Deutsch: Alles von der Kunstfreiheit gedeckt?

Shownotes

Satire kann böse, komisch oder bitterernst sein – Hauptsache, man erkennt sie als solche! Damit Schüler:innen nicht in die Ironie-Falle tappen, braucht es im Deutschunterricht einen geschulten Blick für Übertreibung, Verfremdung und den Ernst hinter dem Witz. Deine Lernenden sollten Satire als ein Stilprinzip kennen, das sich in vielen Text- und Medienformaten wiederfindet Es sollte ihnen bewusst sein, dass ihnen Satire auch in Alltagssituationen begegnet und dass sie zu Missverständnissen führen kann, wenn sie unerkannt bleibt. Auch was Satire alles darf und was nicht, ist ein spannender Unterrichtsgegenstand und sorgt garantiert für Diskussion. Mehr dazu erfährst du in der Ausgabe 299 von Praxis Deutsch, erschienen im Friedrich Verlag.


Im Podcast hörst du Moderatorin Veronika Obermeier im Gespräch mit Prof. Tilman von Brand (Deutsch-Didaktiker und Herausgeber).

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00:00:00: Einfach unterrichten der Podcast von Friedrich Plus aus dem Friedrich Verlag. Wir bringen

00:00:10: innovativen Unterricht für Lehrkräfte auf den Punkt. Herzlich willkommen beim Podcast einfach

00:00:17: unterrichten vom Friedrich Verlag. In jeder Folge bringen wir den neuesten Stand der Fachdidaktik

00:00:22: in fünf Thesen auf den Punkt. Heute geht es um Satire im Deutschunterricht. Mein Name ist

00:00:28: Veronica Obermaier vom Institut für Digitales Lernen. Ich spreche hier mit den Menschen hinter

00:00:32: den Unterrichtsideen des Friedrich Verlags. Mein heutiger Gast ist Tillmann von Brandt,

00:00:37: Professor für die Daktik der deutschen Sprache und Literatur an der Universität Rostock. Er ist

00:00:43: Herausgeber beim Friedrich Verlag und hat bei Praxis Deutsch gemeinsam mit Florian Radbahn die

00:00:48: Ausgabe zum Thema Satire veröffentlicht. Wie immer arbeiten wir in diesem Podcast die fünf

00:00:53: wichtigsten Thesen heraus, die für den Unterricht wichtig sind. Aber zunächst mal hallo und herzlich

00:00:59: willkommen, Tillmann. Du bist ja schon seit längerem Herausgeber beim Friedrich Verlag. Darum

00:01:04: würde ich gerne wissen, was hat dich am Thema Satire im Deutschunterricht gereizt?

00:01:09: Das hat zwei Ebenen. Also einerseits ist das mein ganz eigenes Interesse an der Satire und

00:01:18: mein Spaß an Satire. Zum anderen die Möglichkeiten, die der Umgang mit Satire tatsächlich im

00:01:25: Deutschunterricht bietet, weil es eine Übergangskunst ist zwischen Literatur und Alltag, weil sie alle

00:01:34: Kompetenzbereiche des Deutschunterrichts berührt, weil sie häufig sehr lebensdeltrelevant ist und

00:01:43: den Schülerinnen und Schülern in vielfacher Form begegnet. Den Lehrkräften natürlich auch und

00:01:48: das bietet eine ganz gute Möglichkeit, um über uneigentliches Sprechen zu sprechen,

00:01:55: das Unterricht zu thematisieren und damit auch zur Literatur zu kommen.

00:02:01: Wie seid ihr dieses schwierige Thema denn angegangen?

00:02:04: Vor allem, indem wir Material gesammelt haben. Einerseits, andererseits, wie es immer ist,

00:02:11: wenn man ein Axis-Deutsch-Chef macht, dass wir uns angeguckt haben, was gibt es denn erst

00:02:15: nach wissenschaftlich zur Satire? Was ist Satire überhaupt? Deckt sich das mit unserem Alltagsverständnis?

00:02:21: Gibt es da neuere Positionen zu? Und dann haben wir uns überlegt, wo begegnet uns Satire?

00:02:27: Welche Satireformen sind für Schülerinnen und Schüler besonders relevant? Vielleicht auch jenseits

00:02:34: der literarischen Satire, die ja häufig oder die von Natur aus eher Gegenstand des Unterrichts ist.

00:02:41: Hingeswerker zur, nennt es jetzt mal Alltags-Satire oder auch medial vermittelten Satire.

00:02:47: Ja, bevor wir mit der ersten These einsteigen, würde mich noch interessieren. Wie habt ihr

00:02:52: denn Satire definiert? Kannst du das kurz und knackig fassen?

00:02:56: Ich kann es versuchen. Also Satire zeichnet sich vor allem durch drei Faktoren aus. Satire

00:03:04: bedeutet immer, dass ein Angriff vorgenommen wird. Das klingt jetzt fast schon martiales.

00:03:10: Das kann auch ein freundlicher Angriff oder ein harmloser Angriff sein, aber eine Form

00:03:16: von Kritik. Das zweite und das ist das besonders interessante Merkmal ist eben die Indirektheit.

00:03:22: Der Angriff wird nicht direkt ausgedrückt oder ausgesprochen, sondern kommt verblügt daher

00:03:29: über indirektes Sprechen, über Bilder, über Ironie. Ja, das dritte, das ist vielleicht das

00:03:38: schwierigste auch ist, dass hinter der Satire oder hinter dem Angriff immer ein Norm bezügt.

00:03:45: Das heißt, dass der Angriff gleichzeitig dem Wunsch gilt, einen Normen zu erfüllen oder

00:03:53: wiederherzustellen. Meistens ist es so, dass eine bestimmte Norm, sagen wir mal, Gerechtigkeit,

00:03:57: Mitmenschlichkeit verletzt wird und der Angriff wendet sich dann gegen eine Verletzung einer

00:04:03: solchen ethischen moralischen Norm. Die erste These ist ja, dass Schülerinnen und Schüler

00:04:08: lernen sollen oder müssen Satire als solche zu identifizieren. Warum ist es auch schon für

00:04:16: Kinder unwahrscheinlich wichtig? Satire arbeitet sehr häufig mit dem Mittel der Ironie und das

00:04:23: ist eigentlich noch die einfachste Form, wo man sich angucken kann, ist das jetzt satirisch oder

00:04:29: nicht, aber Ironie ist ja häufig tatsächlich der Ausdruck des Gegenteils dessen, was man eigentlich

00:04:35: meint. So, wenn ich das dann nicht verstehe, dass es ironisch ist und dass ich eigentlich genau

00:04:41: das Gegenteil meine, habe ich im Alltag ein Problem, habe ich aber auch bei vielen satirischen

00:04:48: Formen, die mir irgendwo begegnen, ein Problem des Nichtverstehens gleichzeitig ist, aber genau

00:04:56: das auch eine Möglichkeit, die oft genutzt wird, um im Nachhinein Dinge zu rechtfertigen,

00:05:01: dass man was ausgedrückt hat, dann bekommt man Kritik dafür, ein gutes Beispiel dafür,

00:05:07: ist Boris Palma, der gerne über diverse Ziele hinauszieht und im Nachhinein dann sagt,

00:05:14: alles muss satirisch gemeint, ich meinte ja eigentlich genau das Gegenteil, das ist dann

00:05:19: manchmal tatsächlich wirklich der Fall, man müsste sich dann im Einzelnen angucken,

00:05:23: ob es das jeweils besser macht und insofern kann ich eine Satire nur verstehen, wenn ich

00:05:28: erstmal überhaupt verstanden habe, dass etwas satirisch gemeint ist, ansonsten geht mir

00:05:34: eine Sinndimension verlor und das kann denen dazu führen, dass ich tatsächlich das Gegenteil

00:05:40: dessen verstehe, was eigentlich gemeint ist. Damit bringst du auch einer der weiteren Thesen,

00:05:44: die du uns aufgeschrieben hast, dass die Grenzen zwischen Kunst und Wirklichkeit, Fiktion und

00:05:49: Fakt schon längst verschwimmen und Satire ein Teil der Alltagskommunikation geworden ist.

00:05:54: Kannst du das noch näher erläutern? Ja, das Beispiel, was ich ja gerade eben gebracht

00:05:58: habe mit Boris Palma wäre so eines, vielleicht müsste man dann bei der Gelegenheit dann auch

00:06:04: zusätzlich noch den Begriff der Real-Satire irgendwie einschüren, wobei das zu weit schürt.

00:06:10: Ich finde da das Spannungsfeld interessant, dass im Collegium häufig zu hören ist, Mensch,

00:06:16: jetzt sind die schon kurz vor dem Abitur oder schreiben Abitur und verstehen immer noch nicht,

00:06:21: was Satire ist und können eine Karikatur im Geschichtsunterricht nicht deuten oder eben auch

00:06:25: in Deutschklausuren nicht mit Satire umgehen. Auf der anderen Seite beobachte ich aber schon,

00:06:31: dass sich häufig Miems verschickt werden und dann da anscheinend die satirischen Aspekte auch

00:06:36: durchaus ankommen. Wie erklärst du dir das? Ein wesentliches Transportmittel von Satire ist

00:06:43: ja tatsächlich der Humor. Das macht es manchmal auch schwierig, dann doch wieder abzugrenzen.

00:06:49: Ist das jetzt satirisch oder ist es einfach nur lustig oder soll lustig sein? Und dann zu gucken,

00:06:57: na ja, steckt denn jetzt dahinter wirklich einen konkreten Anungeriff? Das ist aber eben noch nicht

00:07:03: das, was die Satire dann letztendlich ausmacht, sondern wo ist denn jetzt der Normbezug? Was

00:07:09: ist denn jetzt eigentlich das, was hier wirklich als positives Gegenbild an jemand gezeichnet ist?

00:07:15: Was jetzt, wie das Verschwimmen von Satire und Realität oder Alltag betrifft? Wir haben ja

00:07:23: mittlerweile eine satirische Partei im Europaparlament vertreten oder in vier Landesparlamenten

00:07:30: und die geben uns ein gutes Beispiel dafür, wie dieses Verschwimmen vonstatten geht mit so

00:07:37: wunderbaren Plakaten wie Inhalte überwinden, was natürlich ein Angriff ist auf Parteikommunikation,

00:07:44: wo tatsächlich die Inhalte immer mehr zurückzudrehten scheinen mit Aktionen. Also eine ältere,

00:07:51: wobei das war damals noch, also die Partei ist ja hervorgegangen aus der Satire-Zeitschrift Titanic

00:07:57: und da war es dann die Titanic, die sich in Fußkringationen aufgestellt hat und mit nachgemachten

00:08:04: SPD-Plakaten, wir geben auf und da in den Dialog mit Menschen getreten sind, die das gänzlich

00:08:10: ernst genommen haben und die dann den Sinn und Zweck hinterfragt haben, wie kommt denn jetzt die

00:08:14: SPD dazu, sich hierhin zu stellen und zu sagen, und wir geben auf, das müsste sie ja dann nicht

00:08:19: auch noch publik machen. Und es ist auch nicht mehr in den Medien so klar abzugrenzen, also es

00:08:25: gibt Formate wie die heute Show bei Jan Böhmermann, also beim Neomagazin Royal wird es schon wieder

00:08:32: schwieriger, weil einerseits betätigt er sich tatsächlich als investigativer Journalist und

00:08:37: deckt Dinge auf, andererseits nutzt er die gesamte Palette der Satire um seine Inhalte zu weilen,

00:08:44: zu verpacken, wo es dann tatsächlich nicht mehr ganz einfach wird, das genau auseinander zu halten.

00:08:51: Finde ich auch sehr spannend, dass er in dieser Ausgabe Böhmermann satieren im literarischen

00:08:56: Kontext bringt, weil das ja wirklich sehr komplex wird und eben diese Eignung für

00:09:01: den Deutschunterricht in meinen Augen da gut raus kommt, diese komplexen Sinnbildungsprozesse

00:09:06: und diese Deutungsräume auszuloten und gerade Böhmermann bringt die Effi-Briest sozusagen auch

00:09:11: sowohl in den historischen als auch in den aktuellen Kontext. Finde ich sehr, sehr spannend und

00:09:16: glaube ich hilft auch vielen Kolleginnen und Kollegen, die noch ein bisschen Vorbehalte haben,

00:09:20: Satire im Unterricht zu behandeln, weil es eben so schwierig ist mit all dem Weltwissen,

00:09:25: das man braucht und so weiter. Welche Tipps hast du denn da noch dieser Komplexität im

00:09:31: Unterricht Rechnung zu tragen? Ich denke auf jeden Fall, dass man früh damit beginnen

00:09:37: sollte, Satire zu behandeln und dann gibt es ja tatsächlich Satire, die kommt sehr offenkundig als

00:09:42: Da kann man auch sehr klar gucken, was ist hier die Autointention?

00:09:45: Worin besteht der Angriff?

00:09:47: Mit welchen Mitteln erfolgt dieser Angriff?

00:09:50: Das schon erwähnte Partilplakat-Inhalt überwinden ist relativ offensichtlich.

00:09:55: Das kann ich einfach interpretieren.

00:09:58: Woin gegen, gerade literarische Sortieren da schon komplexer sind,

00:10:03: weil man nicht eindeutig sagen kann, die Norm ist eine bessere Welt,

00:10:09: oder ist Frieden, oder ist Gerechtigkeit, sondern die kommt da im Zweifel sehr subtil daher.

00:10:16: Da muss man dann auch noch dazu sagen, Satire ist ja ein Spielprinzip

00:10:21: und weniger eine Gattung oder ein Genre.

00:10:24: Es gibt zwar ganze Romane, die satirisch sind, wie beispielsweise der Untertan.

00:10:29: Es gibt aber auch einzelne satirische Sätze in manchen Büchern,

00:10:32: wo man dann sagen muss, hier ist gerade ein satirischer Auszug.

00:10:36: Der ganze Romane ist aber selbst nicht satirisch.

00:10:40: Jetzt habe ich im Prinzip schon so eine Progression deutlich gemacht,

00:10:44: dass es am Ende eben darauf ankommt, immer wieder aufs Neue,

00:10:49: dass satirisch für erstmal zu erkennen, um es darüber dann zu verstehen.

00:10:54: Das ist aber die absolute Voraussetzung dafür,

00:10:57: dass ich den satirischen Gehalt erfassen kann,

00:11:00: dass ich eben erkennen, okay, das ist satirisch gemeint.

00:11:04: Also die Vielfalt der Satire auch kennenlernen, in der sie auftreten kann.

00:11:08: Und spannend finde ich, dass du ja auch dafür plädierst

00:11:11: und auch in den Unterrichtsvorschlägen mit Marc-Uwe Klinks "Neinhorn"

00:11:14: kommt ja schon ein Vorschlag für wirklich sehr, sehr junge Lernende,

00:11:19: weil ich ja häufig im Collegium höre, ja, Ironie kann erst ab,

00:11:23: das ändert sich oft ab zwölf Jahren, ab 14, 16 Jahren wirklich verstanden werden.

00:11:28: Das kennt man ja auch aus der Praxis.

00:11:30: Aber du plädierst dafür, dass man deutlich früher beginnt,

00:11:33: Satire umzugehen und sie auch zu benennen.

00:11:35: Ja, weil es eben auch in der Verständnis von Alltag wichtig ist.

00:11:41: Wie wir gesagt haben, Satire kommt ja nicht nur als Kunst daher,

00:11:47: sondern umgibt uns in der Alltagskommunikation.

00:11:50: Es ist eine wichtige Voraussetzung, um im Alltag das, was mir begegnet zu deuten,

00:11:55: dass ich eben Brüder herangeführt werde,

00:11:58: dass nicht alles zwingend so gemeint ist, wie es gesagt ist.

00:12:02: Und dass sich dahinter möglicherweise auch eine Kritik verbergen kann.

00:12:07: Ja, ich stimme dazu.

00:12:09: Ich glaube, das ist auch ein Mut machen, dass man sich überhaupt traut zu denken.

00:12:13: Hat der das jetzt wirklich so gesagt und gemeint?

00:12:16: Ui, das muss irgendwas Heftiges sein.

00:12:19: Da muss ich noch weiter drüber nachdenken.

00:12:21: Ich glaube, das ist auch wirklich ein klein Auf schon wichtig,

00:12:24: sich diesen Gedanken überhaupt zu erlauben.

00:12:27: Kann ich vielleicht noch eine Anekdote einstreuen,

00:12:30: die das aber ganz gut auf den sozusagen umgekehrten Punkt bringt.

00:12:33: Ich hatte einen Mitschüler der Oberstufe

00:12:35: und wir mussten ein Gedicht von Johannes Erbächer interpretieren,

00:12:38: eine der Stalin-Hymnenen.

00:12:40: Und der hat die wunderbar analysiert und letztendlich auch interpretiert.

00:12:44: Ganz am Ende hat er aber geschrieben, dass es alles ironisch gemeint.

00:12:48: Weil er sich nicht vorstellen konnte, dass jemand sowas ernst meinen kann.

00:12:52: Und gut, da war dann sozusagen, er hat etwas als Satire verstanden,

00:12:56: was in dem Fall ernst gemeint war.

00:12:58: Aber auch da ist es eben wichtig unterscheiden zu können,

00:13:01: was ist satirisch und ja, was ist möglicherweise auch ernst gemeint.

00:13:05: Du hast das ernst gesagt, hier ist es natürlich auch ernst,

00:13:08: aber was ist so gemeint, wie es gesagt ist?

00:13:10: Wortwörtlich, ja.

00:13:12: Das war ein Fall von fehlenden Weltwissen dann wohl.

00:13:15: Ich glaube, das ist die Schwierigkeit,

00:13:17: jetzt auf der einen Seite das Instrumentarium der Satire nahezubringen

00:13:21: und auf der anderen Seite eben das Weltwissen, um einordnen zu können,

00:13:25: die Deutungsräume überhaupt mal ausweiten zu können.

00:13:28: Absolut.

00:13:30: Das Weltwissen ist etwas, also viel Satire ist mit absolutem Zeitbezug

00:13:36: und ist nach kürzter Zeit veraltet.

00:13:39: Personensatire in Bezug auf Politik,

00:13:43: mit Andy Scheuer muss man nicht mehr herkommen.

00:13:46: Gut, er ist jetzt noch irgendwo aktiv, aber nicht mehr so, wie er ständig sieht.

00:13:50: Zumindest nicht mehr als Verkehrsminister.

00:13:52: Und in zwei Jahren wird wahrscheinlich auch niemand mehr wissen,

00:13:55: dass er Verkehrsminister war.

00:13:57: Und dann sind die ganzen Satire, an die es da gegeben hat, hinfällig.

00:14:00: Ja, das ist auch eine Schwierigkeit.

00:14:04: Es gibt Satire, die in gewisser Weise überzeitlich sind,

00:14:08: wobei selbst das berühmte Stück von Gerhard Colt,

00:14:13: Meiling, was wir auch im Heft haben, ist zwar heute noch zu verstehen,

00:14:17: ändert sich trotzdem vermutlich im Diskurs, den wir haben,

00:14:23: über Umgang mit Andersartigkeit.

00:14:28: Colt selbst sagt, er würde Meiling immer noch bringen.

00:14:31: Es würde aber heute anders wahrgenommen werden sicherlich

00:14:34: und auch kritisiert, was früher eher nicht der Fall gewesen ist.

00:14:38: Hat es die Satire denn in einer woken Gesellschaft schwerer?

00:14:41: Vermutlich.

00:14:42: Nehmen wir mal das Beispiel zur Partei.

00:14:45: Die zwei Vertreter der Partei, die wir im Europaparlament sitzen haben,

00:14:50: die haben sich ja sozusagen getrennt, nicht zuletzt wegen eines

00:14:55: als rassistisch empfundenen T-Shirts, das Martin Sonneborn getragen hat

00:15:01: und Nico Semsroth hat gesagt, ne, das geht mir weit.

00:15:05: Das ist meine Art von Humor, das ist Rassismus.

00:15:08: Und damit will ich nichts zu tun haben.

00:15:10: Das ist ja also zum einen mal der Punkt, dass Satire ja nicht per se

00:15:15: gut ist oder gutes meint oder gutes will.

00:15:19: Sondern Satire kann ja politisch erstmal in jede erdäntliche Richtung gehen.

00:15:23: In dem Fall war es sogar so, dass die Richtung gar nicht darauf zielte,

00:15:27: jetzt, ich glaube es waren, einem chinesischen nachgearmtes Bezog sich

00:15:33: aber irgendwie auch Donald Trump und Kritik an Donald Trump,

00:15:38: wenn nichtsdestoprotz wird ist in dem Diskurs, den wir haben,

00:15:43: um Wokeness, um political correctness, schwieriger,

00:15:48: weil da noch eine zusätzliche Deutungsebene mit reinkommt,

00:15:53: die man mit bedenken muss und hier im Zweifel ja noch damit reinspielt

00:15:58: und in Frage gestellt wird.

00:16:00: Und vielleicht von der eigentlichen Botschaft ablenkt.

00:16:03: Ich fand ja auch spannend, dass ihr geschrieben habt,

00:16:06: man darf sich hier ja jetzt wirklich fragen, was wollte die Autorin,

00:16:09: was wollte der Autor damit sagen?

00:16:11: Da ist es endlich mal wieder erlaubt, diese Frage zu stellen.

00:16:14: Weil genau das eröffnet ja diese Sinnbildungsprozesse, diese Frage.

00:16:19: Ich möchte noch eine Frage stellen zum Nutzen der Satire,

00:16:22: weil eine These lautet ja, dass die Satire durch die Übertreibung helfen kann,

00:16:26: Dinge klarer zu sehen und Zusammenhänge zu verstehen.

00:16:29: Da habe ich mir gedacht, sollte also jede Schule ein Schulkabarett haben?

00:16:34: Also wie können wir das produktiv nutzen für die Lernenden?

00:16:40: Also ich würde jetzt nicht so weit gehen,

00:16:42: dass ich für jede Schule ein Kabarett fordern würde.

00:16:46: Für sinnvoll hielt ich es.

00:16:48: Weil tatsächlich, wie bei aller anderen Literatur auch,

00:16:53: durch die Produktion von Satire ja sehr viel über das Wesen von Satire gelernt wird.

00:16:58: Werkzeuge erkenne ich oder begreife ich auch vor allem,

00:17:02: wenn man das Wort ist, wenn ich sie nutze und insofern selbst erstmal Satire zu probieren,

00:17:08: sich darin zu üben, ist sicherlich ein Weg,

00:17:11: um auch ein besserer Rezipient, eine bessere Rezipientin von Satire zu werden.

00:17:17: Da stimme ich völlig zu.

00:17:19: Und die Vorschläge in der Auskappe sind auch wirklich sehr hilfreich und produktiv.

00:17:25: Ja, wir sind am Ende unseres Gesprächs angekommen.

00:17:28: Ich bedanke mich und wollte fragen, ob du noch ein Schlusswort hast,

00:17:31: dass alle Kolleginnen und Kollegen motiviert, das Thema Satire im Unterricht aufzugreifen

00:17:36: und sich der Komplexität zu stellen.

00:17:38: Satire ist häufig ausgesprochen lustig.

00:17:41: Und das Lustige kommt vielleicht in deutscher Unterricht ansonsten auch ein bisschen zu kurz.

00:17:47: Gleichzeitig bietet Satire ganz viele Möglichkeiten ins Gespräch zu kommen

00:17:52: und macht auch in besonderer Weise deutlich, wie wichtig Interpretation ist,

00:17:57: weil Satire ohne Interpretation gar nicht auskommt

00:18:00: und es häufig auch viel deutlich ist,

00:18:02: was den Schülerinnen und Schülern an der Stelle aber unmittelbar augenscheinlich wird.

00:18:06: Und insofern ist das nicht so eine abstrakte Interpretation,

00:18:09: was sollen wir jetzt da machen, was ist da irgendwie gemeint,

00:18:11: sondern bei der Satire ist es eben, wo wir sogar eben auch gesagt hast,

00:18:15: die Frage nach der Intention des Textes, die wir ansonsten in Deutschland auch nicht mehr stellen,

00:18:20: ist hier von ganz besondere Bedeutung.

00:18:22: Worgen liegt denn der Angriff?

00:18:24: Was will er denn eigentlich sagen?

00:18:26: Das nächste ist, dass wir die Möglichkeit haben,

00:18:31: sehr viele Bereiche zu nutzen, was immer auch eine Gefahr ist,

00:18:38: weil Schülerinnen und Schüler es nicht unbedingt mögen,

00:18:40: wenn man Dinge, mit denen sie sich beschäftigen, nutzt,

00:18:43: aber wie z.B. Memes, was wirklich Teil der Alltagskommunikation ist.

00:18:49: Zu gefragt und zu gucken, ist das jetzt nur um Mord

00:18:52: oder ist es schon Satire, was macht denn das jetzt zur Satire?

00:18:55: Das ist ein toller, spannender Gegenstand, der Spaß bereitet.

00:19:00: Absolut, genauso wie dieses Gespräch.

00:19:03: Ich bedanke mich herzlich dafür.

00:19:06: Ja, sehr gerne.

00:19:08: Tschüss.

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