Gibt es den "guten" Konflikt?
Shownotes
Schule ist ein „melting pot“, indem viele Personen aufeinandertreffen, die sehr verschiedene Erfahrungen und Erwartungen mitbringen - das erhöht das Konfliktpotenzial automatisch. Wie Lehrkräfte mit Konflikten umgehen und Schüler:innen helfen können, ihre Konflikte selbst zu lösen, um diese auch konstruktiv zu wenden, das erläutert dieser Podcast.
Praxistipps
- Konflikte sind unvermeidlich. Geht man konstruktiv mit ihnen um, bieten sie die Chance für Weiterentwicklung und positive Veränderungen.
- Lehrkräfte haben im Umgang mit Konflikten eine Vorbildfunktion, die nachhaltig auf das Konfliktverhalten von Schüler:innen wirkt.
- Um eine positive Konfliktkultur zu etablieren, in der angstfrei Bedürfnisse formuliert und Meinungen diskutiert werden, müssen Schüler:innen lernen, ihre eigenen Ansichten zu reflektieren und anderen Positionen mit Respekt zu begegnen.
- Schüler:innen im Konfliktfall zu begleiten, ist wichtiger, als die Rolle des Schiedsrichters einzunehmen. Indem Schüler:innen erleben, dass sie für ihre Konflikte selbst Lösungen finden können, werden sie in ihrer Selbstwirksamkeit und Entwicklung gestärkt.
Mehr dazu erfährst du in der Ausgabe 28 „Soziales Lernen II: Konflikte“ von Klasse leiten, erschienen im Friedrich Verlag.
Im Podcast hörst du die Bildungsexpertin Kati Ahl im Gespräch mit Nikola Poitzmann (tätig im Hess. Ministerium für Kultus, Bildung, und Chancen im Projekt "Gewaltprävention und Demokratielernen", u.a. Diversitiy Trainerin und Mitherausgeberin von Klasse leiten Mitherausgeberin von Klasse leiten).
Transkript anzeigen
00:00:00: Einfach unterrichten der Podcast von Friedrich Plus aus dem Friedrich Verlag. Wir bringen
00:00:10: innovativen Unterricht für Lehrkräfte auf den Punkt.
00:00:13: Herzlich willkommen bei einer Ausgabe von Einfach Unterrichten zur Ausgabegruppe und Spiel 3 2023
00:00:23: mit dem Thema Konflikte. Das ist natürlich ein Thema, was richtig brennt, ob es Machtkämpfe sind,
00:00:29: ob es eskalierende Konflikte sind, ob gesellschaftliche Konflikte in die Klasse rein spielen. Sie als
00:00:35: Lehrkraft haben mit Konflikten alltäglich zu tun. Dabei helfen zum Beispiel provokative Spiele,
00:00:42: zum Beispiel theaterpädagogische Ansätze und als Obsituation. Hören Sie rein. Mein Name ist
00:00:50: Kathi Aal und ich wünsche Ihnen gut Unterhaltung. Einfach unterrichten, so heißt unser Podcast und
00:00:55: bei mir ist heute eine Expertin für Spielen und für Konflikte. Das ist Mariteris Waschk und
00:01:02: die hat Gruppe und Spiel herausgegeben. Eine Ausgabe zum Thema Konflikte. Sie hat mir verraten,
00:01:09: die Abkürzung ist MT, weil der Name öfter mal in der fünften Klasse an der Tafel stand oder
00:01:16: war Mariteris zu lang. Mariteris, wenn die Schule spielerischer wäre, hättest du dann weniger an
00:01:23: der Tafel gestanden? Ich stand an der Tafel, um Strafarbeiten, machen zu müssen aufgrund meines
00:01:30: für meinen Lehrer konfliktrechtigen Verhaltens. Für meine Mitschüler war das Verhalten weiß
00:01:36: und nicht konfliktrechtig, sondern eher sehr, sehr lustig, was ich da gemacht habe. Ich glaube,
00:01:42: manchmal fehlt einfach das Verständnis und ich glaube, in bestimmten Altersstufen dann möchte
00:01:47: man sich auch gerne reiten und gerne Konflikte provozieren. Das habe ich ausgeblich gemacht.
00:01:52: Das heißt ja schon, dass Konflikte meistens zwei Seiten haben, was für die einen eigentlich als
00:01:59: Verhalten okay ist oder vielleicht sogar lustig, finden die anderen eher doof. Kannst du noch andere
00:02:05: positive Aspekte von Konflikten nennen? Wofür können die gut sein? Wir haben die ja meistens nicht
00:02:10: gerne. Wofür sind sie gut? Im Endeffekt bereinigen sie eine ganze Menge. Konflikte entstehen ja da,
00:02:17: wo zwei Parteien aufeinander treffen, die unterschiedliche Bedürfnisse haben. Wenn man das
00:02:22: schafft, in einem Konflikt das Fair auszuhandeln, es dann auch anschließend zu lösen und beide
00:02:31: Parteien gehen halbwegs positiv aus oder mit einem Konsens oder mit einem guten Kompromiss raus,
00:02:37: dann hat dieser Konflikt lohnenswert. Wenn man in diesem Konflikt gar nicht erst eingeht,
00:02:42: kann es sein, dass anschließend Frust überbrücht bleibt oder Wut oder wirklich Zorn und sich
00:02:48: eventuell Standpunkte oder Meinung verhärten und das macht das Leben nicht einfacher. Ich glaube,
00:02:53: in der Dynamik des Konfliktes ist keiner glücklich, einen der Konfliktparteien zu sein, aber
00:02:59: anschließend positiv rauszugehen mit einem guten Konsens, das hilft. Okay, du bist nicht nur Diplom
00:03:06: Sozialpädagogin in der offenen Kinder- und Jugendarbeit, du bist auch Spielpädagogin. Ich
00:03:10: würde gerne ein kleines Spiel mit dir machen. Ist es wirklich ein Minispiel? Bist du bereit?
00:03:15: Natürlich. Du darfst fünfmal den selben Satz beenden. Der Satz fängt an, ein Konflikt ist für
00:03:23: mich wie? Und du sagst den ersten Satz? Anstrengend. Ein Konflikt ist für mich? Kräftezehrend. Ein Konflikt
00:03:35: ist für mich? Bereinigend. Ein Konflikt ist für mich? Spannend. Ein Konflikt ist für mich? Endlich.
00:03:46: Na ja, sehr schön. Das hoffen wir alle, dass das schnell zu Ende geht. In der Schule müssen Kinder
00:03:55: ja einiges an Sozialverhalten lernen und nicht nur dort. Ich habe gelesen in der Ausgabe, dass man
00:04:03: Miniaturkonflikte zum Lernen nutzen kann und das als Beispiel genannt, es gibt provokative Spiele.
00:04:11: Was sind provokative Spiele, Mariteris? Provokative Spiele sind kleine Spielsituationen, zum Beispiel
00:04:19: mit geänderten Spielregeln, mit kleinen Irritationen, die gesetzt werden innerhalb der Gruppe, die dieses
00:04:28: Spielen nach den vorgegebenen Regeln spielen. Und wo es zu einem Konflikt wirklich kommt,
00:04:35: aufgrund der Spielregeln. Und diese Spiele werden in der Regel kurz gespielt, damit keine Eskalation
00:04:44: entsteht. Und was besonders spannend ist, die werden anschließend immer wieder reflektiert. Was ist
00:04:49: passiert, warum ist es passiert, wie habe ich mich gefühlt oder auch was hätte anders passieren können.
00:04:55: Solche provokativen Spiele sind geprägt von einer ganz eigenen Dynamik und wichtig ist dabei,
00:05:03: wie in vielen Spielen, dass die Freiwilligkeit im Vordergrund steht. Provokative Spiele wurden bei
00:05:09: uns damals beim Spielmarkt so ausgeschrieben. Und die Leute, die in dieses Seminar hingegangen sind,
00:05:14: wussten, dass sie sich auch provokative Spiele einlassen. Ich würde provokative Spiele nicht
00:05:19: versteckt spielen, sondern ich würde das schon ganz klar machen und das nachher auch so benennen.
00:05:26: Die beiden Referentinnen, die sie sehr gerne gespielt haben, haben dieses Spiel auch immer
00:05:31: genannt, wo der Reffer wächst, damit klar war, welchen Sinn die dahinter haben.
00:05:36: Okay, sag doch mal ein Beispiel für ein provokatives Spiel.
00:05:41: Ganz auch gibt es ganz, ganz kleine Vorspiele, dass die Teilnehmenden zum Beispiel in diesen
00:05:45: Seminarraum einkommen. Und sie werden von den Seminarleitern an der Tür begrüßt und jeder dritte,
00:05:53: vierte, irgendjemand bekommt eine Süßigkeit zugeschickt oder Blümchen oder irgendwas Schönes,
00:05:59: der Rest geht leer aus und keiner weiß, wonach gewählt wurde. Und das ist schon mal eine Irritation,
00:06:04: warum hat der was bekommen und ich nicht. Aber mein liebstes provokatives Spiel ist das Stuhlkaus.
00:06:10: Ich habe kleine Zelle vorbereitet und da sind Arbeitsaufträge drin. Und ein Drittel der Gruppe
00:06:17: bekommt den Arbeitsauftrag "Stapel alle Stühle im Raum", der Nächste bekommt die "Lege alle Stühle
00:06:23: hin" und der letzte "Stelle alle Stühle ans Fenster". Und dann sagt man los und die Gruppe agiert.
00:06:29: Wer gehört zu mir? Wer ist Matheverbündeter? Wie versuche ich meinen Auftrag umzusetzen,
00:06:35: der ja eigentlich völlig über Nonsens ist. Es ist ja egal, ob die Stühle im Kreis stehen bleiben,
00:06:40: ob die gestabelt werden, ob die, wie sehr lasse ich mich auf diesen Wettkampf ein,
00:06:45: welche körperlichen Einsatz gebe ich dann auch. Irgendwann wird das Spiel abgebrochen,
00:06:49: es wird dann auch mal geguckt, was hat man gemacht und warum hat man das nicht auch zusammengemacht,
00:06:54: warum hat man nicht alle Stühle gestapelt, ans Fenster und dann gemeinsam hingelegt in
00:07:00: diese Stapelgeschichte. Die Leute gehen sehr schnell da in den Wettkampf und das gemeinsam zu
00:07:04: reflektieren anschließend ist sehr, sehr spannend auf sich selbst zu blicken. Wie kommt es wieder?
00:07:10: So habe ich gedacht, ich muss unbedingt die Erste sein, die diesen Auftrag erfüllt. Das hat mir
00:07:15: keiner besagt. Und sag mal, mir würde so ein Spiel Spaß machen. Ich kenne aber Menschen,
00:07:20: die erst mal skeptisch wären und sich vielleicht nicht darauf einlassen. Lassen sich Jugendliche
00:07:25: auf Spiele ein? Und wie? Wir vergessen leider sehr, sehr früh, wie viel wir im Spielen immer lernen,
00:07:35: also von den kleinsten Kindern an die Bewegungen üben müssen, die ihre Sprache üben müssen,
00:07:42: ihre Motorik müssen, üben müssen, die dann auch anfangen müssen, miteinander zu spielen und da
00:07:48: auch gemeinsame Spieleskrips entwerfen, wenn eine nicht zu dir sagen würde, komm, ich bin Kaufladen,
00:07:53: dann wäre ich klar, du Verkäufer, ich kaufe ein, da würde ich nicht dann als Einkauferin kommen und
00:07:59: sagen, oh, ich habe solche Rückenschmerzen, können Sie was dagegen machen? Nein, Kaufladen steht
00:08:02: fest, ganz schnell sind solche Spieleskrips geworden. Und diese Art des Spielens vergessen
00:08:09: wir irgendwann wieder. Wir machen gerne einen Brett- und Kartenspiel aus, wo die Regeln ganz
00:08:13: klar sind, aber diese Gruppenspiele, da muss man die Leute nochmal wieder hinführen und auch Jugendliche
00:08:19: wieder hinführen. Und wenn die mitbekommen haben, wie viel Spaß das macht und dass dieses Erlegen,
00:08:24: was sie dort haben, im Endeffekt Erkenntnisse für sie selbst bieten kann, aber die Wirklichkeit
00:08:30: nebenan bestehen bleibt. Das heißt, wenn ich in so einem Spiel verliere, heißt es nicht,
00:08:35: dass ich für ewig der Verlierer bin, sondern ich nehme die Erkenntnis mit, oh, weil ich mich so
00:08:40: verhalten habe, bin ich da Verlierer geworden. Aber das heißt nicht, dass sie einfach diesen
00:08:44: rausgehen und die anderen sagen, oh, du bist der absolute Loser. Und wir können immer noch sehr,
00:08:48: sehr viel im Spiel lernen, ganz einfach, weil wir dort wirklich Sachen erleben. Wir hören die nicht
00:08:54: nur, wir lesen die nicht nur, wir denken die nicht nur, sondern wir fühlen die im Spiel. Und das
00:09:00: ist, glaube ich, ein ganz riesen großer Unterschied. Jetzt sind ja unsere Hörerinnen und Hörer
00:09:04: meistens Lehrkräfte. Stell dir doch bitte mal vor, du wärst jetzt Vertretungslehrkräfte,
00:09:11: würdest in eine Klasse reinkommen, sagen wir mal 8, 9, 10. Klasse, die sind so 14, 15. Und du hast
00:09:22: dir vorgenommen, du willst mit denen spielen machen. Wie fängst du an? Wie bereitest du die
00:09:25: Situation vor, damit die das mitmachen? Ich würde mich erst mal vorstellen, ich würde mich erst mal
00:09:31: spielerisch auch vorstellen. Das Wichtige beim Spiel ist, dass ich in dem Moment vielleicht noch die
00:09:39: Spieleitung bin, aber ansonsten ist nicht dieses große Gefälle gibt. In einem Spiel bewerte ich die
00:09:46: Kinder und Jugendlichen. Ich bin nicht zum Glück auch in der Rolle als Vertretungslehrerin nicht drin,
00:09:49: das heißt, die können sich ganz frei geben. Und dann suche ich natürlich ein Spiel aus, was ich
00:09:55: selber unheimlich gerne mag und was ich mir ganz viel wonne und Spaß und Freude anleiten kann und
00:10:02: wo alle gleichzeitig am Anfang was machen und nicht eine Person exponiert rausgepickt wird. Das ist
00:10:10: nämlich auch das Schlimme, wenn ich jetzt sagen würde, ach Kati, komm mal bitte in die Mitte und
00:10:14: zeigen uns mal, wie ein Affe sich bewegt und alle stehen drumherum und gucken zu. Das ist völlig
00:10:19: peinlich. Aber wenn ich vormache, wie sich eine Anöbe bewegt und alle sollen mal bitte mitmachen,
00:10:24: dann denken ja schon die meisten meine Güte, die alte Frau wird ein bisschen komisch gekommen,
00:10:28: dann machen das mal ihr zu Liebe. Aber das funktioniert meist. Die müssen mitbekommen,
00:10:32: welche Spielfreude ich langt habe. Spiele sind also eine Chance, um Konflikte und Krisen zu proben
00:10:40: und Handlungsspielräume zu erleben. Ist das notwendig? Muss man das üben, sich zu streiten?
00:10:45: Nein, leider nicht, weil
00:10:47: Wir können es auf alle Fälle, aber vielleicht hilft uns das, wenn wir mal Streiten geübt haben oder auch noch Provokationen aufgesessen sind.
00:10:56: Die Erkenntnisse, die ich gemacht habe in dieser Situation, speichere ich ab und vielleicht hilft mir das, in bestimmten Punkten eben halt mitzubekommen,
00:11:06: wann ich eben so eine Provokation, wann die mich total reizt, wann die mich piekt und dann vielleicht auch sagen zu können, okay, da gehe ich jetzt mal einen Schritt zurück und gucke nochmal anders drauf.
00:11:21: An bestimmten Punkten ist es auch ganz gut, das mal im Spiel geübt zu haben, weil im Spiel ist man eben als Ob und nicht in der realen Welt.
00:11:30: Ich könnte jetzt mit ihr in einen Konflikt spielen, aber das hieße nicht, dass wir anschließend dieses Gespräch beenden und jede vom anderen denkt, meine Güte ist die furchtbar.
00:11:40: Ich möchte mir auch vorstellen, dass ich im gespielten Konflikt vielleicht mal ein Verhalten ausprobiere, was ich so im realen Leben nicht so gut ausprobieren könnte und dass ich vielleicht ein bisschen kreativer auf Lösungen kommen könnte.
00:11:53: Man darf sich da auch wirklich erproben in sämtlichen Rollen und es ist auch manchmal ganz spannend, wenn man sich selber mal wirklich die Rolle gibt von jemandem, gerade wenn man ansonsten sehr ausgleichend wirkt, immer versucht, alles harmonisch zu machen.
00:12:05: Im Spiel mal wirklich den Bösewicht macht, auch mal wirklich in diese Rolle hineingeht und auch mal gucken, wie fühlt die Rolle sich eigentlich an, aber sich da bewusst zu sagen, dass es eine Rolle ist.
00:12:16: Insgesamt glaube ich, kann man da im Erproben schon einiges über sich lernen, auch in dem Punkt, wenn man versucht wieder einzulenken, was hat Erfolg, was hat nicht Erfolg.
00:12:28: Ich glaube, das Streiten an sich, das brauchen wir nicht zu lernen, das können wir sehr gut, aber ich glaube, das faire Streiten mal zu üben oder wie kann ich auch ein Streit beenden oder so, das ist ganz spannend.
00:12:41: Das wird oft gemacht in der Ausbildung zum Beispiel von Streitschlichtern.
00:12:45: Wenn Streitschlichter*innen an Schulen ausgebildet werden, gibt es oftmals Rollenspiele, wo sie mit agieren, wo sie hineingeben, wo sie gucken, dass sie die beiden Streiten oder die beiden Parteien irgendwie schützen voreinander, gucken, wie gehe ich in diese Situation hinein, wie kann ich diese Situation beenden, wie kann ich auch deeskalierend wirken und da hilft es sehr gut, diesen Geschützenraum als Rollenspiel zu haben.
00:13:11: Du hast schon die Streitschlichter angesprochen, dann gibt es ja auch noch die Friedensbrücke, das heißt Kinder und Jugendliche können selbst schon aktiv werden, um besser mit Konflikten umzugehen.
00:13:21: Jetzt habe ich manchmal den Verdacht, dass wir Pädagoginnen und Pädagogen so ein bisschen viel Ehrgeiz entwickeln, was Kinder alles lernen sollen, immer sollen sie in jeder Situation was lernen, ist das nicht zu viel verlangen, zu sagen, das Streiten müsst ihr auch noch lernen, ihr müsst hier nach diesem Programm,
00:13:40: das Sohn so regeln, ist das nicht ein Eingriff in eine Sache, die sich natürlich regeln lässt?
00:13:48: Wenn wir den Kindern Raum und Zeit dafür zu geben, dass sie das auch wirklich selbstständig regeln können, wenn wir denen den Raum und die Zeit geben, mit ihnen zu spielen, auszuhandeln, Konflikte auch durchzuleben, die selber zu klären und uns nicht einzumischen, aber oft hat so eine Schulpause eine halbe Stunde.
00:14:08: Und wenn dann zwei voll im Garten sind und sich streiten, zwei verteilen, dann klingt es also klingen und die müssen mit diesem Konflikt, der nicht geklärt ist, wieder hinein und haben die Anforderungen stillzusitzen, dürfen das vielleicht auch nicht mitbringen, müssen bestimmte Aufgaben erfüllen, obwohl die noch völlig blockiert sind von diesem Konflikt.
00:14:25: Deswegen, wir müssten es nicht, wenn die Kinder mehr Raum und Zeit hätten, um wirklich auch frei miteinander solche Sachen aushandeln zu können.
00:14:34: Und auch da ist es gut, wenn im Notfall jemand im Hintergrund ist, wenn sie sich so verfahren, dass sie sich Hilfe holen können.
00:14:40: Okay, ja, das leuchtet mir ein, dass sie sich Hilfe holen können, wenn sie sie wünschen.
00:14:45: Ansonsten hast du bei einem Vortrag erzählt, wie deine Kindheit war und dass das ein flaches Land war und du ganz viele Rollenspiele mit deinem Bruder und mit eurem Freund gespielt habt.
00:14:56: Da ist ja früher auch niemand gekommen und hat gesagt, so, die Marie Therese möchte jetzt aber lieber das und das spielen.
00:15:03: Oder wenn ihr dann Konflikt hattet in dieser draußen Kindheit, da hat ja auch nicht immer jemand geregelt.
00:15:13: Nee, hat auch nicht, aber wir hatten die Zeit.
00:15:15: Wir hatten die Zeit, um zu sagen, ich komme noch aus so einer Zeit, wo wir Mittag nach den Hausaufgaben, die wir zu Hause gemacht haben, draußen gespielt haben.
00:15:24: Und wir mussten wieder reinkommen, wenn die Straßen und die Tieren an sind.
00:15:27: Und das war ein relativ langer Zeitraum, je nach Wetterlage.
00:15:31: Und da hatten wir genügend Zeit, entweder selber im Konzert zu finden oder jemand hat auch mal die Gruppe verlassen, weil er dann nicht mehr dabei bleiben wollte.
00:15:40: Aber trotzdem hat die Gruppe dann wieder offen.
00:15:42: Also wir haben unsere eigenen Mechanismen da gehabt und auch die Möglichkeiten gefunden, weil das Spiel ja toll war und wir das ja am Laufen halten wollten.
00:15:50: War das für uns ganz wichtig, eben halt zu gucken, dass die Spielpartner und die Gruppe beieinanderbleiben und der Spielfluss auch noch spannend bleibt.
00:15:58: Und deswegen haben wir uns da gut verabredet zu.
00:16:00: Wenn ich mir das jetzt angucke, ist wenig Zeit für selbstbestimmte Zeit bei Kindern und Jugendlichen.
00:16:06: Und ich glaube, an bestimmten Punkten dürfen die sich gar nicht mehr so explorativ auch in solchen Bereichen autark entwickeln, sondern haben sehr häufig schon vorgefertigte Erwartungshaltung,
00:16:20: die auch sie einströmen, wie man sich eben halt nicht verhalten darf, wie man sich verhalten muss.
00:16:26: Und da kann es hilfreich sein, um dann nicht immer noch den Konflikt auf der Metaebene zu geben, dass man bestimmte Erwartungen erfüllt hat, vielleicht vorher schon da ein bisschen deeskalieren zu gehen.
00:16:37: Du hast erzählt, du bist Spieleiterin.
00:16:40: Spieleiterin ist ja manchmal so ähnlich wie Klassenlehrkraft, Klassenlehrerin, Klassenlehrer.
00:16:44: Man steht da und erklärt eine Aufgabe und versucht das so zu tun, dass alle motiviert sind, gut mitzumachen.
00:16:53: Was kann eine Klassenlehrkraft tun, um Konflikten in ihrer Klasse vorzubäugen?
00:17:00: Ich sage auf keinen Fall auf Augenhöhe, sich mit den Kindern und Jugendlichen bewegen, das funktioniert nicht.
00:17:06: Das hat mir ein kleiner Junge auf einer Fällenfreizeit in einem sehr wütenden Gespräch mir gegenüber gespiegelt, weil er gesagt hat,
00:17:14: du bist immer die Pädagogin, du bist immer die Erwachsene und du hast die Macht und kann im Unfall sagen, ich soll auf mein Zimmer gehen und dann muss ich das machen.
00:17:23: Deswegen, dieser schöne Frau von Wunsch, der mir gesagt hat, wir begegnen die Kinder und Jugendlichen auf Augenhöhe, das stimmt so nicht, meiner Meinung nach.
00:17:32: Da hat mir der Alex, vielen Dank, lieber Alex, damals wirklich die Augen geöffnet.
00:17:37: Das funktioniert nicht. In meinen Augen ist es eher so, die müssen erkennen, dass ich fair und gerecht bin, gerade auch in Spielsituationen.
00:17:47: Und dass ich sie höre und wahrnehme und auch den Raugen gebe, Fragen zu stellen, wenn etwas nicht verstanden worden ist, ohne dass ein "Hast du das immer noch nicht verstanden?"
00:17:59: Muss ich dir das noch mal erklären? Sondern wenn jemand meine Spielanleitung nicht verstanden hat, dann habe ich dich schlecht erklärt.
00:18:07: Dann kann ich mich auch mal entschuldigen und sagen, meine Güte, wenn ihr alle das nicht verstanden habt, dann muss ich noch mal ganz von vorne anfangen.
00:18:14: Und ich glaube, das ist in meinen Augen schon, ist in meiner Situation, dass ich eben halt sehr häufig in dem offenen Zeltigen tätig bin, ein ganz wichtiger Schlüssel mitzubekommen.
00:18:25: Ich agiere menschlich, ich kann auch einen Fehler machen, ich kann diesen Fehler auch zugeben, ich kann mich auch in Notfall bei den Kindern und Jugendlichen entschuldigen.
00:18:33: Ich glaube einfach, dass wir gucken müssen, als erwachsenen Menschen mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, dass wir uns den gegenüber als wichtiger Ansprechpartner, als eine vertrauensvolle Person uns erweisen und nicht als die Person, die eben halt, ich sage es jetzt mal ganz provokativ,
00:18:55: die weiße Erwittelung gefressen hat.
00:18:56: Ja, okay.
00:18:58: Hast du zum Thema Konflikte noch ein Lieblingsspiel, was du gerne weiter empfehlen möchtest?
00:19:05: Oder gibt es ganz viele, was ich zum Beispiel sehr gerne mag, ist auch bei den provokativen Spielen mit beschrieben, ist ein einfaches Kartenspiel.
00:19:16: Was immer gleich aussieht, es sind vier Tische im Raum aufgebaut und immer eine Person von jedem Tisch wechselt mit dem Nebentisch.
00:19:25: Was sie, also immer eine Person von diesen vier Tischen wechselt an den nächsten Tisch und kommt natürlich mit dem Regelwerk von Tisch 1 an den Tisch 2, an dem herrscht aber ein anderes Regelwerk, was diese Person nicht weiß.
00:19:37: Und sie spielt natürlich nach diesem ersten Regelwerk, weil sie gedacht hat, das ist das gleiche Spiel.
00:19:42: Und diese Irritation, weil die Karten sehen gleich aus und so weiter und das Spiel wird auch zuerst nicht erklärt, sondern man spielt direkt los.
00:19:50: Die Karten werden wieder gegeben und ich versuche dann immer, die höchsten Karten alle mitzunehmen und die anderen freuen sich.
00:19:56: Weil an dem Spiel, an dem Tisch zählt halt wer die niedrigste Punkt hat, das finde ich sehr, sehr schön.
00:20:03: Ich finde aber auch sehr schön und das ist Punkt, wo ich sage, dass das spielt ich selber nicht, weil man dafür auch Theaterpädagogisch gut geschult sein muss.
00:20:12: Ich bin ein großer Fan des versteckten Theaters, wenn es eben halt des Theaters der unterdrücken, wenn sehnisch Leute im öffentlichen Raum eine Szene darstellen, die zur Irritation anregt und im Endeffekt das auch nicht auflösen,
00:20:31: sondern anschließend einige aus der Gruppe auch unter den Zuschauernden sind und dann beobachten, welche Effekte das auslöst.
00:20:40: Und das Schöne daran ist, dass die Leute immer in Kommunikation gehen, entweder untereinander oder sie nehmen das Handy in der Hand und sagen, weißt du, was ich gerade erlebt habe.
00:20:48: Und durch diese kurze Irritation, die sie im öffentlichen Raum gesetzt haben, erzeugen sie gleich eben halt das drüber nachdenken, das drüber reden und eine Haltung dazu entwickeln und das finde ich ganz spannend, das fand ich auch sehr schön.
00:21:01: Vielen Dank, das sind ganz viele Anregungen, die unsere Hörerinnen und Hörer mitnehmen können.
00:21:06: Also Theaterpädagogik kann bei Konflikten helfen, Spiele können bei Konflikten helfen und ganz sicher die Ausgabe von Gruppe und Spiel, die sich mit dem Thema Konflikte beschäftigt.
00:21:16: Vielen Dank, Marie-Thérèse Waschk.
00:21:22: Das war "Einfach Unterrichten", der Podcast von Friedrich+ aus dem Friedrich-Verlag. Wir bringen innovativen Unterricht für Lehrkräfte auf den Punkt.
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