Mathematik: Eine runde Sache - Kreise im Unterricht
Shownotes
Braucht man später zu Kreisen mehr als die Formeln für ihren Umfang und ihren Flächeninhalt? Tauche ein in die Vielfalt der Kreise. Finden heraus, warum Kanaldeckel rund sind. Für Lernende besonders: Das Kreisdiagramm unterscheidet sich grundsätzlich von anderen statistischen Darstellungen. Und auf dem Weg zum Umfang und Flächeninhalt von Kreisen lässt sich viel über Genauigkeit und funktionale Zusammenhänge lernen. Mehr dazu erfährst du in der Ausgabe 64 „Eine runde Sache - Kreise im Mathematikunterricht“ von Mathematik 5-10, erschienen im Friedrich Verlag.
Im Podcast hörst du Tim Kantereit im Gespräch mit Ursula Bicker, Beraterin für Unterrichtsentwicklung Mathematik am Pädagogischen Landesinstitut Rheinland Pfalz
Eine runde Sache - Kreise im Mathematikunterricht
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00:00:00: Hallo und Moin Moin, mein Name ist Tim Kantreis und ich freue mich sehr, dass Ihr heute wieder
00:00:21: dabei seid. In unserer heutigen Folge des Podcasts "Einfach unterrichten" dreht sich alles um den
00:00:26: Kreis. Wie Ihr hört, klinge ich ein bisschen erkältet, ist auch tatsächlich so. Corona hat
00:00:34: mich ein bisschen erwischt. Nichtsdestotrotz werden wir diese Aufnahme heute machen und in
00:00:40: unserer heutigen Episode begrüßen wir Ursula Bicker. Ursula, es ist toll, dich hier bei uns zu haben.
00:00:46: Ja hallo, guten Morgen auch an mir und ich freue mich sehr, dass ich heute dabei bin.
00:00:51: Du bist eine erfahrene Expertin in der Lehrer*innen Fortbildung und Unterrichtsentwicklung für
00:00:56: Mathematik beim Pädagogischen Landesinstitut Rheinland-Pfalz. Deine Arbeit umfasst die Förderung
00:01:02: von kompetenzorientierten und inklusiven Mathematikunterricht und du setzt dich vor allem auch
00:01:07: sehr stark für individuelles Lernen in Mathematik ein. In der heutigen Folge werden wir uns um die
00:01:15: von dir herausgegebene Publikation zum Thema Kreise in Mathematik 5 bis 10, werden wir auch
00:01:21: darüber sprechen und ich habe da auch ein paar Thesen formuliert. Also ich würde dann direkt
00:01:25: mit der ersten These anfangen. Bei der Erkundung von Kreisen und ihren Eigenschaften bietet sich
00:01:31: ein handlungsorientierter Zugang besonders an. Jetzt frage ich dich als allererstes Mal bei dieser
00:01:36: These, was ist eigentlich für dich Handlungsorientierung? Das ist ja ein Begriff, der alles umfassen kann.
00:01:41: Wie definierst du das? Ja, gerade bei den Kreisen haben wir ja ganz viel fertige Produkte, also so
00:01:48: perfekte Runde Formen, die wir auch digital direkt in einem Grafikprogramm hergestellt sind und es ist
00:01:57: aber praktisch nicht mit der Hand zu zeichen. Also keiner von uns auf den perfekten Kreis haben und
00:02:01: da brauchen wir Hilfsmittel und das Schöne ist, dass der Kreis ja mit am einfachsten zu zeichen ist
00:02:07: per Hand. Wenn man Hilfsmittel hat, man braucht ja eigentlich nur einen Flock oder einen Stift,
00:02:12: was zum Festhalten und eine Schnur. Und wenn man dann tüchtig an der Schnur zieht und um diesen
00:02:18: Mittelpunkt quasi drum rumgeht, dann wird das ein perfekter Kreis, sofern man da nicht schlampig
00:02:26: sagt. Und das ist so eine sehr schöne Erfahrung, wie man auch wirklich so Runde Formen herstellen kann,
00:02:34: was eben bei uns von Hand nicht gelingt. Im Unterschied zum Beispiel zu Quadraten,
00:02:39: die man immer gut aus der Hand skizzieren kann, die aber sehr, sehr kompliziert per Hand zu
00:02:44: konstruieren sind. Auch wenn man es mit Geometrieprogrammen macht, da braucht man viele Befehlsschritte,
00:02:49: viele rechte Winkel. Die muss man messen, dass die Seiten gleich lang sind. Und der Kreis ist,
00:02:53: wie gesagt, eigentlich gleichzeitig sehr einfach, sehr schlicht, weil er so wenige bestimmende
00:02:59: Parameter hat, aber eben auch sehr komplex. Denn es ist eine Form, die sich nicht so einfach auch
00:03:06: erschließen lässt oder bemessen lässt durch seine Rundheit. Also von daher sehr faszinierend.
00:03:12: Okay, das heißt also für dich, dass man loslegt eigentlich im Prinzip, wenn man den
00:03:21: Thema Kreisen widmet, dass man erstmal versucht diesen Kreis sauber zu zeichnen. Also von der
00:03:28: Handlung dann abstrakter wird. Daraus erschließt sich auch schon im Kern, dass der Kreis eben
00:03:34: durch den Mittelpunkt und den Radius definiert ist. Ich denke, wenn man solche Dinge selber auch macht
00:03:41: und selber durchführt, dann ist das sehr fest im Gehirn verankert. Also durch nichts lernen wie
00:03:47: so gut, wie durch selber machen, durch selbst erleben. Und dadurch kann man eigentlich immer diese
00:03:52: Definition des Kreises sichtbar machen, dass ich nicht mehr brauche, als einen Mittelpunkt und einen
00:03:58: Radius machen und das auch sehr bewusst machen. Also das ist der Vorteil von Handlungsorientierung im
00:04:05: Unterschied dazu, dass man mit fertigen Objekten arbeitet, die einfach vorliegen und wo man
00:04:10: auch eigentlich gar nichts mehr hinterfragen muss. Okay, wie können Sie denn durch das Zeichnen,
00:04:17: sage ich jetzt mal, auf die verschiedenen Eigenschaften eines Kreises schließen? Oder
00:04:21: welche Eigenschaften hat denn ein Kreis überhaupt, außer dass er rund ist? Genau, für die Schüler und
00:04:26: für die Schüler am wichtigsten ist sicher auch die Eigenschaft, sodass alle Punkte gleichweit
00:04:31: entfernt sind. Auch schon, was die so vom Kindergarten her erleben, sich im Kreis aufstellen. Das ist
00:04:36: das, was also dieser Radius sozusagen, immer gleiche Radius, das ist, denke ich, eine Eigenschaft,
00:04:41: die ganz, ganz recent für Kinder ist, auch in dem Kontext, wie man den Kreis eben auch im Alltag
00:04:49: erlebt. Denn da ist ja auch ganz, ganz typisch, so dieses Beispiel, Tropfen der ins Wasser fällt,
00:04:57: dass der sich nach allen Seiten gleichmäßig ausbreitet und das ist ja auch das, dass der Kreis
00:05:01: praktisch von ihnen gleichmäßig wächst, was an dieser Radius Eigenschaft beruht. Also das ist
00:05:07: was sehr, sehr zentrales für den Kreis und was die Kinder auch als erleben schon aus dem Alltag
00:05:13: mitbringen. Ja, ich kenne das vom Bocha-Spiel. Also wenn du zum Beispiel ermittelst, welche Kugel
00:05:21: jetzt an der kleinen Kugel am nächsten dran liegt, dann kannst du das ja auch im Prinzip machen,
00:05:26: in denen du einen kleinen Stock reinsteckst und dann einmal den Kreis drum ziehst und dann
00:05:29: siehst du schon, welche Kugel näher dran liegt, weil manchmal ist es ja ungenau oder man kann es
00:05:33: nicht direkt sehen und dann kann man dann mal diese Technik verwenden und das rauszufinden.
00:05:39: Genau, und daran kann man auch sehr schön rausfinden. Ist das jetzt ein Kreis, also bilden Punkte,
00:05:45: ein Kreis oder liegt da jemand eben, oder steht jemand dann zu sehr drinnen oder zu sehr draußen,
00:05:51: indem man immer wieder auf die Entfernung zum Mittelpunkt acht. Das ja typischer Beispiel für
00:05:57: ein Kreis ist auch, sind ja so Kanaldeckel. Und das würde mich zur zweiten These bringen,
00:06:03: also das ist die zweite These, Kanaldeckel sind rund und das ist "hat einen rund". Das ist schöner
00:06:10: Reim, ne? Aber, genau, ja, also ich, das ist tatsächlich eine Sache, als ich die These bekomme,
00:06:17: habe ich kurz zu mir nachgedacht, ja, Kanaldeckel sind rund natürlich, aber es gibt ja auch
00:06:23: quadratische Kanaldeckel, also so diese Gullydeckel mehr, warum sind ja diese Kanaldeckel eigentlich
00:06:32: rund und nicht jetzt zum Beispiel quadratisch oder recht deckig. Also hat das irgendeinen Hintergrund?
00:06:36: Ja, mir gefällt die Frage an sich jetzt sehr gut, weil gerade die Kinder fragen oft solche Sachen,
00:06:42: warum ist der Himmelblau und die sehen einfach was als nicht selbstverständlich an und wir machen
00:06:48: uns viel zu wenig Gedanken. Das ist für uns einfach klar, man nimmt es oft gar nicht auch als
00:06:53: Besonderheit wahr und also wenn man selber schon mal sowas gehoben hat, habe ich Gott sei Dank
00:06:59: noch nicht, aber ich stelle mir vor, ich würde ihn, wenn er rollen wollen, als tragen wollen, weil
00:07:05: der ganz sicher nicht, ganz sicher eine ganze Menge wiegt. Ja, ich habe letztens gerade im Garen den
00:07:10: Abwasserdeckel mal hochheben wollen, da hat schon einiges ein Gewicht, ne? Ja, genau, da sehen
00:07:15: auch ziemlich viele Löcher drin, genau und das andere ist aber auch so, wenn man ein Loch mit
00:07:21: dem Kreis abdichtet, der kann da nicht durchfallen. Also wenn ich jetzt einen Quadrat habe und stelle es
00:07:28: blöderweise so auf, dass es in Richtung der Diagonale zeigt, also senkrecht runter, dann
00:07:32: könntest du senkrecht runterfallen. Das ist, ja, wenn jemand drunter steht oder dass jemand auf
00:07:37: den Fuß fällt, da ist das nicht so angenehm. Also es ist natürlich schon auch sehr sicher, weil dadurch
00:07:43: das hier durchmesser ja überall gleich ist, das sind wir schon bei einer anderen Kreiseigenschaft,
00:07:47: liegt ja natürlich jetzt entsprechend auf einem Loch immer auf, wenn ich da einen etwas größeren
00:07:54: Durchmesser habe. Das heißt, also mit den Kindern könnte man anhand des Beispiels von so Kanal
00:08:00: Deckeln über den praktischen Nutzen von geometrischen Formen im Alltagsspiel. Ja, zum Beispiel und das
00:08:08: kommt auch beim beim Kreis eigentlich sehr schön raus, also ich finde ein anderes schönes Beispiel,
00:08:13: der runde Tisch, dass ja auch im Punkt oder im Kreis alle Punkte gleich sind, da gibt es keinen
00:08:21: außer dem Mittelpunkt eben mal auf dem Radius oder auf dem Umfang, gibt es keinen, der irgendwie
00:08:27: ausgezeichnet ist und das ist ja auch das, was wir mit runden Tischen nachbilden wollen, indem wir sagen,
00:08:35: jeder Teilnehmer, der da am Tisch sitzt, ist gleichrangig. Wir haben ja sonst immer Hierarchien,
00:08:41: also ein quadratischer Tisch oder ein rechteckiger hat immer eine Hierarchie, wer sitzt am Stirnende
00:08:46: und an ähnlichem oder wer sitzt von oben an am Stirnende bis runter und das ist so diese
00:08:52: Eigenschaft vom Kreis, die zum Beispiel da auch letztendlich auch daran liegt, dass er unendlich
00:08:56: viele Lysometrien hat, das hängt ja alles dann sehr eng zusammen. Aber da sind schon viele
00:09:00: Eigenschaften vom Kreis, die wir auch im Alltag wahrnehmen können und das andere ist ja, dass es
00:09:06: sozusagen minimaler Umfang bei maximaler Fläche, je nachdem also das Verhältnis einfach am
00:09:13: günstigsten ist und das sehen wir in allem, wo es um ja Verluste oder um Gefahr geht, also die
00:09:21: Stadtmauern waren, wenn man nicht irgendwelche anderen Gegebenheiten hatte, waren relativ rund,
00:09:27: weil man damit eben am besten die Fläche schützen kann oder auch Tiere, wenn die sich vor
00:09:33: Kälte schützen wollen, dann plustern die Gefieder auf oder bilden Rundeformen oder Pinguin, wenn
00:09:39: die sich zusammenkauern, haben einigermaßen Rundefläche oder alles, was so Schutz braucht und
00:09:45: einen relativ wenig Angriffsschlächer nach außen bieten will. Da finden wir das oder eben auch
00:09:50: jetzt das Energiearme bauten, auch auf die Rundeform ausweichen, um eben möglichst wenig Energie
00:09:57: entweichen zu lassen. Also das sind auch nochmal Aspekte, wo wir sehr viel Anwendung im Alltag
00:10:01: haben, das aber vielleicht auch gar nicht uns so bewusst wird, dass es letztendlich an dieser
00:10:07: Eigenschaft des Kreises liegt. Ja, tatsächlich, wo du es jetzt sagst, es klingt alles sehr, sehr
00:10:15: logisch und war mir auch tatsächlich noch gar nicht so richtig bewusst, wo das tatsächlich
00:10:20: alles überall vorkommt, also sehr spannend auf jeden Fall. Ich würde gerne auch noch zur dritten
00:10:27: These kommen hier an der Stelle, weil es sich glaube ich gerade anbietet und zwar,
00:10:30: die dritte These, Kreise lassen sich kreativ nutzen, was für einen emotionalen Zugang der
00:10:37: Mathematik oder was den emotionalen Zugang zur Mathematik fördern kann. Ich würde jetzt mal
00:10:43: so anfangen, dass ich mal von mir erzähle, mit Kreisornamenten ganz viel gemacht und wir haben
00:10:48: damals in der siebten Klasse so ja mit dem Zirkel immer wieder Kreise gezogen und haben damit
00:10:58: so ganz schicke Ornamente gemacht. Was vor allen Dingen auffällig war ist, wo wir jetzt auf die
00:11:03: emotionale Ebene kommen, dass ich gerade bei einem Schüler, der sonst sehr, ich sag mal, aktiv im
00:11:10: Unterricht war und sehr viel Aufmerksamkeit brauchte, dass der also fast stundenlang an
00:11:18: diesen Kreisen zeichnen konnte und das wirklich mit voller Konzentration. Genau, also es scheint
00:11:26: schon irgendwie was auszulösen. Ich weiß nicht, ob es diese besondere Form war, aber vielleicht kannst
00:11:32: du ja einfach nochmal auch ganz kurz erzählen, ja, auf welche Weise man Kreativität, die durch
00:11:42: der Arbeit vielleicht mit den Kreisen angericht wird, zu einem emotionalen Zugang von Mathematik
00:11:47: führen kann. Ja, zunächst mal ist es so, dass ich, dass es barrierefrei ist von Seiten der Mathematik,
00:11:53: ja, ich muss jetzt erstmal keine mathematischen Bokenisse haben, sondern kann mich einfach von
00:11:58: einem Gefühl für Formen leiten lassen. Und das heißt, dass die Schülerinnen und Schüler, die auch
00:12:04: gerne künstlerisch arbeiten, da natürlich jetzt schon mal einen gewissen Fortschritt oder einen
00:12:10: Vorteil haben, in dem Zugang auf dieses Thema. Und wir sollten auch nicht die anderen Kulturen
00:12:16: vergessen, die ja oft aus sehr künstlerisch hochwertigen Umgebungen kommen. Also gerade so die
00:12:23: arabische, maurische Kultur steckt ja ganz viel in solchen symmetrischen Bildern die letzten Endes
00:12:28: ja alles auch auf so heißartige Symmetrien zurückzuführen sind. Und das heißt, dass für viele
00:12:35: das eben auch schon ein Teil in diesem Kulturgut auch schon drinsteckt. Auch Mandalas stecken ja
00:12:42: in vielen Kulturen drin, dass wir eben jetzt nicht unbedingt nur aus dem mitteleuropäischen Raum
00:12:47: kommen, sondern mit dem künstlerischen Zugang eben auch für viele einfach nochmal auf die
00:12:53: Schönheit von solchen Mustern auf den Symmetrien zugreifen können, bevor wir dann eben auch sagen,
00:12:59: jetzt untersuchen wir auch mal solche Muster und schauen, was macht das denn auch mathematisch
00:13:03: besonders. Aber das ist doch was, wo man sich auch freut, auch wenn man nochmal Bilderbunde
00:13:08: ausmalen kann, das sieht man dann ja auch, dass das auch nochmal andere Emotionen weckt. Und
00:13:15: neben Kreativität und dieser künstlerischen Freiheit und auch vielleicht ein bisschen dieser
00:13:20: interkulturellen Beziehung steckt natürlich auch drin, dass man eigentlich sehr sorgfältig
00:13:25: arbeiten muss. Also auch eine Kompetenz, die tatsächlich ja wichtig ist und in der Schule
00:13:31: oft da nicht so wahrgenommen wird. Also in der Mathematik gilt ja auf die Richtigkeit vor dem
00:13:36: eben sorgfertigen und auch hier zum Beispiel exakten Arbeiten, was man ja in der Kunst eben
00:13:42: auch ganz anders wieder einschätzen oder ganz anders beferten muss. Genau, auf diesen interkulturellen
00:13:49: Aspekt wollte ich auch nochmal hin, also weil du es ja gerade auch erwähnt hattest. Das heißt,
00:13:52: das Thema Kreise bietet auch einen besonderen Zugang, um interkulturelle Kontexte, Mathematikunterricht
00:14:00: aufzugreifen zum Beispiel. Genau das ist ja glaube ich auch eine Kompetenz, die Schüler*innen
00:14:06: auf jeden Fall erwerben sollten.
00:14:08: dass, ja, also eine interkulturelle Kompetenz. Und das habe ich jetzt zumindest gerade so rausgehört.
00:14:15: Ja, es gibt eben den Kreismuster in so vielen Kulturen, also bekannt natürlich Yin und Yang,
00:14:21: so aus dem asiatischen Raum, der aber auch ganz interessant ist, um das mal flächenmäßig zu
00:14:28: analysieren. Man sieht ja, dass die beiden Flächen gleich sind, aber auch solche Muster einfach mal
00:14:33: zu analysieren, dann auch mit mathematischen Mitteln kann ganz hilfreich sein. Aber man greift da auf
00:14:38: viele Dinge noch mal zurück, die die Schülerinnen und Schüler eben auch schon aus früheren oder
00:14:43: aus anderen Kontexten kennen. Also das ist jetzt etwas, was mir hier am Kreis sehr gut gefällt.
00:14:49: Und auch, dass der Kreis eigentlich relativ wenig Mathematik hat. Also egal, was ich beim
00:14:55: Kreis jetzt mache, durch die ganzen Schuljahre durch, ich brauche irgendwann der Arbeit,
00:14:59: ich natürlich die Kreisformeln, und dann kann ich mit denen arbeiten. Aber ansonsten ist es nicht so
00:15:04: wie in anderen mathematischen Themen, dass man unglaublich viel Vorwissen braucht, um überhaupt in
00:15:09: dem Thema wieder Anschluss zu finden, sondern dass ich, wenn ich mir die Formel wieder reaktiviere,
00:15:14: eigentlich ganz, ganz viele Dinge auch wieder neu erschließen kann. Also auch das ist wieder etwas,
00:15:19: was einen einfacheren Zugang jetzt zu diesem Thema auch ermöglicht, dass da keiner von
00:15:26: Anfang an abgehängt ist. Man lernt aber auch viele Dinge, die in der Mathematik sonst gar nicht so
00:15:32: ohne weiteres vermittelbar sind. Beim Kreis ist ja dieses so die ideale Form, dass ich die ja auch
00:15:39: mit der Hand immer und kleine Ungenauigkeiten vielleicht habe. Und dass man hier auch sehr
00:15:43: schön diese ideale Sicht von Mathematik auf Objekte eben auch tatsächlich mal ansprechen kann.
00:15:52: Also sehr viel besser finde ich als an anderen Objekten. So dieses in der Realität ist ein
00:15:59: Kreis vielleicht nie so ganz perfekt und in der Mathematik stellen wir uns aber hier eine absolut
00:16:03: perfekt gezeichnete Kreislinie vor. Und das ist sehr schön, wenn ich nochmal auf diesen ersten Punkt
00:16:08: der Handlungsorientierung gehe, wenn wir jetzt große Kreismusse auf dem Stuhl aufmalen, dann sehen
00:16:12: wir am Ende, es kommt nie so ganz am Ende aus, weil unsere kleinen Fehler dazu führen, dass sich
00:16:17: der Kreis am Ende nicht so schließt oder das Muster nicht mehr ganz so gut zusammen passt. Und
00:16:22: daran sehen wir aber, wenn wir das Muster mit mathematischen, mein Viergen mit Geometrie, Zeichenprogrammen
00:16:30: zeichnen, dann ist es immer absolut perfekt, da treffen sich die Kreise von dieser berühmten
00:16:34: Manderler Blume immer im Zentrum. Und mal auch auf diesen Aspekt von Mathematik hinzudeuten,
00:16:41: das kann man auch wunderbar gerade in diesen ganzen künstlerischen Objekten machen. Also den
00:16:46: Unterschied zwischen nicht so ganz perfekter Umsetzung in der Realität, die aber vielleicht auch
00:16:52: gerade künstlerisch nochmal sehr anspricht, und dann den sehr perfekten mathematisch konstruierten
00:16:57: Objekten. Ich würde gerne noch einmal das Thema wechseln, auch wenn das jetzt hier auch gerade
00:17:02: super spannend ist. Und zwar mit Blick auf unsere vierte These. Wollte ich mal mal ganz kurz fragen,
00:17:08: kennst du die Torte der Wahrheit? Nee, kenne ich nicht. Nee, okay, die Torte der Wahrheit ist in
00:17:13: der Zeit, also in der Zeit und die Zeit, eine kleine Rubrik von Katja Billen. Ach, die kenne ich,
00:17:20: die kenne ich, die liebe ich. Ja, ja, ja. Okay, genau, und da gibt es immer ein Kreisdiagramm,
00:17:26: das eben halt aktuelle Themen aufgreift und finde ich sehr schön darstellt, wie zum Beispiel die
00:17:38: Frage, wohin kommt man, oder wohin man kommt, wenn man die Meinungsdiktatur in Deutschland
00:17:44: beklagt, und dann gibt es da eben halt so ein Kreisdiagramm, mit drei Möglichkeiten ins
00:17:50: Gefängnis, ins Arbeitslager oder ins Fernsehen, und dann ist es zum Beispiel jetzt hier nur ins
00:17:54: Fernsehen. Und es ist immer recht humorvoll, finde ich, aber deutet eben halt auch an, es geht
00:18:01: hier um Kreisdiagramme, und darauf wollte ich eigentlich hinaus, denn das Kreisdiagramm,
00:18:07: das ist die vierte These, das Kreisdiagramm unterscheidet sich grundsätzlich vor anderen
00:18:11: statistischen Darstellungen. Und da wollte ich gerne mal fragen, ja, inwiefern unterscheidet
00:18:16: sich dann ein Kreisdiagramm an der Art der Informationsvermittlung hinsichtlich, also
00:18:21: jetzt im Vergleich zum Balken- oder Liniendiagramm? Ja, der Kreis ist immer das Ganze, und das bringt
00:18:27: er ja immer schon als Objekt mit, also es ist immer die 100 Prozent vorgegeben. Und wenn wir
00:18:32: jetzt Streifendiagramme haben oder einfach erst mal Balkendiagramme, da haben wir mehrere Balken,
00:18:37: die unterschiedlich hoch sind, ich habe aber das Ganze nicht direkt visualisiert. Und das heißt,
00:18:41: ich kann auch diese Balken nicht mit anderen Balkendiagrammen vergleichen. Und das Streifendiagramm,
00:18:48: das ist zwar ein Streifen, der auch für 100 Prozent steht, also das Ganze recht eckig
00:18:53: abbildet und dann eben in bestimmte Anteile färbt, aber ich kann auch dieses Streifendiagramm nur
00:18:59: vergleichen mit anderen Streifen, wenn die exakt in der gleichen Länge runtergezeichnet sind. Ich
00:19:04: kann nicht einfach beliebige Streifendiagramme vergleichen, weil das Ganze ja eventuell anders
00:19:09: gezeichnet ist, also eine andere Länge hat. Und der Kreis, ein gleicher Anteil, also wenn ich irgendwo
00:19:16: 20 Prozent habe, egal was da jetzt gerade 20 Prozent in welchem Kontext das ist, die sehen immer
00:19:22: gleich aus. Der Durchmesser des Kreises kann zwar variieren, aber der Winkel ist immer gleich. Und
00:19:27: das heißt, dass ich dadurch auch sehr, sehr gut verschiedene Kreisdiagramme vergleichen kann,
00:19:33: wenn ich jetzt meint, wegen die Lieblingshaustiere von verschiedenen Parallelklassen mal abbilden
00:19:38: will. Das sehe ich sofort. Bei allen sind die Hunden die meisten, aber da in der einen Klasse sind
00:19:42: mehr unter als in der anderen. Und das ist etwas, was direkt die Größenordnung andeutet. Das ist
00:19:50: übrigens auch der Grund, warum das Kreisdiagramm eigentlich gar nicht so gut geeignet ist in der
00:19:55: Bruchrechnung, um ein Verständnis für einen Bruch zu entwickeln. Weil für Schülerinnen und Schüler,
00:20:00: wenn die jetzt ein Viertel ist, immer immer 90 Grad Winkel. Das heißt, das Viertel sieht immer
00:20:05: gleich aus. Und die werden aber das Bruchverständnis nur erlernen, wenn sie auch mal mit Rechtecken
00:20:11: oder Streifen arbeiten, wo eben das Viertel nicht immer gleich aussieht, sondern wo die Kästchen
00:20:16: auch mal unterschiedlich oder die Streifen auch unterschiedlich aussehen können. Und darum ist es
00:20:20: gerade für ein Verständnis der Bruchrechnung so wichtig, auch andere Diagramme dazu zu nehmen,
00:20:26: weil sonst das Ganze ja nie als Besonderheit wahrgenommen wird. In allen anderen Diagrammen
00:20:31: muss ich mir Gedanken über das Ganze machen. Also das ist etwas, was auch dieses Kreisdiagramm
00:20:35: jetzt hier wieder in der Datendarstellung so besonders macht und natürlich auch dann nur
00:20:40: sinnvoll macht, wenn ich wirklich auch Aussagen mit 100 Prozent habe und nicht einfach sonst
00:20:46: irgendwelche Sammlungen verdaten, wo die 100 Prozent-Regel keinen Sinn macht.
00:20:51: Ja, das war mir auch tatsächlich noch nicht so bewusst, dass man den Vergleich zwischen
00:20:56: verschiedenen Diagrammenformen natürlich mit dem Kreisdiagramm deutlich besser hinkriegt,
00:21:00: ist aber auch logisch. Ja, so, wir sind schon recht weit und ich würde gerne noch an dieser Stelle
00:21:06: dann doch noch mal die fünfte These in den Raum werfen, denn wir haben jetzt natürlich ganz
00:21:11: viel in der Geometrie, und ich würde das gerne nochmal auf andere Mathematische Zusammenhänge
00:21:17: vielleicht zusammenbringen. Und zwar würde ich die These in den Raum werfen, auf dem Weg zum
00:21:22: Umfang und Flächeninert von Kreisen lässt sich viel über Genauigkeit und Funktionale
00:21:27: Zusammenhänge lernen. Und dazu auch gleich noch einen kleinen Impuls vielleicht. Also wenn wir
00:21:36: um Genauigkeit sprechen zum Beispiel, dann ist ja die Zahl Pi zum Beispiel jetzt eine vielleicht die
00:21:41: im Kreiskontext eben halt eine große Besonderheit hat und bei der man schon seit Jahren versucht,
00:21:47: exakt alle Nachkommersstellen und so weiter zu berechnen. Ja, genau, also welche Rolle spielt Pi
00:21:52: in diesem Kontext? Also wie beeinflusst sie das Verständnis für die Genauigkeiten der Mathematist?
00:21:57: Oder ist die Frage zu speziell? Nein, nein, nein, ist schon klar. Sie stellt sich eigentlich schon
00:22:05: schon vorher. Also die erste Frage nach der Genauigkeit stellt sich ja schon. Wir haben am
00:22:11: Anfang gesagt, der Kreis ist gleichzeitig maximal einfach und auch maximal komplex. Und das Komplex
00:22:16: ist eben das Runde, die Rundeform. Und die Rundeform kann ich nur durch Annäherung erschließen. Also
00:22:22: wenn ich die Fläche bestimmen will, dann muss ich Millimeterpapier oder erst mal Kästchenpapier
00:22:27: drunter legen. Und wenn mir das nicht ausreicht in der Genauigkeit, dann muss ich eben Millimeterpapier
00:22:33: nehmen. Und in der Vorstellung kann ich dann sagen, jetzt mache ich noch ein Millimeter,
00:22:36: Millimeterpapier oder sowas oder nicht Millimeterpapier und nähere mich immer weiter. Und ähnliches
00:22:41: ist natürlich oder steckt natürlich auch letzten Endes in der Kreisalpi drin. Es ging auch darum,
00:22:49: die Kreisfläche anzunehmen und man hat das eben über drei Ecke bzw. sechs Ecke und ähnliches
00:22:55: gemacht zwölf Ecke. Und daraus sind die ersten Nährungen für Pi entstanden. Also in der Bibel ist
00:23:02: Pi ja drei. Er macht ein Meer. Irgendwie gibt es da so ein Zitat aus der Schöpfung und da kann man Pi
00:23:08: gleich drei rauslesen. Aber schon Archimedes hat ja auf dieses drei ein siebtelne sehr, sehr genaue
00:23:13: Schätzung von Pi gemacht und er kam, glaube ich, aus dem 96-Eck darüber. Also wirklich durch Berechnungen.
00:23:19: Und die Stellen von Pi hat man am Anfang wirklich auch durch solche Verhältnisseflächeumfang,
00:23:24: durch solche Nährungsweisen Berechnungen gemacht. Und irgendwo hat jemand da auch einer relativ
00:23:30: frühen Stelle mal einen Fehler gemacht und dann jahrelang mit dem Fehler weitergerechnet. Also
00:23:36: auch das ist jetzt nochmal eine ganz... Es ist einfach... Stecken ganz viele, viele Mythen und
00:23:41: Historien in dem Pi drin. Also von daher ist das auch eine Zahl, die die Schüler fasziniert,
00:23:45: gerade weil man nie sagen kann, wie es weitergeht. Und dass da irgendwie nie ein Rhythmus ist. Und
00:23:51: das ist von daher schon eine sehr, sehr besondere Zahl, die die Schurrenschüler relativ früh
00:23:56: eigentlich kennenlernen. Ja. Ich habe mal gelesen, dass man immer sein Geburtsdatum irgendwo an einer
00:24:02: Stelle in der Zahl Pi findet. Genau. Es ist im Prinzip, denke ich, auch dieses, dass sie so
00:24:08: unendlich lange ist. Und warum sollte da nicht irgendwann mal diese Zahlenkombination auch vorkommen?
00:24:13: Also das ist... Von daher kommen wir über die Kreiszahl Pi natürlich auch ganz,
00:24:19: ganz schnell in Kontexte mit Unendlichkeit und auch mit unendlicher Verfeinerung hinein. Also
00:24:25: das ist ja auch dieser Aspekt, der ja bis in die Oberstufe extrem weit trägt. Und das ist das
00:24:29: erste Mal, dass die Schurrenschüler jetzt an diesem Thema Kreis solche Aspekte der Iteration und
00:24:34: des zunehmenden Verfeinerns erleben. Also so wie man die Kreisfläche berechnet, berechnet man ja
00:24:39: später auch letzten Endes von der gleichen Idee ja auch integrale. Also von daher kommen da schon
00:24:45: sehr, sehr viele Kernideen der Mathematik hinein. Ja. Genau. Und es ist natürlich auch noch so,
00:24:52: dass wenn man die Umfängen oder Umfangen und Flecken halt versucht zu ermitteln, dass man
00:24:57: natürlich auch schnell zu den mathematischen Funktionen kommt. Ja klar. Klar. Der Umfang ist
00:25:03: ein linearer Zusammenhang, die Fläche quadratisch. Und das ist auch etwas, was man immer in vielen
00:25:09: Kontexten erleben kann. Also in dem Heft ist ja auch ein Artikel drin zum Londoner Riesenrat. Und
00:25:17: dass die Schüler dann auf einmal sehen, ja, wenn der Umfang doppelt so groß ist und sonst eben
00:25:21: entsprechend alles gleich bleibt, dann brauche ich doppelt so lang für die Umrandung, also für
00:25:26: die Umfahrung. Und das ist ja praktisch dann bei doppeltem Umfang. Ist der Radius, ist der Umfang
00:25:32: doppelt so groß. Und das ist der lineare Kontext ganz deutlich. Und wir merken, dass es für
00:25:37: Schülerinnen und Schüler schwierig ist, quadratische Flächeninhalte, also quadratische Kontexte wie
00:25:42: den Flächeninhalt zu analysieren. Also so wahrzunehmen, was das bedeutet, wenn ein Kontext
00:25:49: quadratisch ist, dass wenn ich den Radius verdopple, ich tatsächlich die Fläche vervierfache. Solche
00:25:54: Punkte sind für die erst mal viel schwieriger wahrzunehmen. Beim Pizza essen kann man es merken
00:25:59: vielleicht. Ja genau. Die etwas größere Pizza nennen und denken, oh, das war was so viel jetzt.
00:26:05: Genau. Okay. Ursula, wir nähern uns dem Ende unserer heutigen Folge. Und du hast uns richtig
00:26:15: viel über den Kreis berichten können. Möchtest du zum Abschluss noch den Hörer*innen irgendetwas
00:26:23: mitteilen? Oh ja, vieles habe ich schon mitgeteilt. Also viel von den Aspekten, die mir auch im
00:26:30: Mathematikunterricht wichtig sind, sind jetzt sicher schon auch in sehr, sehr konkreten Aspekten
00:26:37: angeklungen. Aber ich glaube, das, was wir jetzt hier zum Thema Kreis gemacht haben oder besprochen
00:26:43: haben, dass das in vielen, vielen anderen Themen auch möglich ist, nah am Alltag und am Erleben
00:26:51: der Schülerinnen und Schüler zu sein und eben auch Verbindungen herzustellen, gerade mit Blick
00:26:56: auf die Kompetenzen. Die Zusammenhänge hier zum Beispiel auch zwischen den verschiedenen Leitideen,
00:27:02: dass da man tatsächlich immer mehr versteht, durch solche Kontexte und auch Verbindungen
00:27:10: zu schaffen. Und der Kreis ist da eben relativ fast ideal, gut geeignet, weil es eben da keine
00:27:18: Konkurrenzprodukte gibt, die da reinkommende ist eben in der Form und in dem, was die Mathematik
00:27:23: dann angeht, sehr, sehr einzigartig. Ja, vielen Dank, Ursula, für diese wertvollen Einblicke und
00:27:30: auch motivierenden Worte. Also ich habe richtig gemerkt, aus dir sprudelt es so heraus. Also es
00:27:34: macht Spaß, dir zuzuhören und motiviert auch, sich selber dann doch nochmal mit dem Kreis zu
00:27:39: beschäftigen. Also ein großes Dankeschön an dich, ein großes Dankeschön an alle, die heute zugehört
00:27:45: haben. Wir hoffen oder ich hoffe, dass ihr aus dem Gespräch einige nützliche Ideen und Inspiration
00:27:51: für eure eigene Unterrichtsarbeit mitnehmen konnt. Bleibt neugierig und engagiert in der
00:27:57: Welt des Lernens und der Mathematik. Ciao, ciao. Tschüss. Das war Einfachunterrichten,
00:28:06: der Podcast von Friedrich Plus aus dem Friedrichverlag. Wir bringen innovativen Unterricht
00:28:13: für Lehrkräfte auf den Punkt.
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