe eine Figur und ich

00:12:09: möchte andere haben, ich möchte Alternativen haben, dann kann ich natürlich die KI sehr

00:12:13: gezielt einsetzen in dieser Prozessphase zum Beispiel des Planens oder anderes Beispiel.

00:12:20: Ich sage dann häufig in einem Text, er sagt, er sagt, er sagt. Ich habe den Eindruck, das

00:12:25: ist nicht so interessant, ich möchte das abwechseln. Also kann ich gezielt nachfragen, was gibt es

00:12:30: denn für Alternativen zu sagen, meinen Denken erwidern und so weiter. Das wäre eher in

00:12:36: Bezug auf das Formulieren. Oder ich kann überlegen, na ja, der Text ist jetzt eigentlich schon

00:12:41: ganz schön, aber ich habe den Eindruck, so ganz passt er noch nicht, er ist noch nicht

00:12:47: fachlich genug oder er ist noch nicht genau genug. Dann kann ich den Text oder kann ich

00:12:52: mir Hilfestellung geben lassen zum Überarbeiten des Textes oder ich bin unsicher, was meine

00:12:57: Rechtschreibung angeht. Ich habe zum Beispiel Probleme mit das, das Schreibung möglicherweise.

00:13:02: Dann kann ich gezielt die KI anfragen und sagen, kannst du mir diesen Text noch mal

00:13:06: darauf hin prüfen. Das heißt, in allen Prozessphasen kann ich KI einsetzen. Sinnvollerweise ist

00:13:12: das aber natürlich gesteuert. Das heißt, ich übernehme nach wie vor die Verantwortung

00:13:17: für diese Prozessphase und auch für den fertigen Text.

00:13:20: Das heißt, in gewisser Weise dreht es ja eigentlich das Verhältnis um. Also das, was wir als Lehrkräfte

00:13:25: häufig tun, wir prompten ja sozusagen auch, wenn wir eine Klausur stellen. Das können

00:13:31: Schülerinnen und Schüler dann selbst machen und müssen sozusagen die Kriterien, wonach

00:13:35: sie den Text der KI bewerten, ja auch sich selbst überlegen und anwenden oder bewerten

00:13:40: können und zum Überarbeiten auffordern. Ach, das ist ja eine sehr spannende Umkehrung eigentlich.

00:13:47: Ja, wobei man muss natürlich überlegen, inwieweit man Schülerinnen und Schüler nicht damit

00:13:51: zu viel abverlangt. Also das ist natürlich das ideale Modell. Wenn man so sagt, das ist

00:13:57: ein Schreiber, eine Schreiberin, die über eine hohe Selbstregulation verfügt. In der

00:14:01: Lage ist den gesamten Schreibprozess zu steuern, zu wissen, an welchen Stellen, wie welche

00:14:05: Hilfestellung benötigt wird. Da würde ich nicht davon ausgehen, dass das alle Schülerinnen

00:14:11: und Schüler sozusagen von Anfang an umsetzen können. Das heißt, wir müssen sie dazu erst

00:14:16: befähigen. Und das ist natürlich auch eine Form von Schreibentwicklung. Das heißt, ich

00:14:20: glaube, dass es ganz notwendig ist, dass Schülerinnen und Schüler durchaus mit KI arbeiten, aber

00:14:25: dass sie das nicht alleine tun, sondern angeleitet tun, in didaktischen Kontexten. Denn sonst

00:14:31: sind sie überfordert und die Ergebnisse sind auch nicht besonders zielführend und

00:14:36: sie übernehmen dann auch nicht die Verantwortung mehr für ihren Text oder für den Schreibprozess.

00:14:40: Also insofern, glaube ich, braucht es Arrangements, in dem sie auch einzeln diese Aufgaben lernen

00:14:45: und in denen sich weiterentwickeln. Und natürlich ist es auch eine Form von Progression.

00:14:49: Ja, wie kleinstüttig das geht, zeigt ihr in diesen Modellen, in der Ausgabe, an der

00:14:54: Stelle eine Empfehlung, wie, also ein schönes Szenario, das ich finde, ist in dem dritten

00:15:00: Feld auch enthalten und zwar Feedback zu bestehenden Texten geben. Das hat mir jetzt eigentlich

00:15:05: auch schon mal so gerade eben angesprochen. Kannst du dir einen Einsatz im Unterricht vorstellen,

00:15:12: wo das ganz besonders zielführend ist? Also erstmal glaube ich, ist es unglaublich

00:15:17: wichtig, Feedback zu bekommen, zu bekommen zum Schreiben eines Textes und zwar nicht

00:15:24: nur am Ende des Textes im Sinne einer Prüfungsform. Das heißt, wirklich dieses formative Feedback

00:15:32: während des Schreibprozesses auf Textentwürfe finde ich ganz wichtig. Das ist aber etwas,

00:15:38: was natürlich im Unterricht für Lehrkräfte kaum zu realisieren ist.

00:15:41: Klar, der Übungsaufsatz dauert ja auch ein, zwei Wochen, bis man den zurückbekommt und

00:15:46: ich den kommentieren konnte und dann ist das Feedback eigentlich schon zu spät.

00:15:50: Genau, es ist schon völlig aus der Erinnerung eigentlich raus. Man weiß gar nicht mehr so

00:15:55: richtig, was man da gemacht hat. Dann schaut man auf die Note und wenn die Note einigermaßen

00:16:00: ist, guckt man sich auch nicht mehr das Feedback an und wenn sie ganz schlecht ist, guckt man

00:16:03: sich es vielleicht auch nicht an. Also insofern glaube ich, ist das etwas, was sinnvoll ist,

00:16:08: gerade, was wir auch wissen, wie wichtig Feedback ist, im Hinblick auf Schreibmotivation, aber

00:16:14: auch natürlich auf Schreibkompetenz. Und es gibt eine ganze Reihe von Szenarien, wo man

00:16:19: sich vorstellen kann, dass so ein Zwischenfeedback sozusagen sinnvoll ist, gerade bei relativ

00:16:24: komplexen Texten natürlich, aber auch bei Texten, wo man vielleicht mal eine andere Perspektive

00:16:30: einbeziehen will. Also zum Beispiel beim Argumentieren dann schreiben. Ganz häufig ist es so, dass

00:16:34: man zwar selber so eine Idee davon hat, das wäre so ein potenzielles Gegenargument, aber

00:16:39: eigentlich ja doch eine relativ klare Vorstellung davon hat, was man im Blick hat. Und hier

00:16:45: sozusagen gezielt jemand anders mit einer anderen Rolle, mit einer anderen Perspektive

00:16:48: zum Beispiel einzuziehen und einen Feedback zu geben auf den Text, kann man sich durchaus

00:16:52: gut vorstellen. Absolut. Also gerade beim Argumentieren ist es natürlich toll. Heißt

00:16:57: es dann, ich als Lehrkraft mach einen Prompt vorne dran, der sozusagen auch verhindert,

00:17:02: dass man den Schülern eine fertige Lösung krezentiert, die sind dann einfach abgeben

00:17:06: können? Ich glaube, das wäre tatsächlich nicht sinnvoll, eine fertige Lösung zu haben

00:17:10: und auch die Idee zu haben, es gibt nur eine Lösung ist, glaube ich sowieso beim Schreiben,

00:17:16: manchmal auch ein bisschen schwierig, vielleicht bei sehr musterhaften, sehr standardisierten

00:17:20: Texten. Aber wir haben es ja oft auch mit Texten zu tun, die eher als nerner Texte zu

00:17:25: verstehen sind, bei dem es auch gerade darum geht, bestimmte Sachen zu erproben, unterschiedliche

00:17:29: Perspektiven einzunehmen, Argumente zu entwickeln, eine eigene Haltung zu entwickeln und ähnliches.

00:17:34: Und das sozusagen zu Rahmen zu ermöglichen in so einem Settings, in so einem Arrangement,

00:17:40: das wäre, glaube ich, genau das, was man gut mit KI unterstützen kann. Aber natürlich

00:17:45: braucht es dann von der Lehrkraft eine Idee davon, wie dieses Setting aussehen kann, idealerweise

00:17:51: Idee davon, welche Rolle und Funktion KI übernehmen kann innerhalb dieses Settings, was die Aufgaben

00:17:57: sind und auch die Überlegung dazu, was digital sein muss, sollte und was vielleicht auch analog

00:18:03: sein muss, sollte.

00:18:04: Ja, ich kann ja z.B. alles, was ich mit meinen Schülerinnen und Schülern als Kriterien und

00:18:10: Hinweise zu einer Schreibform erarbeitet habe, der KI auch geben und sagen, bitte guckt

00:18:16: dir die Texte, die die Schülerinnen und Schüler geben an und sag ihnen, an welchen Stellen

00:18:21: vielleicht was noch verändert werden könnte oder eben irgendwas vielleicht nicht schlußig

00:18:25: ist und so weiter. Das ist ja möglich, oder?

00:18:28: Auf jeden Fall. Das ist doch ein tolles Setting. Das heißt, man hätte eine Phase, in der man

00:18:31: dann gemeinsam im vielleicht Gruppengespräch, Klassengespräch Kriterien entwickelt, auch

00:18:37: die vielleicht gewichtet miteinander und sich überlegt, welche relevant sind, dann sozusagen

00:18:42: die KI entsprechend instruiert und dann mit diesen Kriterien, die gemeinsam sozusagen verantwortet

00:18:48: werden, auf Texte zu schauen und Rückmeldung zu geben und daraufhin dann den Text überarbeiten

00:18:54: zu lassen. Und dann könnte man sogar noch eine zweite Rückmeldeschleife sozusagen einziehen

00:18:58: und erst dann würde der Text vielleicht an die Lehrkraft dann wieder zurückgehen.

00:19:02: Tolle Idee. Jetzt noch das vierte Feld, so kurz vor Knab, über Texte reflektieren. Kannst

00:19:09: du mir da ein konkretes Modell aus eurem Ausgabe beschreiben?

00:19:14: Also, da gibt es verschiedene Modelle, die sich damit beschäftigen. Ich würde jetzt

00:19:19: vielleicht eins nehmen, was so ein bisschen am Ende der Schulzeit ist, wo es dann schon

00:19:24: um Lernde geht, die jetzt weit fortgeschritten sind. Also, ich beziehe mich hier auf das

00:19:30: Modell von Helen Lehndorf, Irene Pieper, Sandra Müller und Franziska Specht. Kann KI

00:19:35: ein Gedicht deuten? Und das ist insofern, finde ich, sehr schön. Die arbeiten mit einem Text,

00:19:43: Eichendorf's Frühlingsfahrt, die zwei Gesellen, das glaube ich vielen Hörer*innen, Hörern

00:19:49: bekannt sein könnte, der so ein bisschen ein Klassiker sozusagen ist, zum Grundstock

00:19:55: gehört und schauen sich an, welche Interpretationen KI sozusagen vorschlägt und welche alternativen

00:20:03: Deutungsmuster da noch möglich sind. Und hier sieht man auch sehr schön auch mögliche

00:20:08: Grenzen von KI im Hinblick darauf, wie vielleicht auch einseitig manchmal eine Form der Interpretation

00:20:18: gelingt, bzw. wie mehrdeutig Interpretationen möglich sind, wenn es sozusagen um so sehr

00:20:23: textnah Literatur und Lektüre geht. Und ich finde, Sie haben das sehr schön aufbereitet

00:20:28: und auch nochmal gezeigt, an welchen Stellen man mit diesen KI generierten Interpretationen

00:20:33: arbeiten kann und wie man aber auch Schüler*innen und dann wieder in die Rolle versetzt und

00:20:37: auch die Möglichkeit versetzt, selber sozusagen eine Haltung zu entwickeln, die vielleicht

00:20:42: sogar der KI überlegen ist. Und das finde ich auch ein ganz schöner Schluss, dass man eben

00:20:46: sieht, KI kann schon relativ viel und kann auch bestimmte Sachen sehr gut. Aber als sozusagen

00:20:55: Leserin und Leser können wir auch viele Sachen sehr gut und eben auch als diejenigen, die

00:20:59: mit Literaturen gehen. Und insofern kann ich das, wenn es ums das reflektieren geht, das

00:21:04: taucht auch in anderen Modellen auf, aber vielleicht hier nochmal in besonderer Art und Weise.

00:21:08: Das war ein schönes Schlusswort. KI kann viel, kann uns in den Klassenzimmern extrem gut

00:21:15: unterstützen. Aber was sie nicht kann, ist uns Lehrkräfte ersetzen. Liebe Kirsten, ich

00:21:20: danke dir für dieses anregende Gespräch. Hat mir viel Spaß gemacht. Vielen Dank.

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