Warum Noten nicht alles sind

Shownotes

Wie wichtig es ist, Leistung aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, vermittelt dieser Podcast. Bloße Ziffernnoten können die tatsächlich erbrachte Leistung meist nicht abbilden und was wird überhaupt benotet? Die Anstrengung und der Zugewinn während des Lernprozesses oder nur das Ergebnis? Für eine sinnvolle Leistungsbewertung sind daher Kriterien notwendig, um auch Aspekte wie soziale Kompetenz, Motivation oder den Lernfortschritt zu dokumentieren.

Praxistipps:

  • Lerne unterschiedliche Methoden kennen, um Leistung zu dokumentieren.
  • Erfahre, wie Noten in einem Dialog mit Schüler:innen zu einem motivierenden und nachvollziehbaren Ergebnis führen können, der den Lernprozess unterstützt.
  • Erfahre, wie sich Prüfungsformate durch die Nutzung von KI verändern müssen und welche Chancen KI bietet.

Mehr dazu erfährst du in der Ausgabe 29 „Leistung bewerten“ von Klasse leiten, erschienen im Friedrich Verlag.


Im Podcast hörst du die Bildungsexpertin Kati Ahl im Gespräch mit Matthias Martens (Professor für Schulforschung an der Universität zu Köln, wiss. Leiter der Inklusiven Universitätsschule Köln und Gastherausgeber) und Mike Zergiebel (stellv. Schulleiter der Helene-Lange-Schule Wiesbaden und Mitherausgeber von Klasse leiten).

Transkript anzeigen

00:00:00: Einfach Unterrichten, der Podcast von Friedrich Plus aus dem Friedrich-Verlag. Wir bringen

00:00:09: innovativen Unterricht für Lehrkräfte auf den Punkt. Herzlich Willkommen bei Einfach Unterrichten.

00:00:16: Ich habe heute zwei spannende Gäste. Der erste ist Professor Matthias Martins, Professor an der

00:00:23: Universität zu Köln für Schulforschung und Unterrichtsentwicklung. Das Motto der Uni ist

00:00:30: "Gute Ideen seit 1388". Hallo, Kati. Mein Name ist Kati Ahl und dann haben wir noch Mike Zergibel,

00:00:39: Mitglied der Schulleitung bei der Helene Langeschule in Wiesbadenpreis gekrönt. Übrigens,

00:00:45: Gründungsmitglied von Klasse Leiten. Matthias, ihr beide kennt euch, weil du die Helene Langeschule

00:00:51: wissenschaftlich begleitet hast. Warum braucht man zum Thema Kompetenzorientierung

00:00:58: wissenschaftliche Begleitung? Können die das nicht alleine? Ich war Teil im Team der wissenschaftlichen

00:01:04: Begleitung der Helene Langeschule, meine damalige Chefin Barbara Asbrandt. Es ist heute noch die

00:01:08: wissenschaftliche Begleitung der Helene Langeschule. Die Helene Langeschule ist eine Versuchschule des

00:01:13: Landes Hessen und probiert neue Wege im Lehren und Lernen aus und hat den Auftrag vom Land Hessen

00:01:21: diese Wege, die sie neu geht, begleiten und evaluieren zu lassen und das ist dann Aufgabe der

00:01:28: Wissenschaft. Wie lange hast du die Helene Langeschule schon begleitet? Ich glaube, ich war sechs oder

00:01:34: sieben Jahre mit dem Team. Mike, warum haben wir euch mit einer neuen Prüfungskultur und mit

00:01:39: veränderter Bewertung beschäftigt? Brauchen wir das? Ist es nicht viel einfacher mit Noten? Hallo,

00:01:46: erst mal. Auch von meiner Seite, ja, einfacher könnte sein, bequemer, würde ich sagen. Also,

00:01:53: wir haben festgestellt, dass wir Lernfortschritte, die Schülerinnen und Schüler machen, mit Noten

00:01:59: schlecht abbilden können. Also, ich mache ein einfaches Beispiel. Eine Rechtschreibsituation,

00:02:05: Klasse 5. Ein Schüler hat Schwierigkeiten, damit macht 60 Fehler auf 100 Wörter. Katastrophe,

00:02:13: Noten 6. Schlecht. Schüler strengt sich jetzt an, bemüht sich, übt, macht, gut, hat im nächsten

00:02:20: Diktat 40 Fehler. Eine eigentlich wahnsinnige Wortschritt, eine gute Verbesserung. Die

00:02:26: Note wäre immer noch 6. Was ist das Signal für den Schüler? Es lohnt sich nicht, mich anstrengen.

00:02:32: Wenn ich aber andere Formen habe, um ihm diese Anstrengungsbereitschaft und diese positiven

00:02:37: Ergebnisse, die er erreicht hat im nächsten Diktat, rückmelden kann, kann ich den Anders motivieren

00:02:44: und der Schüler lernt besser. Matthias, aus wissenschaftlicher Sicht, warum brauchen wir

00:02:49: eine neue Prüfungskultur? Ich würde sagen, Mike hat da schon auch zentrale Argumente benannt,

00:02:57: das Prüfungssystem, so wie wir es heute, wie wir es kennen und seit Jahrzehnten, Jahrhunderten

00:03:04: vielleicht kennen und wie es heute auch noch meistens praktiziert wird, fokussiert ja auf so

00:03:10: ein abschließendes Urteil über die Schülerinnen und Schüler. Das heißt, es steht immer am Ende

00:03:15: einer Lektion eines Lehrlärmprozesses und die Rückmeldung, die dann kommt, die Note in der

00:03:22: Regel, die ist dann eigentlich für den weiteren Prozess in der Schule im Unterricht folgenlos.

00:03:28: Das heißt, damit macht weder die Lehrperson noch die Schülerinnen irgendwas. Und für die

00:03:33: Lehrerinnen und Lehrer steht dann ganz oft der Aufwand, der Korrektur von so einer Arbeit,

00:03:37: gerade in den korrekturintensiven Fächern, in gar kein Verhältnis mehr zu der Reaktion der

00:03:41: Schülerinnen darauf. Die Schülerinnen machen das Heftaufgucken, die Note einmal an und sind dann

00:03:46: mit der Rückmeldung sozusagen der Ziffernote zufrieden. Aber für den eigenen Lernprozess

00:03:52: ergibt sich daraus in der Regel gar nichts und die Herausforderung, glaube ich, ist und die

00:03:55: Notwendigkeit auf eine Lernprozessbegleitung umzustellen und zu sagen, jede Leistungsbeurteilung,

00:04:03: Leistungsbewertung, die ich vornehme, die muss eine Bedeutung haben für den Lernprozess, der sich

00:04:07: anschließt und der muss irgendeine Funktion haben, rückgemeldet werden, Lernprozesse wieder

00:04:12: angelesfähig machen. Okay, also meine Rückmeldung als Lehrkraft muss Folgen haben oder Auswirkungen

00:04:20: haben auf den weiteren Lernprozess, verstehe ich das so wichtig? Genau. Mike, ich war ja mal Lehrkraft

00:04:28: vor etwas längerer Zeit. Da habe ich mit Portfolio gearbeitet. Ich habe Kriterien aufgestellt,

00:04:35: habe individuelles Feedback gegeben, habe vorher die Schülerinnen sich selbst einschätzen lassen

00:04:40: und habe damit sehr viel Zahnhit verbracht. Ist das nicht unheimlich aufwändig, wenn man

00:04:47: Bewertungssysteme verändern möchte? Ja, das ist erstmal aufwändig wie, glaube ich,

00:04:54: alle Veränderungen und Change Prozesse sind die erstmal auch arbeitsintensiver, anstrengender,

00:05:01: aber es ist lohnenswert und man muss nicht alles alleine machen. Also an der Helene Langeschule

00:05:07: haben wir ja dann diese Kompetenzraste entwickelt, die genau das, was Matthias Martens fordert,

00:05:12: also etwas einer Anschlussfähigkeit für das Lernen, also in Kompetenzberechnung haben die

00:05:17: Schüler aufgezeigt gekriegt, da bin ich schon gut, da habe ich die Ziele erreicht und hier muss ich

00:05:21: noch nach besser. Und wenn man das nicht alleine entwickelt, sondern gemeinsam macht und dann

00:05:28: ist es egal, ob das ein Portfolio ist oder ob ich die Bewertung auf Kompetenzraste anlege,

00:05:32: wenn ich das zusammen mache, wird es weniger anstrengend und lohnenswert. Ja, ich kann da

00:05:38: vielleicht anschließen, ich bin aktuell in Köln wissenschaftliche Leitung der Universitätsschule

00:05:44: dort, das ist eine Schule, die gerade im Aufbau ist, in der Gründung noch und wir stehen im Moment

00:05:49: dort auch vor ganz ähnlichen Fragestellungen, dass wir sagen Leistung, Leistungsbewertung,

00:05:54: Rückmeldung, das ist ein Schulentwicklungsthema, das betrifft eigentlich alle und das macht es

00:05:59: natürlich auch so herausfordernd, weil eigentlich alle sich daran beteiligen müssen auch. Mike hat

00:06:05: das gerade gesagt, das ist eine Herausforderung und auch ein großes Potenzial, weil man nicht alleine

00:06:09: da steht und alleine diese Entwicklung betreiben muss. Und was ich jetzt gerade so in meiner

00:06:15: Zusammenarbeit mit der Universitätsschule merke, das hat auch ganz viel mit Haltung zu tun und das

00:06:21: macht es auch herausfordernd, dass Leistung bei Lehrpersonen und auch bei Schülerinnen und bei

00:06:26: Eltern ganz tief verwurzelt ist in der eigenen Erfahrung als Schülerinnen, als Schüler. Den

00:06:32: wird eine ganz große gesellschaftliche Bedeutung und eine Bedeutung für das Leben zugeschrieben

00:06:37: und das macht das zu einem auch sensiblen Thema im Schulentwicklungsprozess und da im gemeinsamen

00:06:44: Weg zu finden, eine gemeinsames Leistungsverständnis zu entwickeln, das ist, glaube ich, eine ganz

00:06:48: zentrale Aufgabe und diese aber sehr, sehr lohnenswert. Kati, du hast es ja vorhin auch

00:06:53: angesprochen. Als Lehrkraft hast du dir viel Mühe gemacht mit diesem Portfolio. Ich habe als

00:06:58: Lehrkraft auch, also ich unterrichte ja auch Deutsch und das ist so ein korrekturintensives Fach

00:07:03: und ich habe wirklich die Erfahrung gemacht, nach stundenlang Korrekturen und noch einen

00:07:07: persönlichen Kommentator unterschreiben und viel Mühe für so eine Klassen-Satzdeutscharbeit

00:07:12: habe ich genau das beobachtet, was Matthias auch gesagt hat, die schlagen die Hälfte kurz auf,

00:07:16: lesen die Norde, schlagen es zu, sind entweder zufrieden oder nicht. Ich war frustriert. Ich war

00:07:22: frustriert, diese stundenlange Arbeit zu Hause abends am Wochenende und das ist ein kurzer

00:07:27: Blick für meine Schülerwert und da habe ich mir gedacht, das möchte ich anders machen und ich weiß

00:07:33: nicht, ob die Arbeit wirklich so viel mehr ist, aber sie ist deutlich zufriedenstellender, wenn ich

00:07:37: gemeinsam mit den Schülern auf das Kompetenzrasse schau und sage, guck mal, da kannst du dich noch

00:07:42: entwickeln und hier hast du das schon super gemacht, da bist du schon ab Ziel oder hast

00:07:46: schon ein Ziel erreicht. Ah, danke schön. Sehr persönliches Feedback, das kann ich mir gut

00:07:53: vorstellen. Matthias hat es gerade schon angedeutet, Noten sind ein heißes Eisen, weil er hinter

00:08:00: vielleicht auch ein Verständnis von Leistung steckt. Ich will euch mal mit so ein paar

00:08:06: provokativen Narrativen über Noten konfrontieren und ihr dürft abwechselnd auf meinen Fragenhagel

00:08:14: antworten. Matthias, ganz kurz, ohne Noten lernen Kinder nichts, oder? Nein, das ist ein Mythos,

00:08:22: würde ich sagen. Also es gibt viele Beispiele in reformorientierten Schulen, die auf Noten

00:08:27: vorkommen verzichten, die Helene Lange Schule macht das ja auch phasenweise und die Lernprozesse

00:08:32: dann die gleiche Qualität und sind möglicherweise sogar motivierender für die Schülerinnen.

00:08:37: Mike, Noten machen Leistung vergleichbar, stimmt das? Und meintlich, sieht so aus, weil es eine

00:08:45: Ziffernote, die ist natürlich vergleichbar, aber Studien haben ja auch gezeigt, dass Noten in einer

00:08:50: Klasse vergleichbar sind mit Noten in einem anderen sozialen System, weil die Kriterien oft

00:08:56: eben verschieden sind und eben nach wie vor oft nach sozialen Gesichtspunkten. Also meine Arbeit

00:09:03: muss drei Einzen geben, dann gibt es eine große Mitte und dann gibt es natürlich auch ein paar

00:09:08: Ausreise und ich sortierte mir das so, dass es irgendwie passt, aber die Anforderungen in der

00:09:12: Parallelklasse und eine anderen Schule der gleichen Klassenstufe sind ganz andere und dann ist es eben

00:09:16: nicht vergleichbar. Die Schüler vergleichen das und sie denken, okay, die hat eine drei, ich habe eine

00:09:21: eine 2, die ist schlechter an sich, aber vielleicht

00:09:24: waren das ganze andere Kriterien und die Möglichkeit ist wie gerade die bessere Leistung.

00:09:28: Jede Bewertung ist sowieso subjektiv, Matthias. Also sind Noten doch genauso fair wie alles andere?

00:09:35: Ja, jede Bewertung ist subjektiv, da würde ich zustimmen. Es wird aber nicht so behandelt

00:09:42: im Unterricht und in der Lehrer-Schüler-Interaktion. Lehrerin bemühen sich ganz stark Transparenz

00:09:49: und Legitimität ihrer Bewertung herzustellen, was auch das ganze Notensystem erfordert,

00:09:55: dass es gerecht erscheint. Aber ich würde sagen, die ganzen subjektiven Faktoren,

00:10:01: die einfließen, die sind eben nicht transparent und die sind manchmal nicht mal den bewertenden

00:10:05: Personen transparent. Und das ist eine Schwierigkeit insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Noten

00:10:12: für Schülerinnen und Schüler extrem folgenschwer sind für weitere Schulleben, aber auch für das

00:10:17: Leben danach. Und vor diesem Hintergrund müssen wir uns mit der Subjektivität von Noten an das

00:10:22: auseinandersetzen. Mike, Lehrkräfte lieben Noten? Ich nicht, aber ich kenne ja diese Diskussion und

00:10:31: wir hatten ja diesen Prozess bei uns in der Schule, also wir haben in 5, 6 geben wir keine Ziffernoten

00:10:36: in der 7 dann schon. Davon wollen wir auch noch weg, aber das ist ein schwerer Prozess und es gibt

00:10:41: großen Widerspann, auch aus dem Collegium, aus den Lehrkräften, weil viele tatsächlich die Noten

00:10:46: wollen. Viele wollen auch als kompetenzorientierter Rückmeldung und die Noten zusätzlich. Ja,

00:10:52: irgendwie wollen auch Lehrkräfte noten. Matthias, letzter Punkt. Noten sind Macht. Ja,

00:11:01: würde ich sagen, sie sind ein Instrument, Macht auszuüben für Lehrpersonen. Das ist vielleicht

00:11:06: auch der Grund, warum Lehrpersonen Noten mögen, weil sie auch ein Sanktionierungsinstrument sind

00:11:11: und ein Instrument externe Motivation bei Schülerinnen zu erzeugen. Das sind aber schwierige

00:11:17: motivationale Prozesse. Die Leistung, Leistungsbewertung wird durchaus als Sanktionierungs- oder

00:11:24: Disziplinierungsinstrument genutzt und ich würde schon auch sagen, wir leben in einer

00:11:29: Leistungsgesellschaft. Wir können uns in Schule auch von diesem Leistungsprinzip nicht vollkommen

00:11:33: abkoppeln und eine Note, die zu weiter für eine Schule zum Abitur befähigt, die zu einem bestimmten

00:11:40: Studiengang befähigt. Auch das ist eine Ressource für Menschen, eine bestimmte gesellschaftliche

00:11:44: Position zu erreichen. Und insofern ist das eine sehr machtvolle Angelegenheit. Und wenn wir das

00:11:50: Thema Noten insgesamt ansprechen, müssen wir das berücksichtigen, dass das eben eine gesellschaftliche

00:11:56: Rolle spielt und dass man mit Widerstand rechnen muss, wenn man das als Schule anders gestalten will.

00:12:02: Danke, ihr habt euch wacker geschlagen im Fragenlage. Mike, ihr habt ja jetzt schon einige Erfahrungen im

00:12:10: Umgang mit veränderter Bewertung. Angenommen, ihr könntet Noten ganz abschaffen. Würden Ausbildungsbetriebe,

00:12:18: würden die nachfolgenden Institutionen das verstehen, wenn Schülerinnen keine Noten bekommen? Oder

00:12:25: bestehen die darauf? Also momentan besteht eher das Staatliche Schulsystem darauf, Noten zu geben,

00:12:32: ob mit der Begründung die Anschlusssysteme wollen das so, das glaube ich aber nicht. Also wenn man sich

00:12:37: intensiv auch mit abnehmenden Systemen, auch mit der IHK, also Industrie und Handelskammer damit

00:12:42: auseinandersetzen würde, ich glaube, dass für die auch Ausbildungsbetriebe Kompetenzen viel

00:12:47: aussagekräftiger sind. Das schweizer Modell Beadenberg, in dem kleines Institut in dem Schüler

00:12:53: mit gescheitertem Schulbiografie landen, die machen genau das, die Lernenküste selbstständig, genau

00:12:59: die Sachen und diese Kompetenzen, dessen Profil ein Ausbildungsbetrieb braucht. Also ein KFZ-Mischantroniker,

00:13:07: der braucht eben auch viel Physik und Mathematik und dann ist das Profil eben so gestaltet und der

00:13:11: Schüler arbeitet darauf hin, dass er dieses Profil erreicht. Und auch mischfachliche Rückmeldung,

00:13:17: also überfachliche Rückmeldung, soziale Kompetenzen, die werden in den Ausbildungsbetrieben sehr

00:13:22: genau gelesen und sehr ernst genommen und da haben wir auch schon Rückmeldung, dass quasi so die

00:13:27: sogenannten Kopfnoten, also eine Note über Arbeitsverhalten, eine Note über Sozialverhalten,

00:13:32: sehr wenig Aussage über den Arbeitsbereitschaft, Charakter, Belastbarkeit und so weiter der

00:13:39: künftigen Lehrlinge oder Studenten gibt. Also die sind eigentlich dankbar, wenn sie ausführlichere

00:13:44: und differenziertere Leistungsrückmeldung haben. Ich glaube, man könnte sich mit den Abnehmensystemen

00:13:49: auf Kompetenzen verständigen, die brauchen keine Noten. In gewisser Weise ist das ja ein Mythos,

00:13:56: dass Schule das für Gesellschaft tut, benoten. Das ist sozusagen eine Strategie des Schulsystems,

00:14:03: diese empfundene Schwierigkeit einerseits pädagogisch zu handeln, andererseits Leistungen zu vergeben,

00:14:10: irgendwie für sich zu rechtfertigen. Wir machen das mit den Noten für die Gesellschaft. Aber eigentlich

00:14:15: macht Schule das mit den Noten auch vor allen Dingen für sich selbst und für die Organisation der

00:14:20: Übergänge im Schulsystem. Von der Grundschule in die Weiterführende Schule, von der Mittelstufe,

00:14:24: in die Oberstufe, von der Oberstufe in den Studium. Dafür braucht das Bildungssystem selbst

00:14:29: diese ganzen Noten. Das ist den abnehmenden System vielleicht viel weniger wichtig als

00:14:35: dem Schulsystem selbst. Und darauf kritisch zu schauen, dass wir das als Bildungs- und

00:14:40: Schulsystem selbst reproduzieren, diese Leistungsorientierung und diese Notenorientierung.

00:14:45: Das könnte man auch nochmal in Erwägung ziehen und sich da ehrlich machen.

00:14:50: Wir haben ja jetzt zu diesem Thema ein wirklich ausgesprochen vielfältiges Heft, eine Ausgabe,

00:14:58: Leistung bewerten, Heft 29 von Plasse Leiten. Da ist zum Beispiel ein Beitrag drin, da geht es um

00:15:06: Notengewung im Dialog mit Schüler*innen. Wird das nicht wie auf einem Bazaar? Kann man das im

00:15:14: Dialog bewerten, Mike? Ja, kann man. Es geht ja nicht darum, dass die Note am Ende ausgehandelt

00:15:22: wird, sondern dass wenn ein Schüler ein Ergebnis abgibt, zum Beispiel aus einer freien Projektarbeit,

00:15:28: dann weiß ich ja gar nicht als Lehrkraft, welche Anstrengung steckt dahinter, welche Überlegung

00:15:32: hat dieser Schüler gemacht, welche Lernpfade hat er vielleicht als Sackgasse empfunden und ist

00:15:35: nochmal zurückgegangen und hat nochmal neu angefangen. Das steckt da nicht drin. Und wenn ich das im

00:15:41: Dialog mache, also gerade auch vor dem Hintergrund heutiger Computerinformations- und KI-Systeme,

00:15:46: also ich kann ganz schnell eine Powerpoint mir von der KI machen lassen und habe eigentlich nichts

00:15:50: verstanden. Aber im Dialog erfahre ich als Lehrkraft, wie der Schüler vorgegangen ist,

00:15:55: was er davon verstanden hat und eben auch ebenfalls was noch nicht. Und dann lässt sich genau das,

00:16:02: was ja auch die Forderung ist, daraus wieder eine anschlussfähige Bewertung machen und der

00:16:06: Schüler weiß, okay, da muss ich nächstes Mal noch genauer nachfragen und das habe ich aber schon gut

00:16:10: gemacht. Meines Erachtens geht Leistungsbewertung nur im Dialog. Wir kommen zur letzten Frage. Wie verändert

00:16:18: KI die Leistungsmessung, Matthias? Ja, Mike hatte das gerade schon angesprochen. Die KI ist sozusagen

00:16:26: in zwei Hinsichten von großer Relevanz für die Leistungsbewertung und Rückmeldung. Zum einen

00:16:31: sehen wir, dass Schülerinnen Leistung KI-basiert erbringen, was nur zum Teil wünschenswert ist,

00:16:38: dass sozusagen ihre eigene Anstrengung durch KI geleistet wird und die Lehrpersonen und übrigens

00:16:44: auch wir Dutzierende an der Universität nicht mehr den Text die Leistung einer bestimmten Person

00:16:51: zuschreiben können. Das ist eine große Schwierigkeit, die durch KI entsteht und das bedeutet,

00:16:55: wir brauchen eine andere Aufgabenkultur. Wir brauchen Formate, in denen wir tatsächlich gut

00:17:01: nachzeichnen können, dass die Schülerinnen und Schüler diese Leistung erbracht haben. Das Beispiel

00:17:05: gerade eine Präsentation, eine Verteidigung eines Projekts, eines Produktes zum Beispiel. Die andere

00:17:11: Perspektive ist, dass KI ein unglaubliches Potenzial anbietet für die Diagnostik von

00:17:19: Schülerinnenleistungen. Also ich glaube, das ist in der Bandbreite noch gar nicht so wertgeschätzt

00:17:25: und zu schauen, wie kann ich KI nutzen und KI Diagnostik nutzen, um meine Rückmeldung an

00:17:31: die Schülerinnen vorzubereiten. Mich haltet ihr total überzeugt, dass alternative Leistungsformate

00:17:40: und Prüfungsformate besser geeignet sind, Leistung abzubilden. Wer sich dafür interessiert,

00:17:46: findet das natürlich alles im Heft, in der Ausgabe Leistung bewährten, 29 von Klasseleiten,

00:17:54: Schulen reproduzieren Noten, weil sie sie selber brauchen für die Übergänge. Noten sind auch

00:18:02: Machtinstrumente und werden auch genutzt und sanktionieren und vielleicht die wichtigste

00:18:08: Kritik. Noten geben den Schülerinnen selbst viel zu wenig Rückmeldung zum Lernprozess. Deswegen

00:18:16: sagen sie so wenig aus und deswegen werden sie auch wenig geschätzt. Man macht das

00:18:20: Heft auf, sieht die Note und klappt das Heft wieder zu. Vielen Dank an Professor Matthias

00:18:25: Mertens und Mike Zergiebel von der Helene Langeschule. Auf Wiedersehen. Danke. Tschüss. Danke auch. Tschüss.

00:18:32: Das war "Einfach Unterrichten", der Podcast von Friedrich Plus aus dem Friedrichverlag. Wir

00:18:41: bringen innovativen Unterricht für Lehrkräfte auf den Punkt.

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