Deutsch: Games - Zocken im Deutschunterricht?
Shownotes
Zocken im Deutschunterricht? Im Ernst? Wir zeigen Ihnen mit dieser Folge, dass man Kompetenzen des sprachlich-literarischen Lernens mit digitalen Spielen genauso vermitteln kann, wie mit den „klassischen“ Gegenständen des Faches. Deine Schüler:innen erweitern ihre rezeptiven und produktiven sprachlichen Fähigkeiten. Sie erörtern gesellschaftspolitische und ethische Fragen der Gaming Culture. Sie erforschen die narrative und gestalterische Dimensionen der Games und entdecken ästhetische Besonderheiten. Sie erproben Formen der produktiven Anschlusskommunikation und können so an der partizipativen Digitalkultur teilhaben. Mehr dazu erfährst du in der Ausgabe 298 von Praxis Deutsch erschienen im Friedrich Verlag.
Im Podcast hörst du Moderator Moderator Christian Kressmann im Gespräch mit Prof. Matthis Kepser (Deutsch-Didaktiker und Herausgeber).
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00:00:00: Einfach unterrichten. Der Podcast von Friedrich Plus aus dem Friedrich Verlag. Wir bringen
00:00:09: innovativen Unterricht für Lehrkräfte auf den Punkt. Herzlich willkommen beim Podcast
00:00:16: Friedrich Plus Deutsch vom Friedrich Verlag. In jeder Folge bringen wir den neusten Stand der
00:00:20: Fachdidaktik in fünf Thesen auf den Punkt, welche ich dann am Ende der Folge nochmal zusammenfasse
00:00:25: und heute geht es um Games. Mein Name ist Christian und ich habe die Ehre mit den Menschen hinter den
00:00:30: Unterrichtsideen des Friedrich Verlags sprechen zu dürfen und freue mich darauf heute mit Mattes
00:00:35: Kepser sprechen zu dürfen. Mattes ist Professor für Deutschdidaktik an der Universität Bremen,
00:00:40: unter Einschluss der schulbezogenen Medienwissenschaften und hat sich dabei unter anderem mit
00:00:45: Filmen und mit Games beschäftigt. Außerdem ist er Gymnasiallehrer für Psychologie, Deutsch und
00:00:51: Philosophie. Man mag es kaum ahnen, aber er ist Herausgeber beim Friedrich Verlag und hat gerade
00:00:56: bei Praxis Deutsch eine Ausgabe zum Thema Games veröffentlicht. Wir sprechen also heute darüber,
00:01:01: wie man Games in den Eiden und Recht einbinden kann und was es dabei zu beachten gilt. Mattes,
00:01:08: schön, dass du da bist. Was habe ich vergessen oder was sollte der Hörer, die Hörer von dir noch wissen?
00:01:14: Hallo Christian. Ja, ich bin nicht mehr Lehrer für Deutsch und Schulpsychologie und Informatik und Ethik.
00:01:20: Das war ich mal früher, also als ich noch aktiven Schuldienst war, jetzt bin ich eben mit der
00:01:26: Wissenschaft des Unterrichts beschäftigt, des Deutschunterrichts beschäftigt. Als ich die
00:01:32: Ankündigungen zu dieser Folge gesehen habe vom Verlag, musste ich total stutzen, war total
00:01:37: erfreut und aufgeregt, dass es dieses Thema auch als Forschungsschwerpunkt gibt, das war mir
00:01:41: überhaupt nicht klar. Und dann habe ich an meine eigene Vergangenheit zurück gedacht und mich
00:01:44: erinnert, wie das denn bei mir eigentlich gewesen ist. Und ich habe das erste Mal von Games als
00:01:50: Unterrichts-Methode oder Mittel gehört gelesen, als Ubisoft bei Assassin's Creed bei diesem Action-
00:01:57: Abenteuerspiel ein History-Modus eingeführt hatte und dann auf Grundlage dieser sehr wunderschönen
00:02:02: Simulation, die sie da stellt hatten und der Abbildung und der Grafiken, es Schülern erlaubten,
00:02:08: das historische Jerusalem quasi sich anzugucken oder andere historische Städte, die unfassbar
00:02:13: akkurat waren. Und da war ich tief beeindruckt und dachte mir, da muss es vermutlich noch mehr geben.
00:02:19: Meine Kollegin aus dem Studium hat dann ein Chemiesimulationsspiel rausgebracht, wo die Kinder
00:02:26: dann experimentieren durften mit Dingen, die sie sonst halt nicht machen konnten. Da besteht ganz
00:02:31: viel Chancen, Spiele natürlich zu nutzen, damit man die Motivation steigert von Kindern für irgendwas,
00:02:36: dass man Dinge auch erkunden kann, die man so nicht im realen Leben machen kann. Aber vermutlich
00:02:41: steckt dann noch ganz viel mehr dahinter und da bin ich jetzt total neugierig drauf zu erfahren,
00:02:44: was denn noch dahinter steckt? Was ist? Ja, also die Beispiele, die du genannt hast,
00:02:49: die fallen grob gesagt unter dem Begriff des sogenannten Serious Games. Also die Idee,
00:02:55: Spiele dazu zu nutzen, Bildungsgehalte, Kompetenzen an Schülerinnen und Schülern heranzubringen,
00:03:02: mit der hinterliegenden Intention, dass das mutmaßlich die Motivation der Schülerinnen und
00:03:11: Schüler steigern kann, sich mit diesen Lerngegenständen auseinanderzusetzen. Das finde ich auch ein
00:03:17: interessantes Feld der Game Studies, aber mich interessiert sehr viel mehr die Gaming-Kultur,
00:03:25: nicht nur auch, sondern die hauptsächlich außerhalb der Schule vorzufinden ist. Gaming ist
00:03:31: inzwischen eine Kultur an Form geworden, die nicht nur ein riesengroßes Business in Deutschland
00:03:40: und der ganzen Welt darstellt, sondern eben auch Millionen von Spielerinnen und Spielern begeistert.
00:03:46: Das ist der Ansatzpunkt, den ich spannend finde. Für mich sind Games im Prinzip eine neue,
00:03:55: literarische Gattung, die die bestehenden Gattungen wie Theater, Drama, Lyric,
00:04:04: Epic, Comics, Spielfilme ergänzt. Dabei auch mit neuen ästhetischen Erfahrungen aufwartet,
00:04:13: die die bisherigen Gattungen so nicht haben. Warum würdest du sagen, dass sie dazugehören
00:04:20: in diese Gattung? Das höre ich das erste Mal. Dahinter steht zunächst mal die Beobachtung,
00:04:26: dass die aller, allermeisten Games in irgendeiner Art und Weise negativ gründiert sind. Also sagen
00:04:33: wir mal von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, sagen wir mal einen Schachsimulator, der erzählt
00:04:38: jetzt nicht sehr viel oder im Card-Programm oder ich weiß nicht was, da hat man tatsächlich
00:04:44: sehr wenig oder sagen wir mal Tetris, ein Puzzle-Game, da wird auch nicht viel erzählt. Obwohl man
00:04:50: feststellen kann, dass selbst solche Spiele dann versuchen mit einem narrativen Rahmen aufzuwarten
00:04:56: und dadurch offensichtlich noch attraktiver werden für die Spielerinnen und Spieler, auch wenn
00:05:03: das eigentliche Spiel wenig Narration enthält. Den gegenüber haben aber die meisten Spiele dann
00:05:08: doch eben eine Geschichte zu erzählen oder die Schichten zu erzählen und das führt eben die
00:05:15: Games in das Orchester der erzählenden Medien insgesamt hinein. Da würdest du sagen, steht
00:05:21: und fällt alles mit der Qualität der Geschichte und der Inszenierung der Geschichte? Naja,
00:05:26: das ist ein Paket, das lässt sich nicht auseinander diffidieren. Also sagen wir mal die Spielmechanik
00:05:31: und die Storyline, die müssen halt zusammenspielen, damit daraus ein interessantes Spiel wird. Man
00:05:39: kann eine tolle Story entwickeln und eine langweilige Spielmechanik, dann ist das kein gutes Spiel
00:05:45: und umgekehrt genauso. Man kann eine tolle Spielmechanik entwickeln und eine langweilige Story
00:05:51: und dann ist es eben auch kein gutes Spiel. Davon gibt es allerdings auch viele, muss man ganz
00:05:55: ehrlicherweise natürlich auch zugeben, aber die besten Beispiele aus der Gaming-Welt bringen
00:06:01: eben beides zueinander. Warum sollte man sich denn als Lehrkraft damit beschäftigen? Also zunächst
00:06:07: einmal haben wir ja schon festgestellt, dass die Gaming-Welt für die allermeisten Kinder und
00:06:13: Jugendlichen insbesondere männliche, aber nicht nur männliche, ein zentraler Bereich ihres Freizeit
00:06:21: Vergnügens sind und zwar ihres Freizeit Vergnügens, das eben mit Geschichten etwas zu tun hat. Weil
00:06:29: ich gerade gesagt habe, ja, da gibt es ein Gender-Gap. Dieses Gender-Gap schließt sich pro Jahr immer mehr
00:06:34: und mehr. Also es kommen immer mehr Mädchen, junge Frauen dazu, die eben auch so begeisterten
00:06:40: Gamer-Gamerinnen werden. Also man hat zunächst einmal den Fundament zu tun, dass Kinder und Jugendliche
00:06:46: mit Games aufwachsen und darin leben. Alles ein Teil der Welten, in die sie narrativ eintauchen.
00:06:54: Neben Filmen, neben Romanen und so weiter, neben Comics weiß weiß ich was man. Das ist schon
00:07:01: bei der ersten Grund oder der wichtigste Grund, der auch in der Forschung immer wieder nach vorne
00:07:06: gerogen wird. Warum Games für den Deutschen unter sich so interessant sein können? Es ist ein
00:07:12: Teil des Erzählkosmos, in dem nicht nur Kinder und Jugendliche sich bewegen, heute bewegen. Jetzt
00:07:19: könnte man natürlich auch kommentieren und sagen, naja, da reicht es doch, wenn wir den
00:07:23: herkömmlichen Literaturunterricht weiter so machen, wie wir ihn auch schon betrieben haben, denn
00:07:28: auch dort geht es ja um Erzählen. Völlig richtig ist es auch nicht daran gedacht, also die Games
00:07:34: jetzt als Ersatz für herkömmliche Literaturunterricht einzusetzen. Aber das Interessante ist eben,
00:07:39: dass Games anders neu erzählen, als dass die herkömmlichen Erzählenden Wattungen getan haben
00:07:46: oder tun. Inwiefern anders neu einfach durch die audiovisuelle Unterstützung oder bricht
00:07:51: es noch über andere neue Inszenierungsformen? Naja, das ist ja nicht nur Unterstützung. Also
00:07:56: das audiovisuelle ist ein Teil der Ästhetik von Video Games und zwar ein Teil, der sich auch von anderen
00:08:03: insbesondere Filmen unterscheidet, also anderen audiovisuellen Medien insbesondere Filmen unterscheidet,
00:08:09: dadurch, dass man beispielsweise eine selbstgeführte Kameraführung besetzen kann, das heißt anders als
00:08:17: im Film, wo der Kamerablickwinkel durch Regisseurkameraan festgelegt ist, kann ich bei vielen
00:08:23: Games die Kamera frei führen. Das ist schon ein ganz anderes Feeling von Wahrnehmung der erzählten
00:08:30: Welt, als dass die herkömmlichen Medien zur Verfügung stellen. Also das ist ein Teil. Dazu
00:08:39: kommt aber als wesentliches Element von Games das, was man als Interaktivität bezeichnen kann.
00:08:45: Andere Sagen sprechen lieber von Interreaktivität, weil Interaktivität wie bei Menschen ist das
00:08:51: natürlich nicht. Das ist Mensch-Maschine-Kommunikation und im Prinzip eben auch ein Reagieren auf
00:08:57: Angebote des Programms. Aber diese Möglichkeiten mit dem Programm, mit der Geschichte zu interagieren,
00:09:04: ist in der Tat eben auch eine Besonderheit, die digitale Spiele ausmachen. Mit dieser
00:09:11: Möglichkeit der Interaktion, verknüpft, ist auch, dass Spieler und Spielerinnen beständig
00:09:18: Entscheidungen treffen müssen. Ich bin mal zu dem Ergebnis gekommen, eigentlich sind alle Spiele
00:09:23: in gewisser Weise decision driven, also Entscheidungsgetrieben, ohne dass sich eine
00:09:28: Entscheidung Fälle in einem Videospiel passiert, nichts, das Spiel steht. Es hängt also davon
00:09:36: unmittelbar ab, dass ich als Spieler, als Spielerin, in das Spiel eingreife. Und auf das ist etwas,
00:09:44: was man so nicht kennt. Also in einem Film legt man ein auf DVD oder Streamt ihn und er läuft
00:09:50: durch, egal was ich mache. Oder ob ich dabei einschlafe oder nicht. Der Film geht durch. Das
00:09:56: tut ein Videogame nicht. Das steht sofort still, sobald ich nicht mehr bereit bin, mit dem Spiel
00:10:03: zu interagieren und eben Entscheidungen treffe, meine Figur dahin zu bewegen, dorthin zu bewegen,
00:10:09: diesen Dialog anzunehmen oder jenen Dialog anzunehmen und so weiter und so weiter. Also auch
00:10:15: das ist eine Besonderheit der Städtik digitaler Spiele. Jetzt ist es aber natürlich nicht der
00:10:23: Punkt bei dem Gespräch, dass es hier um Gamification Elemente geht, wo man solche Sachen nutzen kann,
00:10:29: um irgendein Thema interessanter zu gestalten, sondern eher die Metaperspektive darin zu haben,
00:10:33: nämlich wie kann man das gesamte Genre irgendwie im Unterricht einbinden. Jetzt kann ich es mir in
00:10:38: der Chemie vorstellen, weil eine Kollegin von mir das selbst gemacht hat, aber ich kann es mir
00:10:41: im Deutschen nicht andersweise vorstellen, wie man ein Spiel im Deutschunterricht nutzen kann. Bitte
00:10:48: hilf mir. Ja, also müssen wir zwei Dinge unterscheiden. Also das eine ist Demification, als die
00:10:55: Möglichkeit, Spielmechanismen dazu einzusetzen, um die Motivation der Schülerinnen und Schüler
00:11:01: zu steigern, sich mit einem bestimmten Lernstoff, mit einer bestimmten Problemstellung auseinander
00:11:09: zu setzen. Erwähnt hattest du etwa ja die Chemie-Programme, von was gibt es auch für
00:11:14: Physik und für Erdkunde und so weiter und so weiter? Da können Schülerinnen und Schüler was
00:11:21: ausprobieren, was entdecken, was ihnen im normalen Leben eigentlich auch so nicht oft nicht möglich
00:11:28: ist. Daher sind das eben auch meistens die Simulationen, die stattfinden. Oder eben ich
00:11:33: habe es tatsächlich mit Gamification dem Sinne zu tun, dass ich die Schülerinnen und Schüler
00:11:38: belohne für das Erfüllen bestimmter Aufgaben, die sie erledigt haben und das ist ein Prinzip,
00:11:46: was man natürlich im Computerspielen auch kennt. Also wenn ich bei einer Aufgabe erledige, kriege ich
00:11:51: Punkte, steige ich möglicherweise in irgendeiner Hierarchie auf von Mitspielern und Mitspielerinnen
00:11:57: oder kann auch nur meinen eigenen Leistungsstand steigern. Das sind Elemente, das sind schon auch
00:12:01: interessant, keine Frage, sind aber jetzt für mein Forschungsfeld und für das, was wir jetzt auch in
00:12:09: den Praxis Deutschlands versuchen, anzubieten eher sekundär. Sondern wir betrachten oder ich
00:12:15: betrachte mit meinen Kolleginnen und Kollegen zusammen Games als ein Gegenstand ganz ähnlich,
00:12:20: wie eben auch im Roman, im Gedicht oder sonst irgendwas aus der Literatur, aus der Welt der
00:12:25: Literatur, mit denen wir uns reflexiv und aber auch konstruktiv auseinandersetzen.
00:12:32: Da habe ich ein Beispiel. Ich habe vor einigen Jahren, als es rauskam, selbst mit einem Freund
00:12:38: zusammen das Spiel "The Witcher" gespielt, im dritten Teil, weil es Preise bekommen hatte und ich
00:12:46: war neugierig auf das Genre und fand es interessant und dann fiel mir mehr und mehr auf, welche
00:12:51: Thematiken da behandelt werden und ich merkte, während des Prozesses, dass ich mich mit diesen
00:12:55: Thematiken nochmal neu auseinandersetze, z.B. Rassismus. Das ist ein ganz zentraler Punkt innerhalb
00:12:59: dieses Spiels und es wird unfassbar gut umgesetzt, wie man denn die eigenen Entscheidungen treffen
00:13:04: muss und sich positionieren muss zu den Aussagen, zu diesen Handlungen dabei. Jetzt macht es vermutlich
00:13:09: nicht jeder, dass er immer spontan sich kritisch reflektiert mit dem Spiel auseinandersetzt,
00:13:13: aber gerade das, glaube ich, ist eine große Chance, dass man diesen Lebensweltkontext,
00:13:17: den die Kinder eh haben, aufgreift und adressiert, ansonsten passiert es halt nicht. Weil früher
00:13:25: gab es die Möglichkeit nicht. Und da sehe ich ganz viele Stärken dabei, wenn man jetzt über solche
00:13:31: Themen im Unterricht sprechen könnte, klammer auf. Falls es denn genug Interesse bei den Kindern
00:13:38: irgendwie vorhanden ist, weil ich glaube, nicht jedes Kind will sich damit beschäftigen. Meine
00:13:41: Partnerin z.B. hat als Kind irgendwie ein Wendy-Spiel gespielt, wo sie ein Pferdehof hatte. Aber ich
00:13:47: glaube, die wenigsten Jungs würden auf Pferde stehen, um das zu machen. Ich weiß nicht, ob sich das
00:13:52: unterscheidet von den Problematiken, die sich mit dem klassischen Beschäftigen von Faust ergeben,
00:13:56: weil ich glaube, auch da haben viele einfach keine Lust darauf, das zu machen. Und andere
00:14:00: finden es toll, sich mit diesen Absurditäten zu beschäftigen. Wie würdest du da dich dazu
00:14:05: positionieren zu diesem Konflikt oder zu diesem Themenkomplex? Ja, ein Konflikt ist es eigentlich
00:14:10: wenig, also das von dir erwähnte Beispiel in der Witcher ist in vielerlei Hymnsicht hoch
00:14:15: interessant. Bevor das Spiel herausgekommen ist, kannten die allerwenigsten die Romanreihe.
00:14:22: Die aber vorher vor dem Spiel existierte. Der polnische Outer, der Fantasy-Outer, der damit in
00:14:30: einer bestimmten Community durchaus wahrgenommen worden ist mit seiner Trilogie. Aber erst,
00:14:35: als die Spiele dann herausgekommen sind, sind auch die Romane.
00:14:39: weltweit rezipiert worden und auch sehr intensiv gelesen worden. Das ist auch ein schönes Beispiel dafür,
00:14:47: wie Video Games in den gesamten kosmosliterarischen Erzählformen eingebunden sind.
00:14:53: Lustigerweise ist ja dann aufgrund dieses Erfolgs des Spiels und des Romants dann die Fernsehserie entstanden,
00:14:59: die du wahrscheinlich auch kennst und die jetzt eben auch, ich weiß nicht, in der dritten Verstaffel glaube ich mittlerweile sehr erfolgreich läuft.
00:15:07: Das ist mir erstmal ein ganz eigenes Beispiel dafür, wie Video Games in den Erzählkosmos der Erzählten Medien eingebunden sind.
00:15:17: Was du hervorhebst, ist eben eine Besonderheit digitaler Spiele, die digitale Spiele insgesamt hochinteressant machen für moralische Entscheidungsfindungen.
00:15:30: Weil bei keinem anderen Medium bin ich gezwungen, mich dafür oder für jenes zu entscheiden.
00:15:37: Ich kann das lediglich mitrezipieren. Also irgendwann mal ich lese ein antirasistischen Roman, dann verfolge ich natürlich das Geschehen
00:15:45: und bin da auch emotional dann beteiligt, mache mir da auch meine Gedanken dazu.
00:15:50: Aber ich bin nie gezwungen so oder so zu entscheiden, um in einer bestimmten Situation mich zu verhalten.
00:15:55: Bei Video Games aber ist das eben was Element, was wesentlich ist.
00:16:01: Und daher lassen sich eben auch diffizielere Themen mit Video Games ganz wunderbar behandeln und erzählen.
00:16:11: Ich fahr' mich jetzt die ganze Zeit immer, wie kann das praktisch ausschauen?
00:16:14: Und eingedanke, der mir kam ist, weil ich vermute in die wenigsten Kinder haben,
00:16:17: in entsprechende Computer-Ressourcen zu Hause, um sich das in ihrer Freizeit oder als Hausaufgabe quasi mit diesem Spiel zu beschäftigen,
00:16:23: sondern dass man dann gemeinschaftlich mit der Lehrkraft zusammen eine Szene aus dem Spiel oder einem Kapitel anspielt,
00:16:29: wo dann diese Konfliktsituationen präsentiert werden und man dann mit der Klasse gemeinschaftlich überlegt, was machen wir jetzt und warum machen wir das?
00:16:36: So kann ich mir vorstellen, aber bitte korrigieren, wenn es da bessere Varianten gibt.
00:16:40: Das ist eine Möglichkeit, mit Video Games direkt im Unterricht zu arbeiten. Darüber hinaus habe ich aber auch noch die Möglichkeiten, die Frangatexte mit heran zu ziehen.
00:16:53: Im Falle der Video Games sind das beispielsweise Let's Plays, also Filme von Moderatoren, Moderatorinnen, die Video Games, ich sag jetzt mal, spielerisch interpretieren.
00:17:07: Und die kann man natürlich auch einsetzen, wenn die nicht die Möglichkeit haben, ein ganzes Spiel jetzt sozusagen durchzusprechen und durchzuspielen, was ja viele, viele Stunden dauern kann, nicht muss, aber kann.
00:17:18: Dann habe ich hier über Let's Plays beispielsweise die Möglichkeit dann eben doch auch Videospielinhalte, zumindest in den Unterrichten kürzere Formen, komprimierte Reformen mit einzubringen.
00:17:31: Dazu muss man allerdings natürlich sagen, ein Film ersetzt nicht das Spiel, weil genau da eben dann fehlt, was wir gerade besprochen haben, also die Interaktion, die Immersion in das Spiel geschehen, die habe ich natürlich mit Filmen nie.
00:17:44: Das heißt, ich würde versuchen, das auch immer zu kombinieren. Also wie du vorgeschlagen hast, zum Beispiel ein Spiel anspielen, um 10 Minuten mal mit sich hinein zu begeben und dann gegebenenfalls zum Beispiel Let's Plays dazu zu nehmen.
00:17:57: Also solche Möglichkeiten hat man, um auch komplexere, längere Computerspiele in den digitalen Spielen in den Unterrichten einzubringen.
00:18:07: Darüber hinaus gibt es aber auch eine ganze Menge mittlerweile hochinteressantere, kurze, casual art Games, die ich tatsächlich in 10 Minuten mit Schülerinnen und Schülern oder vielleicht sogar noch kürzer durchspielen kann und die aber trotzdem die Chance bieten zum literarischen Lernen
00:18:26: und zur Erkundung mit den spezifischen Besonderheiten des Erzählens in Computerspielen.
00:18:32: Beiflüssweise wird in unserem Team ein Heft zu Games ein Spiel vorgestellt oder mit eingesetzt. Das heißt, der Plan, das Spiel spielt sich in 5 Minuten durch.
00:18:45: Und trotzdem kann man anhand dieses Spiels sehr schön zeigen, wie das Erzählen mit Computerspielen sich prinzipiell unterscheidet und auch neue Erfahrungen, genaue Formen von ästhetischen Erfahrungen bereitet, die die bisherigen Medien so nicht bieten.
00:19:05: Ein Gedanke, der mir dazu kommt, weil du meintest, 5 Minuten lässt sich durchspielen, würdest du Spiele wie Tic-Tac-Tor, wo man Kreuze und Kreise auf dem Blatt Papier macht, auch mit dazu zählen zu diesen Themenkomplex Games nutzen oder ist das für dich ein anderer Aspekt?
00:19:20: Weil es gibt ja alle Hand von Spielen, die man spielen kann. Mensch, ärger dich mehr, ja auch irgendwie ein Spiel, ein Analogespiel. Aber wie gruppieren sich diese Arten von Spiele da ein?
00:19:30: Es gibt einige Computervideospiele, die tatsächlich so wie Tic-Tac-Tor im Prinzip nichts erzählen oder so gut wie nichts erzählen.
00:19:40: Das sind nicht sehr viele. Tatsächlich ist so, dass die Mehrheit eigentlich aller Games zumindest irgendeine Art von Story-Rahmen verwenden, um die Spielerinnen und Spieler in das Spiel hineinzuziehen sozusagen.
00:19:52: Das ist ja interessant. Es ist übrigens auch eine Entwicklung, die man auf dem Spielemarkt, also im Tabletop-Spielemarkt findet, also viele neue Spiele, die jetzt auf dem Markt kommen, die schon einige Zeit auf dem Markt kommen, verwenden irgendwie Geschichten Settings, um Gesellschaftspiele sozusagen zu rahmen.
00:20:11: Aber abgesehen davon, also Spiele, die sozusagen wirklich überhaupt nicht keinen erzählerischen Anteil haben, die würde ich für den Deutschen Deutschland eher weniger interessant finden.
00:20:22: Sondern wenn ich das richtig verstehe, eher die Erzählung als proaktive Erzählung behandeln als Spiel, sondern halt nicht nur lesen, hören oder halt einen Film sehen, sondern die Erzählung mitgestalten und dadurch neue Auseinandersetzungsmöglichkeiten mit der Thematik an sich haben.
00:20:40: Gibt es noch andere Aspekte, die wir bisher jetzt noch nicht behandelt haben, die nur da drin sind in dem Thema Beschäftigung mit Spielen?
00:20:46: Weil was ich noch sehe, es sind interkulturelle Teams, die zusammenarbeiten, beispielsweise Ubisoft als großen Spielhersteller, wo Leute aller Handländer zusammenkommen und sich da kulturelle Unterschiede zeigen, Konflikte, die bearbeitet werden müssen und sowas.
00:20:58: Gibt es da noch eine andere Ebene in der Beschäftigung von Spielen oder von dem Spielentwicklungsprozess, oder ich weiß es nicht, die im Kopf schwebt?
00:21:05: Also zunächst mal gibt es ja einige Spielschares, insbesondere angesiedelt im MMORPG-Bereich, also in den Spielen, bei denen viele bis zu 100 Spielerinnen und Spieler gleichzeitig in einer Spielewelt sich bewegen, in der jetzt nicht nur die Mensch-Maschine-Kommunikation eine Rolle spielt oder eine tragende, wesentliche Rolle spielt, sondern auch die Mensch-zu-Mensch-Kommunikation eine wesentliche Rolle spielt.
00:21:34: Die meisten Aufgaben in großen MMORPGs lassen sich nicht als Einzelspieler lösen, sondern da muss man sich zusammenschließen mit anderen Mitspielerinnen und Mitspielern und dieses Zusammenschließen passiert natürlich sprachlich, es geht gar nicht anders.
00:21:50: Deswegen haben diese Spieler auch die Möglichkeit, dass die Spielerinnen und Spieler miteinander kommunizieren über Chat, entweder Audio Chat oder auch geschriebenen Chat, je nachdem, meistens mittlerweile alle in der Ehe im Audio Chat Bereich.
00:22:04: Das heißt also, hier ist Kommunikation gefragt und das ist natürlich auch darum ein Teil dessen, was den Deutschen natürlich zu interessieren hat, also wie läuft das eigentlich mit der Kommunikation und der Spielerinnen und Spielern, was ist erfolgreiche Kommunikation, wo scheitert Kommunikation und aus welchen Gründen und so weiter, also das sind auch alles noch Aspekte, die man mit hinzuziehen kann.
00:22:26: Du hast natürlich recht, also ich spiele sie mittlerweile internationales Phänomen und da ist natürlich eher Englisch sozusagen die Lingua Franca, das gilt nicht nur für die Entwickler, auch für Spielerinnen und Spieler, kann das gelten, wenn sie sich auf Plattformen bewegen, die halt international orientiert sind.
00:22:46: Und dann ist auch Englisch mit dem Paket, das ist so.
00:22:50: Bevor ich dir gleich das Abschlusswort übergebe, würde ich noch mal kurz für mich zusammenfassen wollen, was mir aus diesem Gespräch noch hängen geblieben ist.
00:22:57: Da sehe ich zum einen, dass die fachspezifischen Kompetenzen auf ein ganz anderer Art und Weise adressiert werden können, indem man sich halt einen neuen Medium widmet, einen neuen Narrative, einen neuen Gegenstand, welches sich da entsprechend Filme und Bücher und andere, vielleicht Hörbuchtexte oder sowas, eingruppiert.
00:23:16: Gleichzeitig auch noch den Aspekt hat, dass ich selbst mitentscheiden kann und diese Thematik, die mir da vorgestellt wird, naja, aktiv irgendwie mitgestalten und sich das von dem rein Rezeptiven unterscheidet bzw. die Beschäftigung dadurch viel intensiver sein kann.
00:23:32: Ein zweiter Aspekt, den ich da noch sehe, ist, dass die Schülerinnen und Schüler ihre rezeptiven und produktiven sprachlichen Fähigkeiten dadurch automatisch erweitern, weil sie sich mit dieser neuen Thematik lustvoll beschäftigen oder in dem letzten Fall, was du jetzt beschrieben hast, über MMORPGs,
00:23:49: die schon aus den Ländern und da halt gezwungen sind, kommunizieren zu lernen oder auch die Unterschiede wahrzunehmen und zu adressieren.
00:23:57: Dritter Punkt, dass man sich gesellschaftspolitische Themen und ethische Fragen auf jeden Fall angucken kann. Wir hatten das Beispiel The Witcher, wo es um Rassismus ging, aber das ist ja nur ein Beispiel von vielen Themen.
00:24:09: Aber dadurch, dass man in diese Entscheidungsposition gezwungen wird, man sich automatisch damit auseinandersetzen muss und das ein bisschen unter der Hand passiert, innerhalb des Spielkontextes.
00:24:19: Und da ist wiederum ein ganz guter Punkt, dass man als Lehrkraft das aufgreift, was eh gerade da ist im Leben der Schüler.
00:24:25: Dann habe ich viertens noch die Schülerinnen und Schüler erforschen die narrative und gestalterische Dimensionen der Spiele oder der Games und entdecken ästhetische Besonderheiten, die es halt nur in dieser Plattform gibt.
00:24:38: Zu fünftens würde ich mir aufschreiben, merken, dass man auf jeden Fall Formen der produktiven Anschlusskommunikationen und das können es erprobt und so partizipativ digital dabei sein kann.
00:24:53: Genau, also da sind wir in diesem Bereich eben der Gaming Culture und dort finden wir zahlreiche Aktivitäten der an Spielen interessierten Menschen, die man direkt als Aufwirk in den deutschen Unterricht adaptieren kann.
00:25:09: Ich denke beispielsweise an Fanfiction Projekte.
00:25:13: Fanfiction Projekte gibt es jetzt nicht nur zu Filmen oder Serien oder Büchern, sondern tatsächlich auch in großer Zahl zu digitalen Spielen.
00:25:22: Also warum nicht Geschichten erfinden, die mit dem Figurenational, mit dem Platz und Stories von digitalen Spielen umgehen und daraus eben neue Geschichten erzählen.
00:25:39: Und zwar in dem Fall dann tatsächlich geschriebenen Geschichten oder sogar Gedichte.
00:25:43: Also es gibt sogar Gedichte zum Computer Spielen, glaube ich.
00:25:46: Also da kann ich direkt an den Dingen anknüpfen, die Schülerinnen und Schüler interessieren und bin aber trotzdem eigentlich bei ganz traditionellen Aufgaben des deutschen Berichts etwas dem Kreativen schreiben.
00:26:02: Was würdest du denn jetzt der Lehrkraft oder dem Lehrenden hier mitgeben wollen, als ein Hinweis, einem Gedanken, wenn es nur eine Sache gäbe aus diesem großen Themenkomplex, wie kann man sich dem jetzt widmen?
00:26:15: Was soll man machen?
00:26:16: Eine schwierige Frage. Es gibt halt nicht nur eine Möglichkeit, sondern das Tolle daran ist eigentlich, es gibt ganz, ganz viele Möglichkeiten, das Thema Games in den deutschen Berichten mit einzubringen.
00:26:29: Noch gar nicht geredet haben wir etwa beispielsweise über gesellschaftliche Debatten, die über Videogames immer wieder aufbranden.
00:26:37: Ich standen häufig gerne im Kontext von irgendwelchen School Shootings, bei denen dann die betroffenen Täter oder die entsprechenden Täter auch Videospiele im Teller liegen haben.
00:26:51: Wenig informierte Menschen behaupten, das wäre eine Folge von der Verwendung gewalthaltiger digitaler Spiele.
00:27:00: Was wissenschaftlich gesehen schon lange ausgeschlossen wird, jedenfalls in dieser Simplizität, wie das dargestellt wird.
00:27:09: Und das ist natürlich auch etwas, was man prima im Kontext von erörternden Schreiben, materialgestützten Schreiben mit Schülerinnen und Schülern aufgreifen kann.
00:27:18: Also es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die Welt der Gaming und der Gaming-Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler zum Thema zu machen.
00:27:28: Nicht nur direkt die Spiele, sondern auch alles, was sozusagen kulturell im Handlungsfeld herum steht.
00:27:35: Und deswegen würde ich auch sagen, würde ich Mut machen wollen, also allen Lehrkräften Mut machen wollen, das Thema aufzugreifen.
00:27:43: Auch wenn sie selbst möglicherweise nicht Spielerinnen und Spieler sind.
00:27:48: Denn man muss nicht selber ein Spieler-Nord sein, ein Gamer vor dem Herrn sein, um mit dem Thema in der Schule interessanten Unterricht zu machen.
00:28:00: Das heißt Fragen, also die Schüler fragen, was sie gerade so spielen?
00:28:04: Das sowieso, das ist keine schlechte Einstieg, kein schlechter Einstieg in eine Sequenz, die sich mit Games auseinandersetzt.
00:28:12: Und im Übrigen auch, wenn man das macht, also dann hat man die Schüler sofort erst mal eine halbe Stunde am Reden.
00:28:18: Da muss man eher schauen, dass man wieder rauskommt aus dem Gesprächskreis, weil sonst kommt man nicht weiter.
00:28:25: Also ja, aber das ist auf jeden Fall natürlich zu empfehlen und sich auch dafür zu interessieren, was Schülerinnen und Schüler denn gerade so begeistert.
00:28:33: Und sich auch von Schülerinnen und Schülern erzählen zu lassen, welche Erfahrungen sie denn eigentlich mit Games machen.
00:28:39: Das ist in jedem Fall ein anzuratendes Vorgehen.
00:28:44: Wunderbar. Mattos, ich danke dir sehr für diesen sehr kurzen, aber intensiven Einblick in diese spannende Thematik.
00:28:51: Und hoffe sehr, dass jetzt der Höhre oder die Höhren für sich ein bisschen Inspiration mitnehmen konnte und vielleicht den Unterricht spielerischer gestaltet.
00:29:00: Gerne.
00:29:05: Das war "Einfach unterrichten", der Podcast von Friedrich+ aus dem Friedrich-Verlag.
00:29:12: Wir bringen innovativen Unterricht für Lehrkräfte auf den Punkt.
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