Deutsch: Nichtstun kostet mehr, als die Initiative zu ergreifen
Shownotes
Lesen ist der Schlüssel zu Teilhabe, Mündigkeit und eigenständigem Lernen – wesentliche Voraussetzungen für Selbstständigkeit in der Gesellschaft. Doch Studien zur Lesekompetenz offenbaren immer wieder alarmierende Ergebnisse und neben Elternhaus und Kindergarten bleibt die Schule weiterhin der zentrale Ort, an dem das Lesen aktiv gefördert werden muss. Das gilt heute nicht mehr nur für die Grundschule, sondern verstärkt auch für weiterführende Schulen.
Doch wie gelingt es, Kinder zum Lesen zu motivieren? Wie lässt sich mehr Zeit für Lesen und gezielte Leseförderung gewinnen? Und welche Maßnahmen haben sich bisher bewährt?
Mehr dazu erfährst du in der Ausgabe 309 von Praxis Deutsch erschienen im Friedrich Verlag.
Im Podcast hörst du Moderatorin Veronika Obermeier im Gespräch mit Prof. Astrid Müller (Deutsch-Didaktiker:innen und Herausgeberin).
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00:00:00: Einfach unterrichten der Podcast von Friedrich Plus aus dem Friedrich Verlag. Wir bringen
00:00:10: innovativen Unterricht für Lehrkräfte auf den Punkt. Herzlich willkommen beim Podcast einfach
00:00:17: unterrichten vom Friedrich Verlag. Heute geht es um ein Thema, das bestimmt nicht nur mir auf
00:00:22: den Nägeln brennt und ich bin sehr gespannt, was die neue Ausgabe von Praxis Deutsch und natürlich
00:00:28: vielmehr noch meine heutige Gesprächspartnerin Astrid Müller dazu zu sagen hat. Lesen! Liebe Astrid,
00:00:34: bevor wir einsteigen, noch kurz zu uns, du bist Professorin für die Daktik der deutschen Sprache
00:00:39: an der Universität Hamburg mit Schwerpunktlese und Rechtschreibförderung und mit Herausgeberin
00:00:44: dieser Zeitschrift. Mein Name ist Veronica Obermeier und ich arbeite am Institut für
00:00:49: Digitales Lernen und bin zu dem Lehrerin für Deutsch und Englisch am Gymnasium. So,
00:00:54: aber nun zum Thema. Der Pisa-Shock steckt uns ja immer noch in den Knochen und dass unsere
00:01:00: Schülerinnen und Schüler häufig keine guten Lesekompetenzen haben, hört man quasi täglich in
00:01:05: den Lehrerzimmern der Republik. Vielleicht sollten wir erstmal eine Bestandsaufnahme machen,
00:01:11: Astrid. Wie steht es denn um das Lesen momentan? Ja, also ich würde am liebsten nicht sofort mit dem
00:01:18: großen Lamento beginnen, sondern vielleicht einmal überhaupt so ganz ja vielleicht ein bisschen mit
00:01:26: einer kleinen Außenperspektive auf das Lesen schauen, denn es ist ja einfach so, dass das Lesen
00:01:32: in den letzten Jahren, Jahrzehnten eine sehr starke Konkurrenz bekommen hat. Texte sind,
00:01:39: geschriebene Texte sind einfach nicht mehr das Leitmedium, denn wir haben es zu tun mit einer
00:01:46: absolut multimedialen, multimodalen Informationsgesellschaft und Selbstgeneration, die so wie
00:01:54: ich noch mit dem Buch als Leitmedium aufgewachsen sind, nutzen ganz andere Medien zur Unterhaltung,
00:02:01: zur Wissenserweiterung, um mitreden zu können. Das beste Beispiel liefert ja unser Podcast. Wir
00:02:08: reden über das Lesen und wir fordern Menschen auf, uns zuzuhören. Natürlich ist damit auch
00:02:17: verbunden der Appell. Schauen Sie bitte auch in die Ausgabe von Praxis Deutsch und lesen Sie die
00:02:24: Texte, die dort stehen. Ja, und auch wenn man sich sonst umschaut beim Bahnfahren zum Beispiel,
00:02:31: viele Menschen sitzen auch nicht mehr Junge mit Kopfhörern und mit einem digitalen Endgerät
00:02:38: und hören Hörbücher und anderes oder schauen Videos und so weiter und so fort. Und wenn man
00:02:46: dann vergleicht, wie viele Lesen tatsächlich Texte, dann ist es doch schon eine viel geringere
00:02:51: Zahl. Und wenn wir uns anschauen, zum Beispiel auch die Daten, die immer auch der Börsenverein des
00:02:59: deutschen Buchhandels uns liefern, dann wird deutlich, dass die Zahlen zum Beispiel Buchverkäufe
00:03:07: insgesamt zurückgegangen sind. Aber interessanterweise gerade bei den jugendlichen Lesern und Lesern ein
00:03:15: Zuwachs zu verzeichnen ist. Und spätestens seit der Frankfurter Buchmesse wissen wir um ja diese
00:03:21: neue, also diesen Hype, um die leichten Liebesromane, also diese New-Edit Literatur. Und das ist für
00:03:32: mich eben ein Zeichen, dass gerade so im Bereich des Lesens die Schere wieder weiter auseinander
00:03:39: klafft. Das heißt, wir haben eine Gruppe von jungen Menschen, vorrangig junge Frauen, die sehr,
00:03:45: sehr, sehr viel lesen und die sehr viel Zeit mit Literatur verbringen. Und dann haben wir auf
00:03:53: der anderen Seite eben sehr, sehr viele Kinder und Jugendliche, die kaum noch Berührungen mit gelesenen
00:03:59: Texten haben. Und das zeigt sich eben auch sehr deutlich. Jetzt muss ich dann doch ein bisschen das
00:04:05: Dilemma zeigen. Das zeigt sich unter anderem in den ganzen empirischen Untersuchungen, die wir haben.
00:04:13: Gerade die Gruppe derjenigen, die mit sehr geringen Lesefähigkeiten ausgestattet sind, nimmt in
00:04:23: Deutschland weiter zu. Wir haben in der Grundschule, also Iglu-Untersuchung, ist ja die, die Viertklässlerinnen
00:04:30: und Viertklässler untersucht. Wir haben hier ein Viertel, fast ein Viertel der Kinder, die
00:04:37: nicht auf der sogenannten Kompetenz Stufe 2. Das ist also so, dass man ja mit Texten eben gut
00:04:44: klar kommt, lesen kann. Auch die PISA-Studie hat uns das wieder gezeigt. Ich sage inzwischen, wir
00:04:51: hatten PISA-Shock 1 und wir haben jetzt den PISA-Shock 2. Es wird dann immer viel drüber geredet und
00:04:58: irgendwann scheint es so, als wenn wir wieder so weitermachen wie vorher und es von den vielen
00:05:07: Ratschlägen und Empfehlungen dann vielleicht doch nicht mehr so viel übrig bleibt. Das hat
00:05:13: natürlich viele, viele Gründe, also unter anderem die Konkurrenz, die das lesen hat zu anderen Medien,
00:05:20: aber natürlich auch die veränderte Schülerschaft. Wir haben in Hamburg über 50 Prozent von Kindern
00:05:27: in Grundschulklassen, die einen sogenannten Migrationshintergrund, eine Migrationsgeschichte
00:05:34: haben. Und da ist es einfach so, dass man von den Elternhäusern in vielen Fällen eben nicht
00:05:39: verlangen kann, dass sie das, was wir immer wieder als Lese- und Lesemotivationsförderlich
00:05:46: ansehen, tatsächlich betreiben können, dass sie ihren Kindern vorlesen können. Denn es gibt
00:05:51: häufig wenig oder kaum geeignete Bücher in der Herkunftssprache der Kinder zum Beispiel und
00:05:58: die Deutschkenntnisse der Eltern sind dann häufig eben nicht so, dass ihr erster Gang nach der
00:06:03: zweiten Sitzung in einem Sprachförderkurs in die Bibliothek ist, um sich Bücher für die Kinder
00:06:09: auszuleihen. Insofern ist ja die Schule ist die Kita noch stärker in der Pflicht als sonst gerade
00:06:18: auch diese Kinder viel, viel stärker in den Blick zu nehmen, damit wir eben nicht die Situation
00:06:23: haben, dass unsere Schere irgendwann so weit auseinander geht, dass sie kaum noch zusammen
00:06:28: zu kriegen ist. Ja, ich glaube, das kann man jetzt finden, wie man möchte, dass die Elternhäuser das
00:06:33: eben nicht mehr so gut stemmen können, die Kinder zum Lesen, zum Motivieren oder auch schon im
00:06:38: kleinsten Alter mit vorlesen zu beginnen. Es ändert nichts daran, dass wir die Situation
00:06:43: jetzt so haben und dass wir uns darum kümmern müssen. Ich habe in den letzten Jahren viele
00:06:47: Bemühungen seitens der Ministerien und der Wissenschaft und so weiter, was man jetzt alles
00:06:52: machen könnte, um Lesen zu fördern, mitbekommen. Was hat sich denn davon bewährt? Also gibt es
00:07:01: Maßnahmen, die gefruchtet haben? Das kann man so pauschal gar nicht sagen, denn Lesen ist ja
00:07:09: nun etwas, was im Unterschied zum Beispiel zum Rechtschreiben nicht nur im Klassenraum stattfindet
00:07:17: und nicht nur da gefördert wird. Wenn wir eben Kinder haben, die von zu Hause aus einen guten
00:07:25: Kontakt zu Büchern haben, du hast schon gesagt, Vorlesen im Elternhaus, sich über Bücher auch
00:07:32: verständigen zum Beispiel, sind ja Dinge, die wir nicht unbedingt auch beobachten bzw. auch
00:07:40: beforschen können und insofern ist es immer schwer zu sagen, was hilft tatsächlich. Aber es gibt so
00:07:49: zwei, drei Dinge, von denen man sagen kann, dass wir hier gut ansetzen müssen und auch können. Es ist
00:07:59: zum Beispiel so, dass die Iglu-Studie, also Viertklasser gezeigt hat, dass in deutschen
00:08:05: Klassenzimmern ungefähr eine Stunde in der Woche weniger gelesen wird als im internationalen
00:08:12: Durchschnitt. Da könnte man zum Beispiel gut ansetzen, dass man tatsächlich die Zeit, die für
00:08:18: das Lesen in Klassenzimmern verbracht wird, erhöht. Und das bedeutet nicht, dass diejenigen,
00:08:25: die schlecht lesen, dann in der Mittagspause lesen müssen, wenn die anderen draußen Fußball spielen
00:08:31: dürfen, sondern, dass es tatsächlich feste Lesezeiten im Ablauf der Schulwoche gibt, die
00:08:40: tatsächlich für das Lesen genutzt werden und eben nicht unter Zwang und ihr müsst jetzt, sondern
00:08:46: tatsächlich auch mit Möglichkeiten die Kinder und Jugendliche tatsächlich vielleicht auch
00:08:51: ansprechen. Dazu gehört nicht nur der schöne Lesesessel im Klassenzimmer, sondern dazu gehören
00:08:57: auch vielfältige Zugänge auch zu Büchern. Also wir haben zum Beispiel in der aktuellen Praxis
00:09:05: Deutsch-Ausgabe ein Modell zu Lesepartenschaften, die inzwischen so ist mein Eindruck zumindest
00:09:14: für die Mittelstufe sehr etabliert sind. Und hier ist es zum Beispiel ganz großartig, dass eben
00:09:20: zwei Kinder sich gegenseitig aus einem Buch vorlesen können, dass sie auch, wenn ihnen das
00:09:26: nicht gefällt, entscheiden können, dass sie ein anderes Buch wählen und dass es immer auch die
00:09:31: Möglichkeit gibt, sich über das Buch auszutauschen und über das Gelesene zu sprechen, also die
00:09:37: sogenannte Anschlusskommunikation auch so im Kleinen möglich ist und es verhindert, dass man
00:09:42: im großen Klassenraum vorliest und das vielleicht gar nicht so gut kann und so weiter und sofort. Und
00:09:49: wir haben auch wunderbare Modelle, finde ich, in der Ausgabe, die eben auch ganz andere methodische
00:09:55: Zugänge, auch viel kleiner dann, dass man eben auch Wörter untersucht zum Beispiel in Texten
00:10:01: einfach nutzen, um eben Zugänge zum Lesen zu haben. Das heißt, also mehr Lesen wäre für
00:10:09: mich schon etwas, was unabdingbar ist und was auch relativ gut funktioniert. Wir haben in Hamburg
00:10:18: genauso wie in allen anderen Bundesländern natürlich dann auch Initiativen, die das Lesen
00:10:23: stärken sollen und interessanterweise ist ja gerade Hamburg auch das Bundesland, das nicht so stark
00:10:30: abgefallen ist. Also man kann nicht sagen, wir haben zugelegt, sondern leider sind die anderen
00:10:34: ein schlechter geworden, sodass Hamburg sich doch
00:10:39: ziemlich im Bereich Lesen vorgearbeitet hat und ich führe das unter anderem
00:10:45: darauf zurück, dass wir seit vielen Jahren Fortbildungsangebote haben für
00:10:49: Lehrkräfte, damit sie eben auch ihre ja methodische Vielfalt einfach auch
00:10:55: entwickeln konnten und das zum Beispiel so etwas wie das Leseband als eine Form der
00:11:02: Leseförderung in vielen Klassenzimmern in der Grundschule aber jetzt auch
00:11:07: zunehmend in der Sekundarstufe 1 etabliert ist und die Lehrkräfte
00:11:11: tatsächlich aufgefordert sind, 20 Minuten mindestens an einem Schultag dann auch
00:11:19: zu lesen und auch unterschiedliche Formen des Lesens dabei zu nutzen, dass dann
00:11:24: trotzdem einige wenn vorgelesen wird, nicht unbedingt im Buch mitlesen, das
00:11:29: steht auf einem ganz anderen Blatt, aber es gibt das Angebot sich vorlesen zu
00:11:35: lassen, selbst mit anderen Kindern zu lesen, auch mal Übertexte zu sprechen, so
00:11:43: dass hier eben wirklich eine gute Möglichkeit ist, um eben auch das, was
00:11:47: bis in die bis zum Ende der Sekundarstufe 1 fehlt, die Entwicklung der
00:11:53: Basalenlesefähigkeiten tatsächlich dann auch zu entwickeln. Das ist etwas, was
00:12:00: uns ja allen auffällt, dass eben gerade diese Basalenfähigkeiten, dass wir
00:12:05: nicht mehr davon ausgehen können, dass Kinder, die in die Sekundarstufe kommen,
00:12:09: wirklich gute Basalenlesefähigkeiten haben. Ja, das ist mir auch aufgefallen.
00:12:14: Als ich mir die Modelle angeguckt habe, habe ich gesehen, ihr habt ja viel so von
00:12:18: der vierten bis zur sechsten Klasse etwa und spannend fand ich daran und da musste
00:12:22: ich mich auch selbst an der Nase nehmen. Lesen ist ja ein großes Thema und häufig
00:12:26: ist man dann ja so mit seinem Stoff beschäftigt im Klassenzimmer, dass man
00:12:30: da jetzt viel aufs Lese verstehen eingeht, weil das braucht man ja nun mal auf
00:12:35: alle Fälle, klar, aber die Basalenlesefähigkeiten, da gehen wir ab der
00:12:41: fünften so aus, das bringen die Kinder doch sowieso mit und das glaube ich ist
00:12:45: nicht mehr immer der Fall und was vor die Schere angesprochen, ich glaube, ich
00:12:50: kann ja zustimmen, wir müssen uns auf die Kinder konzentrieren, die an diesem
00:12:53: einen Ende der Schere sind, weil wir die eben völlig zu verlieren drohen.
00:12:57: Diese Basalenfähigkeiten, da war ich sehr überrascht, wie viele Modelle es gibt.
00:13:01: Ich fand auch diesen Leseladen sehr schön, da kommt oder eben auch das, wo
00:13:06: man ganz verschiedene Fähigkeiten, ich darf eine Karte ablochen, wenn ich eine
00:13:10: bestimmte Aktivität gemacht habe, da könnte ich mir vorstellen, mit diesem
00:13:14: Material kann man das sehr schnell ins Klassenzimmer bringen, ohne dass man
00:13:18: jetzt eben viel vorbereiten muss und es sind sehr vielfältige Aktivitäten, weil
00:13:22: dass wir dieses Lesen so ein bisschen in den informellen Bereich eigentlich
00:13:27: holen, dass das zu zweit stattfindet, ich, du, wir, Würfel, das ist was, das muss
00:13:32: nicht immer von der Lehrkraft überwacht werden, sondern das darf ich auch mal so
00:13:35: machen, glaube ich, befähig die Kinder schon, vielleicht sich auch zu Hause mal
00:13:40: zu denken, ach, das setze ich mich auch mal gemütlich hin und nehme mir vielleicht
00:13:44: das Buch, das ich mir aus der Schülerbücherei mitgebracht habe, das so.
00:13:47: Ja, ja und das ist ja eben auch das Besondere am Lesen, das ist tatsächlich
00:13:52: individuelle Zugänge erlaubt. Die kann ich natürlich auch haben, wenn ich ein
00:13:58: Hörbuch höre oder wenn ich einen Film schaue, aber wie gut ist es möglich, beim
00:14:04: Lesen eben meine Geschwindigkeit an mein Verstehen anzupassen, wenn ich es kann,
00:14:09: das setzt natürlich voraus, dass ich eine entsprechende Lesengeschwindigkeit habe.
00:14:14: Wie gut kann ich dann auch mal sagen, auch der Abschnitt interessiert mich jetzt
00:14:17: nicht so, kann ich mal so drüber gucken und dann lese ich weiter.
00:14:22: Das geht natürlich auch im Film, aber beim Lesen geht es viel, viel einfacher und
00:14:28: besser. Wie schön kann ich dann auch, wenn das mein eigenes Buch ist, vielleicht
00:14:33: auch mal ein Fragezeichen dran setzen oder mir auf einem Zettel dann auch Randnotizen
00:14:40: machen, darüber möchte ich später nochmal sprechen oder eben in der
00:14:43: Situation, wenn ich mit jemand anders lese, sei es Mutter, Vater oder eben ein
00:14:49: Lesepartner in der Klasse, wie gut kann ich da die Gelegenheit nutzen, um dann
00:14:54: zu sagen, das verstehe ich nicht oder das finde ich jetzt aber unmöglich, wie das
00:14:57: sich verhält. Das ist nicht so, dass diese Individualität, die ich beim
00:15:06: Lesen nutzen kann, wirklich für die Kinder auch zu einer Qualität werden kann
00:15:11: und da ist du vollkommen recht, wenn das immer nur so im großen Klassenraum
00:15:16: initiiert wird, dann geht genau diese Individualität eben auch ein wenig
00:15:20: verloren und das auch als eine Stärke von lesendem Vorgehen auch deutlich zu
00:15:27: machen, erfahrbar zu machen, das finde ich mindestens genauso wichtig wie als
00:15:33: erster Ratschlag war ja mehr Zeit, wie eben mehr Zeit in das Klassenzimmer für
00:15:38: das Lesen zu bringen und so eben auch eigene Deutungen zuzulassen und nicht
00:15:45: dann sofort darauf hinzuarbeiten mit der ganzen Klasse, also was ist jetzt die
00:15:50: Deutung, die alle haben sollen. Davon können ja vor allen Dingen Schülerinnen und
00:15:57: Schüler, die eher in der Oberstufe sind, ja auch das eine oder andere Lied singen.
00:16:02: Oberstufe war gerade ein schönes Stichwort. Ich möchte noch zuletzt kurz auf die
00:16:06: Modelle für die älteren Schülerinnen und Schüler eingehen. Da fand ich sehr
00:16:11: spannend, dass ihr sowas wie recherchiert mal im Internet, was wir häufig gern mal
00:16:17: sagen, dass das mal ganz strukturiert angeleitet wird und mal wirklich die
00:16:22: Kompetenzen, die man dazu braucht, hervorgeholt werden und das andere ist
00:16:28: ein Modell, das gefällt mir sehr gut, weil es diese Struktur eines Textes
00:16:33: herausarbeitet und wir das sehr gut methodisch angeleitet machen können
00:16:39: mit dem Modell. Und zwar meine ich das mit den Klebezetteln. Kannst du vielleicht
00:16:42: dazu kurz noch was sagen? Ja du meinst das Modell zum Color Coding von Mike
00:16:47: Philipp. Das ist genau so etwas, wo der Leseprozess wirklich Schritt für
00:16:53: Schritt unterstützt wird und wir haben jetzt viel geredet über Lesen,
00:16:59: literarischer Texte und hier geht es in erster Linie um Informationstexte und
00:17:05: da komme ich um das Lesen nicht herum, denn die Komplexität, die wir haben, die
00:17:10: lässt sich eben so wie wir das jetzt im Podcast ein bisschen versuchen, ganz
00:17:14: häufig in der mündlichen Kommunikation nicht so leisten und insofern ist dieses
00:17:19: Color Coding also sich genau zu bestimmten Dingen dann im Text auch
00:17:26: Markierungen setzen und dann auch mit Randnotizen oder auch mit Klebezetteln
00:17:31: zu arbeiten, ist das ein wunderbares Modell, das ich wirklich auch einen empfehlen
00:17:36: würde. Ich mag aber im Übrigen auch das zu Lyrik sehr, sehr gern. Ich habe ja
00:17:40: schon gesprochen über die individuellen Zugänge, die das Lesen
00:17:45: einfach auch ermöglichen und da finde ich das Modell zu Lyrik mindestens
00:17:51: genauso wichtig und schön. Du hast aber auch angesprochen, recherchieren im
00:17:55: Internet, das ist ja häufig recherchiert mal und wir wundern uns dann über die
00:18:00: Ergebnisse, die dann die Schülerinnen und Schüler mitbringen. Wir haben hier ein
00:18:04: Modell, da geht es um die Stolpersteine, die es hier in vielen Städten gibt und
00:18:11: hier wird gezeigt, wie komplex das recherchieren sein kann und welche
00:18:18: Hilfen ich eben auch geben kann, um dann Recherchemöglichkeiten dann auch zu
00:18:24: schaffen und auch ein bisschen zu unterstützen beim recherchieren. Also
00:18:28: alles Modelle, die sich sehr gut im Alltag auch mit einem vollen Lehrplan
00:18:33: unterbringen lassen und ich habe jetzt daraus gelernt, immer nur Absätze
00:18:39: zusammenfassen und eine Überschrift finden reicht nicht. Unsere Ergebnisse in
00:18:44: den Studien sind so schlecht, dass wir wirklich handeln müssen und lieber mal
00:18:49: eine Maßnahme ausprobieren, die vielleicht nicht so gut funktioniert, als
00:18:53: gar nichts zu tun und mit den vorgeschlagenen Modellen hier, die
00:18:57: sich auch auf andere Texte umlegen lassen, glaube ich, haben wir dann ein schönes,
00:19:01: breites Set an Maßnahmen, die eben die unterschiedlichen Kompetenzen umsetzen.
00:19:05: Ja, ich würde gerne noch eine dritte, also wir haben ja gesagt, mehr lesen,
00:19:12: vielfältige methodische Zugänge zum Lesen bieten und eine dritte wichtige
00:19:17: Sache ist die, die sich Kirsten Beuer, wir haben ein Interview mit Kirsten Beuer in
00:19:23: der Ausgabe, weil sie im März '75 wird und ich sehe, deswegen interviewen durfte.
00:19:30: Wir haben einen, ich habe sie nach einem Wunsch gefragt, die Kirsten Beuer an die
00:19:35: Lehrkräfte zu ihrem halbrunden Geburtstag und sie hat sich gewünscht, lesen sie.
00:19:41: Und das möchte ich sehr, sehr gern, als eine dritte, wichtige Möglichkeit, das
00:19:48: Lesen zu fördern und zu unterstützen, an unsere Lehrerin und Lehrer weitergeben,
00:19:54: lesen sie, informieren sie sich über aktuelle Kinder- und Jugendliteratur,
00:19:59: zeigen sie sich ihren Schülerinnen und Schülern tatsächlich als Menschen, die
00:20:04: mit Büchern leben, ohne dass das dann sofort so was ganz Abgehobenes vielleicht
00:20:10: ist, ja die kann das ja auch, die hat studiert oder sonst was, sondern
00:20:14: offenbaren sie sich ihren Schülerinnen und Schülern als diejenigen, die Interesse
00:20:19: haben an Literatur, ja nicht nur an Literatur, also wenn wir an schön
00:20:23: geistige Literatur denken, sondern auch an Büchern zu Informationsthemen zum
00:20:29: Beispiel, so dass es tatsächlich auch Vorbilder im Klassenraum gibt und dass
00:20:35: ihre Schülerinnen und Schüler sich vielleicht auch trauen, ihnen selbst mal
00:20:38: von ihrer Lieblingslektüre zu berichten oder ihnen sogar Bücher anbieten, die
00:20:44: sie selbst vielleicht dann auch lesen sollen, das wäre etwas, was ich so als
00:20:49: drittes gerne mit auf den Weg geben würde.
00:20:52: Sehr schön, also lesen sie gleich mal diese Ausgabe und dann weiter.
00:20:58: Danke für das schöne Gespräch Astrid, alles Gute dir, tschüss.
00:21:03: Das war "Einfach unterrichten", der Podcast von Friedrich Plus aus dem Friedrichverlag.
00:21:13: Wir bringen innovativen Unterricht für Lehrkräfte auf den Punkt.
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