Deutsch: Neue Sachlichkeit - kein alter Hut

Shownotes

Soziale Unterschiede, sich wandelnde Geschlechterrollen, die Diskrepanz zwischen der bunten, glitzernden Welt des Konsums und der harten Arbeit und Armut, die den Alltag der Menschen auch bestimmt hat – dies alles sind Themen, die in neusachlichen Texten verhandelt werden und neben präzisen Zeitdiagnosen eine erstaunliche Aktualität offenbaren. All dies sind Brücken, die die 1920er-Jahre mit den 2020er-Jahren verbinden und die auch für deine Schüler:innen motivierend sind. Erleichternd hinzu kommt, dass die Texte klar benennen, was den Alltag kennzeichnet, und nichts hinter einer metaphorischen oder symbolischen Sprache verstecken. Nutze diese Anschlussstellen für ein literarisches, historisches und kulturelles Lernen!

Mehr dazu erfährst du in der Ausgabe 295 von Praxis Deutsch, erschienen im Friedrich Verlag.


Im Podcast hörst du Moderator Sebastian Nüsse im Gespräch mit Prof. Dieter Wrobel (Deutsch-Didaktiker und Herausgeber)

Transkript anzeigen

00:00:00: Einfach unterrichten, der Podcast von Friedrich Plus aus dem Friedrich Verlag. Wir bringen

00:00:09: innovativen Unterricht für Lehrkräfte auf den Punkt. Herzlich willkommen beim Podcast Friedrich

00:00:17: Plus Deutsch vom Friedrich Verlag. Wir möchten nicht in diesem Podcast ja mit innovativen Unterrichtsideen

00:00:23: inspirieren und deshalb bringen wir in jeder Folge den neuesten Stand der Fachdidaktik in

00:00:29: fünf Thesen, fünf Kernaussagen, vielleicht auch in fünf zentralen Anliegen zum Ausdruck und auf den

00:00:37: Punkt. Und heute geht es um das Thema "Neue Sachlichkeit im Deutschunterricht". Mein Name ist

00:00:43: Sebastian Müssel und ich spreche hier mit den Menschen hinter diesen Unterrichtsideen aus dem

00:00:48: Friedrich Verlag. Und heute darf ich jetzt ganz herzlich begrüßen Prof. Dr. Dieter Wobel. Er ist

00:00:54: Mitherausgeber von Praxis Deutsch und er lehrt oder ist am Lehrstuhl für didaktik der deutschen

00:01:00: Sprache und Literatur in Würzburg. Und wir werden uns gleich ein bisschen darüber unterhalten,

00:01:05: wie wir jetzt dieses Thema "Neue Sachlichkeit in den Deutschunterricht" reinbringen können.

00:01:09: Wie immer arbeiten wir dabei. Ich habe es gerade schon gesagt, die fünf wichtigsten Aspekte

00:01:13: heraus, die du für deinen Unterricht benutzen kannst. Und am Ende fasse ich diese fünf Thesen

00:01:17: dann auch nochmal für dich zusammen. Du findest sie auch nochmal in den Show Notes und damit

00:01:22: starten wir jetzt quasi nach der Vorrede direkt in das Gespräch rein. Und bevor wir zu den fünf

00:01:28: Thesen kommen, noch eine wichtige Frage, die wir klären sollten oder zwei Fragen. Die erste

00:01:32: Frage, die ich stellen möchte, ist einfach nur noch mal kurz auf den Punkt gebracht. Was genau

00:01:36: meint denn eigentlich "Neue Sachlichkeit" und damit herzlich willkommen Dieter im Podcast. Ja,

00:01:41: das ist Sebastian. Grüß dich. Ja, "Neue Sachlichkeit" ist eine Literaturströmung der 20er Jahre,

00:01:47: die Literaturströmung, die die Weimarer Republik begleitet. Also direkt nach Ende des ersten

00:01:52: Weltkriegs. Und in den frühen 20er Jahre beginnt sich zu entwickeln und ihren Höhepunkt zum Ende

00:01:56: der 20er Jahre findet und dann 33 abrupt abricht. Sachlichkeit deshalb, weil die Autoren und

00:02:02: Autorinnen genauso wie die anderen Künstler, die Künstlerinnen versuchen nicht mehr mit

00:02:07: Bombast, mit Stuck, mit noch originelleren und noch größeren metaforischen Sprachfiguren zu

00:02:16: arbeiten, sondern sie beschreiben, was sie sehen. Sie nehmen die Sprache zurück, sie reduzieren,

00:02:20: sie werden sachlich. Und du hast gesagt, und das findet man ja auch in der Ausgabe dann wieder,

00:02:25: das vielleicht nur noch als wichtiger Aspekt, das ist nicht beschränkt auf Literatur, sondern

00:02:30: dieser Aspekt von Sachlichkeit findet sich tatsächlich dann damals auch in anderen Bereichen

00:02:36: noch wieder. Vielleicht kannst du da auch noch ein paar Punkte zu sagen. Ja, klar. Also in den 20er

00:02:40: Jahren gibt es diesen einen Zug der neuen Sachlichkeit als einen prägenen, ästhetischen Zug. Der findet

00:02:44: sich in einigen Gemälden der Zeit wieder. Die Architektur, die moderne Architektur verzichtet

00:02:50: nun auf die Schnorkel und die Arabeske, sondern es werden glatte, façadenklare Fronten gezeigt. Das

00:02:58: Design etwa des Bauhauses nutzt die Funktion, also die Bauhausmöbel oder die Bauhausalltagsgegenstände

00:03:04: sind ganz klar auf ihre Funktion hinbezogen. Und selbst im neuen Medium-Film gibt es Tendenzen zu

00:03:09: Versachlichen wiederzuspiegeln, was ist, was man sozusagen im gesellschaftlichen Feld findet,

00:03:16: ohne dies großartig zu überhöhnen oder sprachlich zu überschütten. Mein erster Gedanke, den ich jetzt

00:03:21: gerade hatte, war das 40 Haus und bisschen nach Reinigung, nach Neuanfang. Wir beschränken uns

00:03:27: jetzt mal auf das Wichtigste an. Ja, das ist sicherlich eine Tendenz. Das mit diesem Neuanfang,

00:03:32: der ja auch politisch-gesellschaftlicher Neuanfang ist nach dem Krieg, die Weimarer Republik, der

00:03:36: Versuch, Demokratie etwas Neues zu etablieren, dass da auch der Versuch einer neuen Ausdrucksform

00:03:41: mit hinein spielt. Es ist aber tatsächlich hier der Versuch, Gesellschaft zu erfassen und zwei

00:03:46: ihre gesamten Breite. Und wenn man sich die Literatur vor allem der neuen Sachlichkeit ansieht,

00:03:50: dann zeigt die auch eine gewisse Breite. Sie reicht tatsächlich vom journalistischen Text über

00:03:54: die Gerichtsreportage, die quasi neu sachlich erfunden wird, bis hin zum Roman. Sie hat in der

00:04:00: Lyrik, wie im Drama, ihr Pendant, es geht darum, eben Sprache klar zu machen, klar zu kommunizieren,

00:04:06: welche auch Verwerfungen, welche Problemlagen Autoren und Autoren in der Gesellschaft entdecken

00:04:11: und diese eben nicht hinter Sprache zu verstecken oder mit Sprache zu überdecken, sondern im

00:04:15: Gegenteil sie frei zu legen. Und um damit quasi so eine Überleitung zur ersten These zu bekommen

00:04:20: oder zum ersten Kernmerkmal der Ausgabe und vielleicht da noch die Frage an dich, was hat dich

00:04:26: denn daran gereizt, jetzt dich nochmal mit so einem Thema zu beschäftigen und zu sagen, hey,

00:04:30: wir bringen jetzt nochmal so eine Ausgabe zu genau diesen Thema raus? Da gibt es mehrere Gründe.

00:04:35: Der erste Grund ist sicherlich rankalendarischer Grund. Die Texte der neuen Sachlichkeit feiern

00:04:40: 100-jähriges. Das heißt, die aufmerksame Zuhörer, die aufmerksame Zuhörerinnen wird es gemerkt haben,

00:04:45: wir haben 100 Jahre vollgebracht. Genau, also das, was in den 1920er Jahren sozusagen Stück für

00:04:50: Stück veröffentlicht und publiziert wurde, wird jetzt eben Stück für Stück 100 Jahre alt. Das ist

00:04:55: natürlich nur erst mal eine Oberflächenanlehrung, aber immerhin, so Jugendjahre, Jugendtage sind ja

00:04:59: immer anders, Dinge nochmal vorzuziehen und sie anzuschauen. Ein weiterer Punkt ist, dass Texte der

00:05:04: neuen Sachlichkeit etwa von Irmgard Keun seit vielen Jahren im Zentralabitur der Bundesländer verankert

00:05:10: sind, sodass neue Sachlichkeit durchaus ein Thema ist, das für den Literaturunterricht ohnehin immer

00:05:14: wieder neu aufzubereiten ist. Und ich verhehle nicht, es gibt auch einen persönlichen Grund. Ich

00:05:19: bin ein ganz großer Fan dieser Texte der neuen Sachlichkeit. Ich mag sie einfach und ich bin

00:05:22: auch jetzt beim Nochmallesen, beim Wiederentdecken vieler Texte, über Perlen gestolpert oder fehl

00:05:29: mir auf Texten auch mal wieder aufmerksam geworden, die ich mit einem ganz großen Vergnügen, großen

00:05:33: Genuss gelesen bzw. wieder gelesen haben. Also das, was du gerade sagst, das kann ich erst mal als

00:05:39: Nicht-Deutsch-Lehrer total nachvollziehen, weil ich fand es ganz spannend. All die Aspekte und

00:05:43: Themen, thematische Überschriften, um die es dann inhaltlich geht, habe ich gedacht, ja, ob das

00:05:48: jetzt vor 100 Jahren war oder quasi jetzt aktuell, da merkst du erst mal gar keinen Unterschied. Also

00:05:52: jetzt rein zeitlich, um oberflächlich natürlich betrachtet, weil es ihnen genau darum geht.

00:05:56: Und das ist ja auch so ein bisschen die erste Kernaussage, dass man eben diese Aktualität der

00:06:01: Texte nutzt und den Schülerinnen und Schülern damit auch noch mal vor Augen führt, dass quasi

00:06:05: vor 100 Jahren vieles schon genauso war wie heute. Richtig? Ja, absolut richtig. Das ist ein

00:06:11: zentrales Anliegen der Ausgabe, deutlich zu machen, dass diese Texte 200 Jahre alt sind, uns in den

00:06:17: 2020er Jahren aber in vielem näher sind als Texte etwa der 1950er oder auch der 1960er Jahre. Also Themen,

00:06:24: die unter aktuellen Anglizismen daherkommen, die was weiß ich, Fake News oder #MeToo als Debatte und

00:06:31: Diskurs, da hat man ja den Eindruck, dass seine Themen, die quasi gerade aufgeploppt sind, ja,

00:06:36: leider ist es oder ist es nicht so. Das sind Themen, die in den 20er Jahren, den 1920er Jahren

00:06:42: bereits verhandelt wurden und die sich in der Literatur der 1920er Jahre eben auch finden. Also

00:06:46: gerade dieses Fake News Beispiel, wenn man mal bei Erich Kästner im Fabian Roman nachliest,

00:06:52: da wird man sehen, die Journalisten, die ihr Arbeitsethos nicht allzu gründlich auffassen,

00:06:57: behalten Falschmeldungen in die Zeitung setzen, damit die Zeitung voll ist, nicht untergreifen,

00:07:01: damit das Blatt gefüllt ist und sich nicht weiter darüber Gedanken machen, was sie damit

00:07:05: anrichten. Oder wenn man den wunderbaren Roman Käsebier erobert, den Kurfürsten Damm von Gabriele

00:07:10: Targe bließt, da sieht man das Funktionsprinzip von Deutschland sucht den Superstar. Also wie die Medien

00:07:16: ihre Stars seien sie noch so unbedarft, zu Stars erst macht. Auch der Motto, man braucht die Schlagzeile,

00:07:22: man braucht den Hype um eine Person, aber in der nächsten Saison wird der nächste Star gemacht

00:07:28: und da gibt es den nächsten Superstar und keiner redet mehr vom Superstar davor. Also solche Dinge

00:07:32: zeigen, übrigens gibt es auch für soziale Themen, also etwa die Rolle der Frau, der Wandel der

00:07:37: Arbeitswelt, das sind alles Themen, die uns sehr aktuell erscheinen, die sehr aktuell sind, die

00:07:42: aber gleichzeitig zeigen, dass wir eigentlich seit gut hundert Jahren auf der Stelle treten und uns

00:07:47: immer noch mit denselben Problemen umschlagen, wie die der Weimarer Republik verhandelt worden.

00:07:51: Das ging mir nämlich gerade auch durch den Kopf. Ich habe so überlegt, okay, was ist quasi der

00:07:56: Erkenntnisgewinn, den ich daraus gewinne? Also wenn ich jetzt als Schüler/Schülerin, ich meine, ich finde

00:08:01: das total schön, weil ich kann da glaube ich ganz anders inhaltlich andocken, als wenn ich jetzt ein

00:08:04: Text lese, der vielleicht historisch viel weiter weg ist oder wie du gerade auch schon gesagt hast,

00:08:08: 50er, 60er Jahre, wo einfach was mich nicht so packt. Also das packt mich und jetzt über die ich

00:08:12: sage mal Deutsch betrachtung hinaus, also was wäre der Erkenntnisgewinn? War es damals wirklich

00:08:16: genauso wie jetzt? Oder gibt es da schon auch Unterschiede? Ja selbstverständlich gibt es Unterschiede,

00:08:20: also die Zeitumstände sind mit Nichten zu vergleichen. Als ich denke die 2019/20er Jahre waren in vieler

00:08:26: Hinsicht radikaler und extremer, als das in der Gegenwarte der Fall ist. Auch die politische

00:08:31: Situation war viel zerrissener, viel existenzieller, viel dramatischer. Die soziale Situation war

00:08:35: um ein Vielfaches verschärft. Also insofern würde ich jetzt nicht mit Blick auf die Umstände

00:08:40: einfach eine Parallel ziehen und sagen, es kommt alles wieder und spätestens nach 100 Jahren sind wir

00:08:44: wieder da, wo wir waren. Also da bin ich weit von entfernt. Allerdings mit Blick eben auf Literatur

00:08:49: im Unterricht und die die Relevanz von Literatur im Unterricht scheint mir gerade hier ein Zugang

00:08:54: zu sein, der zeigt, dass man sozusagen auch die eigene Gegenwart nochmal beleuchten kann,

00:08:59: nochmal ausleuchten kann und ein Verständnis für Problemlagen, für Verwerfungen, für die

00:09:03: aktuelle Diskurse der Gegenwart entwickeln kann, wenn man einen Schritt zurücktritt und eben nicht

00:09:07: nur das anschaut, was gerade jetzt publiziert wird, sei es literarisch, sei es in den Medien,

00:09:12: sondern das ganze Gewissermassen durch die Brille der 2019/20er Jahre betrachtet und dort

00:09:17: vielleicht auch Ursachenforschung betreiben kann, die eine oder andere Ursache für Problemen,

00:09:23: mit denen wir uns heute hat, noch umschlagen, finden kann. Und vielleicht auch dann an der

00:09:27: einen oder anderen Stelle Entwicklungsschritte vermeidet, die sich dann daraus vielleicht

00:09:31: ergeben haben. Ja, also vielleicht noch eine Frage dazu, weil du es gerade gesagt hast,

00:09:35: jetzt den Blick mal zurückzunehmen, ist ja ganz spannend. Und trotzdem haben wir vorhin ja schon

00:09:38: gesagt, das waren irgendwie ganz, ja, auf den Punkt gebrachte Texte oder sind jetzt auf den Punkt

00:09:43: gebrachte Texte. Hat man das damals auch schon so gesehen, also neue Sachlichkeitstexte, so war

00:09:48: das damals auch schon, dass die Menschen gesagt haben, wow, wir erkennen hier einen Unterschied und

00:09:51: wir beschäftigen uns damit oder hat das quasi auch Zeit gebraucht, sich damit auseinanderzusetzen,

00:09:55: um dessen gewahr zu werden? Ah, da muss man, glaube ich, unterscheiden zwischen unterschiedlichen Gruppen,

00:10:00: der Rezeption. Also die zeitgenössische Rezeption hat zum Teil diese Texte genau deswegen bejubelt,

00:10:05: weil sie eben sehr aktuell waren, weil sie sehr zeitgemäß waren, weil sie in der Sprache eben auch

00:10:10: klar und nüchtern dargestellt hat. Das ist sozusagen als Innovationsschritt seinerzeit gelobt worden,

00:10:16: aber ich sagte schon, die 1920er Jahre sind eben nicht nur neue Sachlichkeit. Die kulturelle

00:10:22: Spannbreite der 20er Jahre ist immens breit und auch die Bereitschaft der Menschen sich auf Neues

00:10:28: einzulassen und genauso wie es eben hinsichtlich der neuen Sachlichkeit Jubel gab, so gab es eben

00:10:33: auch massive Ablehnung von all denjenigen, die sich eben nicht den neuen Herausforderungen stellen

00:10:38: wollten, die sich überfordert gefühlt haben, die sich abgehängt gefühlt haben, die zurück wollten.

00:10:42: Also insofern ist es immer so eine Spartengeschichte. Also die neue Sachlichkeit ist, sind nicht die

00:10:49: 20er Jahre, sind nicht die Weimarer Republik, sie sind eine Facette neben viel. Und das wird

00:10:54: nochmal wichtig herauszustellen. Und gleichzeitig, das hat es gerade irgendwie nochmal schön auf

00:10:59: den Punkt gebracht, und wir sehen eben, wie aktuell ist es. Also der Umgang mit Veränderungen,

00:11:02: das erleben wir ja jetzt auch wieder gesamtgesellschaftlich, global gesehen wiederum. Im System

00:11:08: Schule, egal wo du es betrachtest, dass es einfach extrem anstrengend ist, im Sinne von, also für die

00:11:13: einzelnen Personen ist es anstrengend, aus unterschiedlichsten Gründen. Und vielleicht lassen

00:11:16: sie nochmal so, wenn wir jetzt so auf die zweite Kernhaussage gehen, zweite These gehen, doch mal

00:11:22: ein bisschen reinzoomen, weil er heißt es, dass man sich natürlich, um Unterrichts interessant zu

00:11:27: gestalten, auch so Themen konzentrieren könnte, wie soziale Unterschiedlichkeit, wie Geschlechterrolle,

00:11:32: Geschlechterrollen insgesamt, Zukunftsvision. Wie lässt sich das gut mit dem Thema Neusachlichkeit

00:11:37: machen? Vielleicht können wir das mal ganz konkret an einem Beispiel festmachen. Ja, wollte ich auch

00:11:41: gerade sagen, ein Beispiel hilft da ganz sicherlich. Wenn man sich überlegt, dass nach wie vor ja gleiche

00:11:45: Arbeit ungleich bezahlt wird, sonst die Lohnböhe davon abhängt, ob jemand eben ein Mann oder eine

00:11:50: Frau ist, dann wird man in der Literatur der 20er Jahre feststellen, dass es da gewissermaßen Ursachen

00:11:56: dafür gibt. Die darin liegen, dass in den 20er Jahren etwa völlig neue Berufsfelder erfunden

00:12:02: worden sind, also etwa die auch die soziale Schicht der Angestellten, der Sekretärinnen, und das sage

00:12:07: ich jetzt nicht mit Binnen-i, sondern tatsächlich Sekretärinnen, das ist eine neue der veränderten

00:12:13: Wirtschaft folgendem Berufstätigkeit und diese Gruppe der Frauen, die in diesen Berufen tätig

00:12:18: waren, die ist im Prinzip von vornherein ausgebeutet, untergebuttert, schlecht bezahlt, zum Teil

00:12:24: sexuell genötigt und bedrängt worden. Und das sind Befunde, die eben in der 20er Jahre passieren,

00:12:30: die dort real sind, die in der Literatur der 20er Jahre verhandelt werden und die, wenn man es liest,

00:12:35: eben ausgesprochen gegenwärtig sind und uns gar nicht so furchterlich fremd vorkommen. Hast du da ein

00:12:39: bestimmtes Beispiel vor Augen, also bestimmten Text, ein bestimmtes Werk, bei dem das gut wäre oder

00:12:45: was dir gut gefällt, wo du sagst, das ist super für den Unterricht, weil? Also ich würde dir einen

00:12:50: Roman direkt nennen wollen, das Mädchen an der Orga-Privat von Rudolf Braune, die Orga-Privat war

00:12:56: eine Schreibmaschinen-Typ, sowas wie die Adler oder Komodore. Also das Mädchen an der Orga-Privat 1930

00:13:02: geschrieben, spiegelt genau diese Geschichte eines 19-jährigen, 19-jährigen Jungen Frau, die aus der

00:13:07: Provinz nach Berlin in die Metropole kommt und die sich mit dieser neuen Berufstätigkeit als

00:13:12: Perspektive einen sozialen Aufstieg verspricht und dann sich in so einem Großraum-Büro wiederfindet,

00:13:18: dass ich in diese Hackordnung einsortieren muss und feststellt, dass sie eigentlich da tatsächlich

00:13:22: ausgeliefert sind und zwar insbesondere den männlichen Vorgesetzten. Sie versucht dann sozusagen

00:13:27: Solidarisierungsbewegungen herbeizuführen, vielleicht sagen so was wie eine prototypische

00:13:32: gewerkschaftliche Bewegung unter den Sekretärinnen herbeizuführen, als dann nämlich schließlich

00:13:37: eine entlassen werden soll, die Schwanger wird, nachdem sie vergewaltigt worden ist. Die Sache

00:13:40: geht schlecht aus, und zwar vor allem für die Initiatoren dieser sozialen Aktion, die dann

00:13:47: letztendlich entlassen wird. Also der Sekretärin in Roman, das ist so ein Subschore der Neuensachlichkeit,

00:13:53: spiegelt genau diese beruflichen Kontexte wieder. Und das Mädchen an der Orga-Privat von

00:13:58: Rudolf Braune ist ein ganz wunderbares Beispiel. Und vielleicht nochmal ein ganz anderes Beispiel zu

00:14:01: nennen, also wenn wir mal, das ist ja jetzt ein Aspekt, den wir gerade genannt haben, vielleicht

00:14:04: noch ein zweiten Aspekt, wenn wir verschiedene Menschen mit verschiedenen

00:14:07: Bereichen und Schwerpunkte, die uns gerade zuhören, also wenn du sagst, da hätt ich noch was?

00:14:11: Ja, nehmen wir doch mal die ganzen Sportromane. Also Sport ist ja auch ein Thema, das Schülerinnen und Schüler recht nahe liegt.

00:14:19: Sport wird in den 1920er Jahren so eine Inszenierung von Unabhängigkeit.

00:14:25: Also so was wie die sechs Tage Rennen sind erfunden worden, die ersten großen Boxkämpfe gibt es.

00:14:29: Das heißt, Sport wird zum einen für Männer, aber noch mehr für Frauen tatsächlich zu einem Vehikel, um sich von Rollenkonventionen, von Rollenbildern zu befreien,

00:14:38: sich selbst zu emanzipieren, ein bisschen zur Kleidung, die dann eben funktional wird, um eben für bestimmte Sportarten tauglich zu sein.

00:14:47: Sport wird sozusagen als eine Bewegung gezeigt, in der sich auch soziale Gegensätze ein Stück weit aufheben, aber eben nur ein Stück weit.

00:14:54: Letzten Endes wird, bestenfalls, kaschiert. Sie werden natürlich nicht aufgehoben.

00:14:58: Insofern sind die Sportromane der 20er Jahre, die Boxromane, die Fahrradromane ein ganz wunderbares Beispiel.

00:15:06: Und auch da könnte ich eben schnell einen Text nennen von Marie-Louise Fleißer, eine Zierde für den Verein.

00:15:12: So heißt der Roman mit einem schönen Untertitel "Roman vom Rauchen, Sporteln, lieben und verkaufen".

00:15:18: Das sind doch Wörter, das spricht mich doch total an direkt.

00:15:21: Alles dabei. Das ganze Spektrum dabei. Also, da wird schon deutlich, dass hier im Prinzip parallel bestehen zwischen dem System Sport, dem System Wirtschaft,

00:15:30: dem System Liebe auch, also private Beziehungen, so dass hier der Sport etwas symbolisches, prototypisches ist, in dem Geschlechterordnungen,

00:15:38: in dem Emanzipationen, Entwicklung und in dem Letzten Endes auch ökonomische Diskurse verhandelt werden.

00:15:44: Also, das sind auf jeden Fall schon mal zwei Beispiele. Danke dafür.

00:15:47: Und jetzt leiten wir mal über zum dritten Kernanliegen zur dritten These.

00:15:52: Und da bin ich gleich mal gespannt, was du sagst.

00:15:54: Und zwar ist ja immer so das Argument oder die Idee natürlich unterricht zeitgemäß zu gestalten, logischerweise.

00:15:59: Und natürlich auch irgendwie die Schülerinnen und Schüler mitzunehmen, authentischen und realitätsnahen Bezug für sie herzustellen.

00:16:07: So, jetzt haben wir ja ganz schon ganz viel darüber gesprochen, dass das dann inhaltlich gut geht.

00:16:11: Ich habe mich jetzt oder eine These, die man ja in den Raum stellen könnte, wäre oder ist, dass man eben bekannte Medien nutzt,

00:16:17: die die Schülerinnen und Schüler vielleicht auch schon kennen, auch vielleicht auch in digitaler Art und Weise, Filme, Verfilmungen,

00:16:23: also was Neuzeitliches, um zu sagen, hey, darüber schaffen wir einen Einstieg in das Thema.

00:16:28: Absolut, also Medien wären hier ein probates Beispiel, wobei ich sage, das wichtigste im Medium sind die Texte selbst.

00:16:35: Die Texte sind eben sprachlich tatsächlich nicht durch große Fremdheit geprägt, die lassen sich ohne allzu große Einstiegshörden rezipieren.

00:16:41: Und die Texte sprechen für sich, die sprechen auch Schülerinnen und Schüler an.

00:16:44: Die sprechen im Übrigen auch jüngere Schülerinnen und Schüler an, denn Neuersachtlichkeit gibt es ja nicht nur in der Literatur für Erwachsene,

00:16:50: sondern Neuersachtlichkeit gibt es ja auch in der Kinder- und Jugendliteratur.

00:16:53: Und da wird durch die Textruktur selber schon das jüngere Lesepublikum angesprochen.

00:16:57: Man denkt an eben die Detektive von Erich Kästner oder man denkt an den zugrunde liegenden Text Kai aus der Kiste von Wolf Durian,

00:17:04: der auch schon dieses Element der Bande und das gemeinsame Lösungs eines Problems eines Fals in den Mittelpunkt steht.

00:17:10: Also die Texte selber sprechen an.

00:17:12: Man kann aber selbstverständlich auch, wenn man wieder an ein Fabian-Romant von Kästner denkt, die aktuellste Verfilmung aus dem Jahr 21 heranziehen

00:17:19: und sozusagen mit den Mitteln des Films der 2020er Jahre ein Text der 1920er Jahre in Szene gesetzt wird.

00:17:25: Und hier wird dann auch ein wunderbarer Zugang geschaffen.

00:17:27: Aber ich vermute, die Texte selber oder Auszüge aus den Texten schaffen diese Zugänge und zeigen Schülerinnen und Schüler, wie nah sie diesen Texten letztendlich sind.

00:17:35: Und das ist ja vielleicht auch mal ein spannender Ansatz, es genau andersrum zu machen.

00:17:38: Also quasi den Text als Grundlage zu nehmen, als Unterrichts-Einstieg sozusagen.

00:17:43: Und da gibt es ja auch, weil du hast es jetzt gerade mit dem Fabian angesprochen, da gibt es ja auch ein Beispiel in der Ausgabe zu,

00:17:48: wo da näher darauf eingegangen wird und wo es auch beschrieben wird, wie man das machen kann.

00:17:52: Und da wird jetzt zum Beispiel gesagt, dass man im Anschluss dann hingeht und sich die Verfilmung anschaut

00:17:57: und dann guckt, okay, wie ist denn eigentlich der Originaltext nochmal, wie ihr es formuliert, modifiziert und porrentiert wird

00:18:04: und auch die verschiedenen Stilmittel nochmal zu vergleichen? Also was passiert filmisch, was passiert meteorarisch?

00:18:09: Wäre ja auch nochmal ein anderer Ansatz.

00:18:11: Absolut richtig. In einem Literaturunterricht, der ja in Teilen immer auch Medienunterricht ist, geht es ja darum, Medienverbünde auch zu nutzen.

00:18:17: Und da ist so ein Rezeptionstext, wie immer eine aktuelle Verfilmung, das geht für die Detektive genauso.

00:18:23: Die Verfilmung ist zwar jetzt nicht mehr taufrisch, aber im Vergleich zum Alter des Textes ist immer noch relativ neu.

00:18:28: Da gibt es einfach Ideen und Möglichkeiten, diese Medien einzubeziehen und dann eben den Referenztext, also den Printtext

00:18:36: und den Interpretationstext, die filmische Adaption aufeinander zu beziehen.

00:18:39: Und da finde ich jetzt persönlich nochmal spannend, es geht ja immer auch um Wirkung.

00:18:42: Also wie wirkt ein Text, den ich lese? Wie wirkt ein Film, den ich mir anschaue? Was macht das mit mir?

00:18:47: Und da finde ich spannend, was dann auch nochmal passieren kann.

00:18:50: Denn wir haben vorhin gesagt, dass teilweise zum Beispiel Stichwort Fake News, wenn das eingebaut wurde, ein Text,

00:18:55: um auch nochmal die neuzeitlichen Bezug herzustellen, dass ja heute auch durch diese ganzen sozialen Netzwerke zum Beispiel,

00:19:01: wo ja Film das zentrale Medium ist, wo vielleicht eine Information, die als Text vorher zur Verfügung stand, im Film dann ganz anders genutzt wird.

00:19:09: Also das finde ich irgendwie auch nochmal ein interessantes Aspekt.

00:19:11: Ja, absolut. Also bleiben wir bei dem Beispiel, dass auch in der Ausgabe verhandelt wird, der Kessner Roman Fabian und die aktuelle Verfilmung.

00:19:18: Das Spannende liegt ja darin, dass hier einerseits Figuren historisch inszeniert werden, also über ihre Kleidung etwa,

00:19:24: in ein historisches Berlin reinversetzt sind und gleichzeitig sind in diesem historischen Berlin allerdings gegenwahrtsberlin-Elemente drin.

00:19:32: Also etwa die Steuerbarsteine, die sind zu sehen, die in den 1920er Jahren selbstverständlich noch nicht dort gelegen haben.

00:19:38: Und dadurch gibt es sozusagen diese Übergänge zwischen 1920er und 2020er Jahren.

00:19:43: Dann lass uns mal einen Schritt weitergehen und eine vierte Kernaussage ist, die man aus der Ausgabe herauslesen kann,

00:19:49: dass man davon profitiert, dass diese Texte aus der neuen Sachlichkeit natürlich den Alltag total klar wiedergehen.

00:19:55: Wir haben es schon ein paar Mal gesagt und sich zum Beispiel nicht hinter symbolischer Sprache verstecken.

00:20:00: Das ist die Aussage und dann beschreibt die in der Ausgabe auch, dass das ja auch auf die einzelnen Text Gattung,

00:20:07: also zum Beispiel in der Lyrik und so, auch übertragbar ist. Vielleicht magst du da noch was zu sagen?

00:20:11: Ja, absolut. Ich hatte ja schon gesagt, dass den Autoren und Autorinnen, was dann anliegen ist, eben die Sprache zu entschlacken.

00:20:17: Und insofern ist die Strömung der neuen Sachlichkeit auch durchaus eine antiexpressionistische Strömung zu sehen.

00:20:22: Wir hatten also in der expressionistischen Lyrik, um das Beispiel aufzugreifen, wenn er versucht hat, mit Sprachbombast,

00:20:29: mit einem metaphorischen sprachlichen Aufwand zu argumentieren und zu ästhetisieren,

00:20:34: geht die Lyrik der neuen Sachlichkeit gerade wieder zurück und nimmt jede Psychologisierung auch raus.

00:20:40: Also liebes Lyrik, neusachlich bei Kessner, immer wieder Kessner, aber nicht nur auch bei Masha Kaleco zum Beispiel,

00:20:46: Großstadt-Liebe, das ist so ein Text, der zeigt, dass letzten Endes die seinerzeit neuen Medien das direkte Sprechen über Gefühle ersetzen

00:20:56: und dass eben diese Technisierung ermöglicht, sich nicht mehr direkt in einer Konfrontation zu stellen,

00:21:03: sondern auch solche Dinge wie Liebe oder zwischenmenschliche Beziehungen tatsächlich zu versachlichen.

00:21:09: Und die Lyrik schafft es eben auch sprachlich, indem sie ganz unaufgeregt, ganz unauffändig thematisiert,

00:21:14: wie zwei Menschen sich kennenlernen und sich dann aber auch wieder gehen lassen.

00:21:18: Ja, das habe ich mich gerade gefragt, ist das trotzdem, also jetzt frage ich dich mal,

00:21:22: aus der Forschungsperspektive quasi auch und aus der direkte Brille gleichermaßen, ist das trotzdem schön?

00:21:30: Also so verblühende Sachen sind gerade, sprich es gerade das Thema Liebehandel.

00:21:33: Also das ist ja irgendwie auch in der romantisierten Vorstellung vielleicht irgendwie etwas ganz Schönes,

00:21:37: einerseits vielleicht historisch und andererseits heutzutage, gerade bei den Schülerinnen und Schülern,

00:21:41: wahrscheinlich auch wieder durch ganz frühe Kontakte mit allem, was mit Liebe

00:21:46: und Sexualität und so zusammenhängt, vielleicht auch schon wieder ganz entromantisiert.

00:21:50: Also ich habe mich gerade gefragt, finde ich das vielleicht gerade deswegen cool und schön und spannend?

00:21:54: Ist das noch schön? Und wenn es so sachlicher auf den Punkt gebracht ist?

00:21:57: Also mit der Kategorie "Schön" kann ich tatsächlich nicht viel anfangen,

00:22:00: weil es liegt dann mal im Auge des Betrachters oder den Betrachteren aus jemandem schön mit.

00:22:04: Das ist zumindest eine Differenzkriterium.

00:22:08: Und ich denke, Herr Rambachsende, die vielleicht eher auf so einer Romantik schien,

00:22:12: oder die bestimmte Vorstellungen mit Liebe, mit Verliebtsein verbinden,

00:22:18: denen sozusagen eine Differenzmarke an die Hand zu geben

00:22:22: und mal zu schauen, dass man über Liebe auch anders sprechen kann.

00:22:25: Und dass Liebe eben nicht immer nur sozusagen im Klischee ist

00:22:28: und dass man nicht immer nur Herz und Schmerz reinigen muss,

00:22:30: sondern dass es auch andere Formen des Sprechens über Liebe gibt

00:22:33: und im Übrigen auch andere Formen Liebe zu erleben.

00:22:35: Das kann manchmal kein Nachteil sein.

00:22:39: Ja, war persönlich gefragt und persönlich geantwortet.

00:22:42: Danke dafür.

00:22:43: Und damit kommen wir dann zur letzten Theose, zur letzten Aussage, zur letzten Anliegen.

00:22:48: Und zwar das natürlich dieses Thema,

00:22:50: und das ist ja auch grundsätzlich immer ein Aspekt,

00:22:52: dass wir Möglichkeiten von Überfachlichkeit hinbekommen,

00:22:55: also von überfachlichen Lernen.

00:22:57: Da können wir nochmal antropfen, das ist das, was wir vorhin gesagt haben,

00:23:00: weil sich eben neusachliche Elemente auch in Musik, in Bildern

00:23:04: und in Architektur zum Beispiel wiederfinden.

00:23:07: Vielleicht kannst du das noch kurz ausführen.

00:23:09: Also die neue Sachlichkeit ist ein wunderbares Beispiel,

00:23:11: tatsächlich so ein Programm einer Kulturdidaktik aufzumachen,

00:23:14: dass über reine Literatur didaktik in einem engeren Sinne hinausgeht.

00:23:18: Und das zeigt, dass hier eine bestimmte Ästhetik,

00:23:21: eine bestimmte Weltsicht, eine bestimmte Art Weltsch

00:23:24: und Funde der Welt zu verhandeln,

00:23:26: sich in ganz unterschiedlichen Bereichen wiederfinden.

00:23:28: Da hat er ja schon über die Architektur kurz gesprochen,

00:23:31: und sein Bauhauses mäßig nochmal erwähnen,

00:23:33: dass also tatsächlich ein Deck an die Dinge wie die Bürostühle

00:23:36: oder die T-Kannen, die die Bauhausdesignerinnen und Designer entwerfen,

00:23:39: die sind in ihrer Funktion geprägt, die sind schlicht,

00:23:43: die sind klar in ihrer Linienführung, sie haben ein Gebrauchsaspekt.

00:23:46: Die Form folgt der Funktion.

00:23:48: Aber das gilt auch für Populärkultur, also wenn man sich die Schlager,

00:23:51: die Chansons anschaut, wenn man sich die Filme,

00:23:53: wenn man sich die Reklame, die Reklameanzeigen der 1920er Jahre anschaut,

00:23:58: und auch das ist eine Elemente von der Alltagskultur,

00:24:00: dann wird man dort ganz klare Botschaften,

00:24:02: dass das abrüstende, sprachliche Abrüsten wiederfinden,

00:24:07: dass eben sowohl in verschiedenen Kulturformen

00:24:10: wie auch in Bereichen der Alltagskultur zu finden ist.

00:24:12: Und das sind eben Schnittstellen, die für eine Kulturdidaktik

00:24:15: hier sehr hilfreich sind, wo man sehen kann,

00:24:17: dass es nicht nur ein singuläres literarisches Phänomen ist,

00:24:20: sondern dass das, was eben unter anderem in Literatur auftritt,

00:24:23: in anderen ästhetischen Formen, in anderen kulturellen Ausprägungen

00:24:27: ebenfalls vorkommt.

00:24:28: Insofern ist überfachliches Lernen da tatsächlich ein wichtiges Stichwort,

00:24:32: nicht zu verwechseln mit fachübergreifendem Lernen,

00:24:34: das ist ja nochmal eine andere organisatorische Frage,

00:24:36: aber zu zeigen, dass eben Literatur als Bestandteil

00:24:40: einer kulturellen Gesamtverfasstheit funktioniert,

00:24:43: und dass es eben Ankerpunkte und Ankerstellen gibt

00:24:47: zwischen verschiedenen Künsten, zwischen verschiedenen Kunstformen,

00:24:49: das scheint mir sehr wichtig, und es scheint mir auch eine wichtige Perspektive zu sein,

00:24:53: die sich eben exemplarisch am Bereich der Literatur-Schrägstich-Kultur

00:24:57: der Neuensachlichkeit erlernen und ergraben lässt.

00:25:00: Und um den Bogen auch noch mal zu heute zu schlagen,

00:25:02: genau diese Elemente finden sich ja heute auch in allen anderen Bereichen ja auch wieder.

00:25:06: Also wenn wir nur mal an Smartphone-Design,

00:25:08: um in der Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler zu denken,

00:25:11: App-Design, Werbung, das ist gerade angesprochen,

00:25:14: all diese Dinge sind ja auch wieder ganz, ganz minimiert rein,

00:25:19: ohne viel Geschnurkel, ohne viel Getöne, sondern einfach auf den Punkt gebracht.

00:25:23: Also das auch da hast du ja dann wieder den Gegenwartzbezug.

00:25:26: Absolut so ist das ja, stimmt.

00:25:28: An der Stelle, mit Blick auf die Zeit, die Zeit grenzt immer in solchen Gesprächen,

00:25:32: du hast gleich das Schlusswort, da darfst du gleich gerne nochmal

00:25:36: einen Aspekt oder mehrere an uns richten, tatsächlich.

00:25:39: Und ich würde an erster Stelle jetzt einmal zusammenfassen,

00:25:42: was wir gerade miteinander besprochen haben.

00:25:43: Das heißt also, wir haben fünf Kernanliegen thematisiert

00:25:45: und das erste Mal zu sagen, wir nutzen einfach diese Aktualität der Texte,

00:25:49: weil wir eben festgestellt haben, dass ganz viel ist in den 1920er Jahren

00:25:52: zumindest in Ansätzen ähnlich war wie heute.

00:25:55: Zweite These, dass wir uns auf diese ganzen Themen wie soziale Unterschiede,

00:25:58: geschlechter Rollen, Zukunftsvisionen konzentrieren können,

00:26:01: um Unterricht einfach interessant zu gestalten.

00:26:04: Dann haben wir gesagt als dritte These, dass wir gar nicht unbedingt neue Medien brauchen,

00:26:09: sondern dass der Text an sich schon interessant ist

00:26:12: und den Unterrichtseinstieg damit zu machen und vielleicht davon abgehend

00:26:15: dann nachher den Schwung auf neue Medien zu nehmen.

00:26:17: Als viertes haben wir gesagt, dass die Texte den Alltag klar wiedergeben

00:26:20: und sich eben nicht so symbolhaft wieder vor vielleicht präsentieren

00:26:24: und das letzte war, das überfachliche Lernen, dass das eben super möglich ist.

00:26:28: Wenn du jetzt vielleicht die Quintessenz für dich zusammenfass,

00:26:30: das ist die erste Frage und danach kommt dein Schluss vor uns.

00:26:33: Die Quintessenz aus dieser Ausgabe, neue Sachlichkeit in Deutschunterricht,

00:26:36: was ist das für dich?

00:26:38: Die Quintessenz ist eigentlich die Aufforderung an Lehrkräfte,

00:26:41: den Mut zu haben, sich dieser Texte zu bedienen,

00:26:44: sie zu nutzen, sie wiederzuentdecken und zwar für alle Altersgruppen,

00:26:47: auch für junge Schülerinnen und Schüler im Bereich der Kinderliteratur,

00:26:50: für Schülerinnen der Mittelstufe, im Bereich der Lürik.

00:26:53: Die neue Sachlichkeit ist zugänglicher als man das vielleicht denkt

00:26:56: und die 100 Jahre Differenz werden spielend wettgemacht,

00:27:00: eben durch die sprachliche Kleid, durch die sprachliche Aktualität,

00:27:03: durch die thematische Aktualität der Texte selbst.

00:27:06: Also keine Angst vor der neuen Sachlichkeit greift zu.

00:27:09: Und das greift zu, bezieht sich auf die Ausgabe.

00:27:12: Da finden sich nämlich ganz, ganz viele Beispiele noch weiter ausgeführt,

00:27:15: ganz viel erklärt dazu.

00:27:17: Und ich finde gerade diese, auf dem Cover,

00:27:20: wenn man das Cover dann sieht, finde ich spannend,

00:27:22: weil das erinnert natürlich an die 1920er Jahre

00:27:25: und trotzdem, wenn man dann reinschaut, merkt man, wow, völlig zeitgemäß.

00:27:28: Von daher vielen Dank für diese ganzen Einblicke,

00:27:30: vielen Dank für die Erläuterung und dass du das mit uns geteilt hast

00:27:32: und jetzt hast du den absoluten Schlusssatz, den du noch loswerden möchtest.

00:27:35: Ja, und was soll ich sagen?

00:27:37: Die neue Sachlichkeit ist ein Füllhorn an Texten,

00:27:40: die es wieder zu entdecken lohnt.

00:27:42: Und zwar auch jenseits der altbekannten,

00:27:44: üblichen Verdächtigen wie Kessner und Keun.

00:27:47: Auch diese Ausgabe macht einen Vorschlag,

00:27:49: ein Text wieder zu entdecken.

00:27:50: Man kann hineingreifen, man findet überraschende Texte,

00:27:52: man findet überraschende Anschlüsse,

00:27:54: man findet überraschende Themen.

00:27:55: Das ist einfach ein Füllhorn an toller Literatur.

00:27:58: Das war "Einfach unterrichten".

00:28:04: Der Podcast von Friedrich Plus aus dem Friedrichverlag.

00:28:08: Wir bringen innovativen Unterricht für Lehrkräfte auf den Punkt.

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